Interview

Lokalradio-Macher Andreas Nickl: „Das Lokalradio profitiert vom Niedergang des Printsegments"

von   |  8 Kommentare

Vor der Radio-Marktanalyse am Mittwoch stellen wir ein paar unbequeme Fragen: Andreas Nickl über den Nervfaktor der Dauerrotation, Angst vor Spotify und seine positive Zukunftsvison vom Radio 2027.

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Ich habe gelernt, mit den Zahlen umzugehen. Die Funkanalyse bedeutet für uns bares Geld, weil die überregionale Werbung nach den Funkanalysen verteilt wird. Wir versuchen da natürlich, das Beste rauszuholen und wenn der langfristige Trend gut aussieht, fühlen wir uns in unserem Programm bestätigt.
Andreas Nickl
Die letzte Funkanalyse hat ergeben, dass Radio Charivari 12.000 Hörer in der Durchschnittsstunde hat. War das ein Grund zum Feiern?
Ich habe mir schon lange abgewöhnt, solche Analysen zu feiern oder zu betrauern. Funkanalysen sind fehlerbehaftet und das sagen sogar die Umfrageinstitute, die das machen. Am Ende schauen wir auf den langjährigen Trend.

Sie legen keinen Wert auf die Funkanalysen, aber machen trotzdem das Programm davon abhängig?
Nein, ich habe gelernt, mit den Zahlen umzugehen. Die Funkanalyse bedeutet für uns bares Geld, weil die überregionale Werbung nach den Funkanalysen verteilt wird. Wir versuchen da natürlich, das Beste rauszuholen und wenn der langfristige Trend gut aussieht, fühlen wir uns in unserem Programm bestätigt.

Sie könnten sich doch aber trotzdem zurücklehnen und sagen: Die Rosenheimer kennen uns, unsere Lokalberichterstattung wird geschätzt - was interessiert mich eine Funkanalyse?
Das Image in der Region ist tatsächlich sehr wichtig für uns. Der lokale Werbekunde schaut nicht auf die Funkanalysen, sondern entscheidet aus dem Bauch heraus und schaut vor allem auf das Image des Senders.

Die Zahlen kommen

Am Mittwoch wird die Radio Media Analyse I 2017 veröffentlicht. Sie basiert auf zwei Befragungswellen: Winter/Frühjahr 2016 und Herbst 2016. Beide Ergebnisse kombiniert ergeben die neuen Zahlen. Die jeweils erste MA eines Jahres gilt als ein bisschen weniger wichtig als die Zweite, weil auf der jeweils zweiten basierend die Werbepreise für das Folgejahr beruhen. Die Radiomacher erhalten die Zahlen morgens um neun Uhr, Quotenmeter.de wird auf mehreren Sonderseiten wieder alle Zahlen analysieren
Bei Spotify habe ich inzwischen die Möglichkeit, meinen Lieblingssong von Alma, nämlich "Dye my hair" nicht nur zweimal die Woche zu hören, sondern in der Dauerschleife. Wie groß ist die Angst vor Spotify?
Wir haben Respekt vor Spotify, aber sicher keine Angst. Sie dürfen nicht vergessen, dass man bei Spotify aktiv sein muss: Sie müssen sich anmelden und sie müssen erst einmal die Plattform auch eine Weile nutzen, damit der Algorithmus funktioniert. Das ist für technikaffine junge Menschen sicher kein Hindernis, aber ich glaube, dass man unterschätzt, wie schnell man sich am Ende doch lieber wieder zurücklehnt und sich durch einen Radiosender berieseln lässt.

Spotify ist doch keine Provinzklitsche mehr, sondern hat weitaus mehr als 12.000 Hörer in der Stunde wie Sie.
Ja. Und Spotify wird sicher noch größer werden, aber das Radio wird daran bestimmt nicht zu Grunde gehen. Schauen Sie, als das Radio kam, hat man gedacht, dass Print tot ist. Als das Fernsehen kam, hat man gedacht, dass das Radio tot ist. Und als das Internet kam, war alles zusammen tot. Das Radio erzeugt dazu immer noch ein Gemeinschaftsgefühl. Sie reden mit Ihren Mitstudenten oder Arbeitskollegen z. B. über eine witzige Moderation oder Programmaktion, aber nicht über die Lieder, die Sie bei Spotify gehört haben.

Wenn wir uns in zehn Jahren wiederhören: Sind Sie dann im Ruhestand, bei den Bayernreportern von Antenne Bayern oder im Lokalfenster Bayern beim Deutschlandfunk?
Also im Ruhestand bin ich sicher nicht und das lokale Fenster im Deutschlandfunk wird es sicher nicht geben. Wenn alles gut läuft, habe ich den Job, den ich heute schon habe, auch wenn sich bis dahin die Medien weiter gewandelt haben.

Obwohl sie täglich von der eigenen Musikauswahl genervt sind?
Sie spitzen das ganz schön zu. Sehen Sie, ich bin aus der Zielgruppe von Radio Galaxy auch schon raus. Aber ich höre unsere beiden Sender auch in der Freizeit immer noch gern.

Nach 45 Minuten Interview brauchen wir wieder Musik. Was dürfen wir für Sie spielen?
Alma - Dye my hair!

Vielen Dank für das Gespräch!



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Es gibt 8 Kommentare zum Artikel
Sentinel2003
07.03.2017 15:07 Uhr 1
Das mit dem Musikbet stimmt nicht ganz, das das zurück gegangen ist: Beispiel gefällig?? Der Berliner Sender 94,3 RS 2 hat diesen Mist vor etwa 3 Jahren auch eingeführt....ich finde das sooooo ätzend, unter oder hinter den Nachrichten Musik spielen zu lassen!! Wer zum Teufel ist auf so eine bescheruerte Idee gekommen???



Ich höre den Sender nicht und kenne diesen Menschen auch nicht, trotzdem, ein sehr gutes Interview!!
Traber
07.03.2017 15:29 Uhr 2
Radio Bremen über Internet, da wohnhaft Ruhrgebiet, ist mein Stamm-Sender.

Auch schon noch zu Bürozeiten.

60er-90erJahre Musik, ist meine Musikzeit und auch Riesenauswahl.

Obendrein Samstags 13-15 Uhr Beat-Club, zusätzlich noch per Web-Channel.

Und Print-Medien sind bei mir trotzdem noch nicht untergegangen,

WAZ/NRZ und Spiegel schon immer im Abo.

Von Kind an, schon bei den Eltern.



Dennoch interessantes Interview, da Radio quasi ständig bei mir zusätzlich läuft.
rosebowl
07.03.2017 15:35 Uhr 3

Und genau das ist ein Punkt, an dem der Herr, wie offensichtlich auch viele andere Radiomacher, falsch liegt. Er geht davon aus, dass die Zuhörer das Radio nicht dauernd laufen lassen und deshalb auch nicht, wie er, genervt sind, wenn ein paar mal am Tag das selbe läuft. Doch! Ich hab früher auch gerne Radio gehört, und dann aber eben auch die ganze Zeit im Hintergrund. Inzwischen regt es mich nur noch auf, wenn gefühlt alle 2 Stunden der gleiche Song läuft, und ich höre kaum noch Radio.
Traber
07.03.2017 15:48 Uhr 4
Falscher Verein, da selber wohnhaft Stadtgrenze Gelsenkirchen-Essen.

Bin aber auch leidensfähig.



Ich habe lange nach dem richtigen Sender für mich persönlich gesucht.

Ist meine Musik, keine stündlichen oder täglichen Wiederholungen.



Ab 18 bis 20 Uhr Wunschkonzert, ist auch interessant was andere Leute

so hören wollen.

Beat-Club schon erwähnt, und 1. Montag im Monat "Verborgene Plattenschätze".

Mein Ding, bin aber auch mit der tollsten Musikzeit, den 60-70ern aufgewachsen.
Sentinel2003
07.03.2017 15:59 Uhr 5




Da hast du nicht ganz Unrecht, rosi....als ich noch ausgefahren habe bis Ende Januar, habe ich Spreeradio 105,5 und Berlin 88,8 gehört zwischen 17 und 0.00....was da wiederholt wird geht auf keine Kuhhaut!! Und, meine Mutter hört seit ewigen Zeiten Berlin 88,8, aber auch Sie stört zunehmend die Wiederholung dort, und, das ist ein Öffi Sender, nix privat!! :oops:



Und, zum Glück haben nur sehr wenige Sender ein Musikbett unter den Nachrichten... :!: :!:---->in Berlin zum Glück NICHT diese Privaten: Berliner Rundfunk und Spreeradio.
rosebowl
07.03.2017 19:28 Uhr 6

Mir ist ein Schlumpf immernoch lieber als ein Bazi oder Dosenfan ;)



Das klingt interessant, aber ich befürchte, Radio Bremen kriege ich hier ganz im Süden nicht. Und ich hör lieber über meine Anlage als über Laptop...
Traber
07.03.2017 20:18 Uhr 7
Ich sags mal so, drücke international jedem deutschen Verein die Daumen, auch Mittwoch gegen Benfica, nur einem nicht. Hab sogar gejubelt als ihnen Manu vor Jahren ihnen in den letzten 3 Minuten 2 eingeschenkt hat.

Arroganz pur und kein Bundesligist ist seit Beckenbauers Zeiten dermaßen von den Schiris bevorteilt wurden, wie dieser Club.



Ich kanns auch nur über Internet hören, also jetzt nicht die Bayern.
Gnutzhasi
08.03.2017 10:01 Uhr 8
Ob die Ansichten des Herrn alle so stimmen ? Es gibt genug Leute die den ganzen Tag, auch vielleicht nur im Hintergrund, bei einem Sender bleiben (Arbeitsplatz, Küche etc) Wenn man dann z.B. bei Sendern wie Gong 96.3 bleibt, dann denkt man eher an Gehirnwäsche. Schlechte Moderation, nervige Stimmen, grottige Musikauswahl, klar , bei einer so kleinen Auswahl, Regionales was kaum interessiert, Werbung die nicht zur Zielgruppe paßt und als Krönung das einschleimende "Du"! Wider besseres Wissen wird sich dann noch in der Tagespresse mit riesigen Anzeigen als erfolgreicher Sender hingestellt.
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