Nun – ganz einfach. Das Wetter können wir nicht beeinflussen. Was wir essen hingegen ist eine ganz individuelle Entscheidung. Und das Wetter kostet kein Geld, vom Erwerb eines Regenschirms oder einer Sonnencreme vielleicht abgesehen. Nahrungsaufnahme durch das Einkaufen von Zutaten oder den Besuch einer gastronomischen Einrichtung hingegen schon. Und wenn es da nicht läuft, kommen die TV-Köche ins Spiel. Fachleute, die den Hobbyköchen und Gastwirten aufzeigen, warum das was sie tun, nicht funktionieren kann – und wie es in Zukunft besser laufen könnte. Kamera an und draufgehalten – zu unserer Unterhaltung und irgendwie auch als Lerneffekt. Und für die Spur Schadenfreude, die heute fast obligatorisch ist.
Lange Zeit war Christian Rach der Messias der Gastrohelfer. Im März kehrt er nun zu seinem Premiumformat bei RTL zurück. Wie hat sich der Markt seitdem verändert? Wer sind die Besten? Wer ist eigentlich überflüssig? Das ist ganz klar eine Sendepause wert.
Der Mann, der zu viel wollte
Als deutsche Version von «Ramsay’s Kitchen Nightmares» ging 2005 «Rach, der Restauranttester» an den Start und wurde direkt zum Publikumsliebling. Zu knuffig war Wirrkopf Rach, zu kultig seine herrlich offene Art ("der letzte Furz kommt immer aus der Tüte"). Sieben Jahre lang besuchte er Restaurant um Restaurant, gestaltete um, fegte mit eisernem Besen durch und versuchte, leckgeschlagene Betriebe notdürftig zu kitten.
Doch irgendwann war die Liebe zu RTL erkaltet und Rach zog es zu Höherem - er wollte bei den Öffentlich-Rechtlichen scheinbar seinem eigenen Bildungsanspruch auf einem anderen Level gerecht werden. Doch versenkte er zuerst das zwar gut gemeinte aber auch äußerst biedere «Rach tischt auf» und scheiterte später noch mit «Rach und die Restaurantgründer». ZDF und Rach - das passte einfach nicht. Also ging es per Salto rückwärts zurück zu RTL, wo er direkt wieder mit zwei Shows brauchbare Reichweiten einfuhr. Nun also der letzte Schritt in die Vergangenheit zu dem Format, was ihn einst groß gemacht hatte.

Nicht umsonst gibt es auch diverse positive Gegenbeispiele aus allen Staffeln, wie die Restaurants Conmux, Petit Frank, Markt 7, Hexenhäuschen oder Fellini al teatro – um nur einige zu nennen. Hier nahmen die Betreiber die Hilfe an, setzten sie um und sicherten sich ihre Existenz. Und auch wenn das pro Staffel nur in einem Fall auf Dauer gelingt, kann man doch eigentlich schon zufrieden sein.
Der Mann, dem die Schuhe nicht passten
Und dann, nach einer gewohnt erfolgreichen Staffel 2013, war er plötzlich fort, der Rach, und ließ RTL mit der Frage alleine, was man mit einem Erfolgsformat wie dem «Restauranttester» in Zukunft machen sollte. Ein Jahr nach seiner letzter Mission wurde diese Frage dann im Februar 2014 beantwortet: Mit zwei Testballons installierte man Steffen Henssler als neuen Frontmann, strich das „Rach“ aus dem Titel und beließ es – aus Vorsicht? – beim unverfänglichen «Der Restauranttester». Hatte man Angst, Henssler würde schnell die Segel streichen? Oder traute man dem vermeintlichen Koch-Rockstar vielleicht die Rolle nicht gänzlich zu?

Der Mann, der die Lücke nutzte

Rosin ist dabei Christian Rach sogar am ähnlichsten – ein eher sperriger, oft kratzbürstiger und lauter Typ, der für klare Ansagen aber auch Empathie steht. Rosin schwankt zwischen Kumpeltyp und Diktator, explodiert plötzlich oder packt ohne Vorwarnung Umarmungen aus. Im Gegensatz zu Rach wirkt bei Rosin jedoch vieles zu kalkuliert. Dem Format wohnt ein deutlicheres Gefühl von Scripted Reality, inne als dem RTL-Produkt. Rosin an sich mag authentisch sein, die Machart der Produktion macht davon jedoch einen Teil zunichte. Dennoch funktioniert das Prinzip des starken Frontmannes hier eindeutig am zweitbesten.
Die Männer, die nie allein sein können
Neben den drei erwähnten Größen der Branche gibt es auch noch die Formate, die sich statt auf einen Frontmann lieber gleich auf mehrere stützen. Doch verderben zu viele Köche eben nicht nur sprichwörtlich den Brei. Es ist sicher interessant, wenn verschiedene Charaktere ihre ureigenen Ideen und Vorstellungen einbringen, mal harmonieren, mal aber auch interne Richtungsstreitigkeiten ausfechten müssen, dennoch spaltet man hier nur etwas auf, was im besten Falle eine einzige Person auch alleine leisten kann.

Conclusio
Steckbrief

Der Autor, Journalist, Podcaster, Moderator und Hörbuchsprecher ist Fachmann in Sachen Star Trek und schreibt seit 25 Jahren über das langlebige Franchise. Für sein Buch Es lebe Star Trek gewann er 2019 den Deutschen Phantastik Preis.
Er ist Headwriter & Experte bei SYFY sowie freier Mitarbeiter bei Serienjunkies, der GEEK! und dem FedCon Insider und Chefredakteur des Printmagazins TV-Klassiker und des Corona Magazine.
Seine Homepage erreicht ihr hier, seine Veröffentlichungen als Autor auf seiner Autorenseite.
Der Sülter hat für heute Sendepause, ihr aber bitte nicht. Wie sind eure Erfahrungen? Welchen TV-Koch mögt ihr am liebsten? Habt ihr Rach in seiner Paraderolle vermisst? Wie fandet ihr seinen Nachfolger Steffen Henssler? Was denkt ihr über Rosin & Co? Denkt darüber nach und sprecht mit anderen drüber. Gerne auch in den Kommentaren zu dieser Kolumne. Ich freue mich drauf.
«Sülters Sendepause» kehrt in vierzehn Tagen zurück.

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