Quotenbilanz der zweiten Staffel
Im Durchschnitt sahen 0,19 Millionen und 1,0 Prozent die sieben zwischen dem 27. April und 8. Juni 2016 gezeigten Ausgaben von «Lenßen live». Aus den Reihen der 14- bis 49-Jährigen interessierten sich 0,06 Millionen und 0,8 Prozent. Der Senderschnitt von Sat.1 Gold, der im vergangenen TV-Jahr bei 1,1 Prozent in beiden Altersgruppen lag, wurde damit, wenn auch nur knapp, unterschritten.Auszug aus unserem Quotencheck.
Was einige Fans überraschen dürfte: Am Abend startet bereits die dritte, nicht erst die zweite Staffel - denn schon im letzten Quartal 2015 hatte Sat.1 Gold das Format erstmals getestet, damals aber noch weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit und mit lediglich etwa einstündigen Folgen. Erst im vergangenen Sommer griff die Twitter-Euphorie dann so richtig um sich, als sich die skurrilen Anrufer mit ihren sehr speziellen Rechtsfragen mehrten - und die großen Fernsehsender zugleich eben mal wieder überwiegend nur die belanglose Routine ablieferten, in der sie sich zumeist so exzellent gefallen.
Erst die Twitter-Gemeinde, dann die breite Masse?

A) diese drei Elemente erstmal so passgenau ineinander greifen müssen wie bei «Lenßen live» und
B) ein Sender erstmal die Chuzpe dazu haben muss, diesen Austritt aus seiner lähmenden Routine zu wagen.
Das letzte große Konkurrenz-Format, das mit einem ganz ähnlichen Ansatz aufwartete, wenngleich eher mit seelsorgerischer als juristischer Intention, war «Domian» - das sich allerdings vor gut zwei Monaten nach mehr als 21 Jahren verabschiedete. Auch hier wurde die direkte Interaktion mit dem Rezipienten von einem Mann zelebriert, der für viele seiner Zuschauer mehr war als irgendein selbstverliebter Fernsehfritze: ein Berater, ein Begleiter durch die Nacht, ein guter und in besonders dramatischen Fällen manchmal sogar der letzte Zuhörer. Nun kann man in Frage stellen, ob Ingo Lenßen als bekanntes Gesicht einer trashigen, schlecht gespielten und gescripteten Ermittler-Soap mit Jürgen Domian zu vergleichen ist. Aber in «Lenßen live» hat er bislang viel zur eigenen Image-Kosmetik beigetragen und sich als erfreulich empathischer und authentisch um das Wohl seiner TV-Mandanten bemühter Rechtsexperte präsentieren können, ohne den trockenen Humor einzubüßen, der «Lenßen & Partner» inmitten eines Konvoluts an grausig schlechten Drehbuchautoren und Laiendarstellern zwischendurch mal für wenige Sekunden beinahe ansehbar gemacht hat.
Rekurrierend auf die Frage, ob am Ende dieser Staffel dann vielleicht auch mal ein zufriedenstellendes Quoten-Fazit zu buche stehen könnte, lässt sich in alter Juristen-Tradition ganz eindeutig mit "ja, aber" antworten. Ingo Lenßen hat bereits bewiesen, dass er das nötige Charisma besitzt, um die Sendung zu tragen und viele Menschen auch emotional zu erreichen. Die taktisch clevere Doppel-Programmierung mit «Lenßen klärt auf» kann überdies dazu führen, dass der nötige Audience Flow von der Primetime hin zum späteren Abend gewährleistet wird und sich viele Menschen die Vier-Stunden-Lenßen-Dauerbeschallung gönnen möchten. Dabei ist der um 20:15 Uhr gezeigte Ratgeber auf der einen Seite eher als Warm-Up auf das anschließende Social-Media-Highlight zu verstehen, dürfte gleichzeitig aber zumindest etwas massentauglicher sein als die von einigen Fans erhoffte Primetime-Präsentation von «Lenßen live». Diese clever programmierte Lenßen-Doppeldosis ist neu und birgt definitiv Chancen.
Warum es wieder eng werden könnte mit dem Quotenhit

Man muss sich dieser Ambivalenz also bewusst sein, wenn man sich fragt, wie es denn sein kann, dass die Twitter-Timeline überquirlt und am nächsten Tag wieder lausige 0,X Prozent Marktanteil für ein Format ausgewiesen wird, über das in zwei Stunden mehr diskutiert wird als sonst gerne mal über das Programm von Sat.1 Gold in einer ganzen Woche. Der Durchschnittszuschauer geht bei seiner Konsumentscheidung tendenziell eher den Weg des geringsten kognitiven Widerstandes und schaut im Zweifelsfall eher noch eine vierte Folge von «K 11» - weil er das halt schon oft so getan hat. Umso dankbarer darf man also Programmverantwortlichen sein, die sich davon nicht vollständig einlullen lassen und interaktiven Formaten wie «Lenßen live» eine Bühne geben. Und manchmal, aber nur manchmal, schlägt sich das dann auch positiv auf die harte Währung Einschaltquote nieder.
In diesem Sinne: Viel Spaß bei den sechs neuen Folgen, die bis Ende März immer donnerstags gegen 22:15 Uhr an den Start gehen.
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