First Look

«Feud»: Zickenkrieg unter Hollywoods Scheinwerfern

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Die nächste große Serie von TV-Mastermind Ryan Murphy: Nach «American Horror Story» und «American Crime Story» porträtiert er nun die Feindschaften und Kleinkriege berühmter Persönlichkeiten. Staffel eins führt uns ins glamouröse Hollywood.

Cast & Crew

  • Idee: Ryan Murphy, Jaffe Cohen, Michael Zam
  • Darsteller: Jessica Lange, Susan Sarandon, Judy Davis, Jackie Hoffman, Alfred Molina, Stanley Tucci, Alison Wright u.a.
  • Regie (Pilot): Ryan Murphy
  • Ausf. Produzenten: Ryan Murphy, Dede Gardner, Tim Minear, Alexis Martin Woodall
  • Produktion: Plan B, Ryan Murphy Prods., Fox21 für FX
  • Folgen: 8 in Staffel 1 (je ca. 55-60 Min.)
Als die beiden Kriegerinnen sich zum ersten Mal allein begegnen, Auge in Auge, ist schon viel Zeit ins Land gegangen. So viel Zeit, dass dieser Moment der Konfrontation sich mit Spannung geladen hat; ein echter Höhepunkt. Wir Zuschauer sehen gebannt zu, lauschen dem Dialog – und erkennen, dass jedes Wort ein Schachzug ist in dieser „Fehde“, die von nun an ihren Lauf nimmt.

Die Kriegerinnen, das sind Bette Davis und Joan Crawford – ihres Zeichens Hollywood-Stars in den glamourösen Jahrzehnten der 40er, 50er und 60er Jahre. Beide sind groß geworden im Showbusiness, beide sind lebende Legenden, überhäuft mit Preisen. Und beide sehen sich konfrontiert mit der Vergänglichkeit: Hollywood öffnet sich Anfang der 60er, gibt aufstrebenden jüngeren Schauspielerinnen viele Chancen, während Davis und Crawford um ihren Superstar-Status kämpfen müssen. Aus dieser Not heraus leiten die Alpha-Frauen eine gemeinsame Produktion in die Wege: Beide Schauspielerinnen zusammen vor der Kamera zu sehen, könnte ihre Karrieren zu neuen letzten Höhen führen.

„Hören wir auf mit dem Smalltalk und reden über das Wesentliche: Ich mag dich nicht, und du magst mich nicht. Aber wir beide brauchen diesen Film,“ sagt Bette Davis in oben beschriebenen Szene der Konfrontation. Friedenspfeife? Nicht unbedingt, aber Friedenstrunk: Mit einem Flachmann stoßen die Frauen auf die kommende Produktion und ihren erhofften Erfolg an. Sie wissen: Sollte dieser Film scheitern, war es das mit der Karriere. Dass der Burgfrieden nicht lange durchhält, ist schnell offensichtlich – nicht, wenn zwei Diven solcher Größe auf kleinstem Raum aufeinandertreffen.

«Feud»: "Man passt sich dem Tempo des damaligen Hollywood an"


Von diesem legendären Machtkampf erzählt die neue TV-Serie «Feud». Sie basiert auf den wahren Ereignissen, die sich hinter den Kulissen der Filmproduktion «Was geschah wirklich mit Baby Jane?» (1962) abgespielt haben. In der ersten Folge «Feud» wird das Setting etabliert; es wird auf den knisternden Moment des ersten Zusammentreffens hingearbeitet. Bis dahin zeichnet man Davis und Crawford als egozentrische Taktikerinnen, die für die Aufmerksamkeit der Kamera alles tun. Bewusst rückt man so ausgerechnet ihre Gemeinsamkeiten in den Vordergrund: Charakterlich sind sich die Schauspielerinnen erschreckend ähnlich.

Und beide kämpfen ebenfalls für eine gemeinsame Sache: den Respekt der Frauen im männer-dominierten Hollywood. In späteren Episoden von «Feud» sprechen sich Davis und Crawford über Themen von Diskriminierung und Unterwürfigkeit der Frauen aus und finden somit tiefergehende Gemeinsamkeiten gegen den gemeinsamen Feind. Nur, um dann wieder den eigentlichen Feind ins Visier zu nehmen: die jeweils andere Hauptdarstellerin am Set.

In diesen Momenten der Ehrlichkeit spielt «Feud» seine große Stärke aus. Als Zuschauer fühlen wir als stille Beobachter, die das wahre Hollywood der wüsten 60er Jahre kennenlernen. Wer sich für Filmgeschichte und seine Hintergründe interessiert, für die aufstrebenden Jahrzehnte des Glamours und des „Alten Hollywood“, das sich damals mit neuen Erzählweisen und visionären Jung-Regisseuren konfrontiert sah, wird an dieser teuren Produktion seine Freude finden. Die Serie entführt uns in diese Zeit – so authentisch und visuell beeindruckend, wie man es selten gesehen hat. Im Januar lud die Produktionsfirma zahlreiche Pressevertreter zum «Feud»-Set ein: Journalisten berichteten von einer begeisternden Zeitreise in die frühen 60er, die das Set wiederauferstehen ließ.

Vor allem aber schauspielerisch schwebt das Format in höchsten Höhen: TV-Mastermind Ryan Murphy («American Horror Story», «American Crime Story») hat mit Jessica Lange (Crawford) und Susan Sarandon (Davis) zwei Darstellerinnen gewonnen, denen man ihre Hingabe zu dieser Hollywood-Ära und zu ihren Charakteren in jeder Sekunde ansieht. Die großen Namen enden nicht dort, zu den Nebendarstellerinnen gehören Catherine Zeta-Jones, Sarah Paulson, Kathy Bates und Judy Davis. Auf der männlichen Seite unter anderem: Stanley Tucci und Alfred Molina. Die großartig-facettenreichen Leistungen, in Folge eins vor allen zu bewundern an Jessica Lange, trösten über so manche storytechnische Länge am Anfang hin. Spannungsgeladene Momente gibt es zunächst nur selten; die Serie will sich Zeit lassen. Man passt sich dem Tempo des damaligen Hollywood an – das ist konsequent wie authentisch.

«Feud»-Produzent Ryan Murphy interviewte Bette Davis nur Monate vor ihrem Tode 1989. Ihre Ausführungen über die Rivalin Joan Crawford beeindruckten Murphy nachhaltig, und knapp 30 Jahre später setzt er seine Vision der legendären Kriegsgeschichte um die beiden Schauspielerinnen um. Nach acht Folgen wird diese zu Ende erzählt sein. Im Stile vieler anderer Murphy-Serien ist «Feud» als Anthologie konzipiert: Die bereits bestellte zweite Staffel wird derzeit vorbereitet. Untertitelt ist sie mit „Charles and Diana“.

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