Dass der niederländische Premierminister Mark Rutte im Amt bestätigt wurde und – entgegen dem Trend der Zeit – eine ambitionierte Kampagne des rechtsextremen Kandidaten Geert Wilders abschmettern konnte, dürfte viele Gründe gehabt haben. Welcher der entscheidendste Faktor war, wird noch lange Gegenstand leidenschaftlich geführter Debatten sein und dürfte wohl nie final beantwortet werden. Trotzdem eine These: Ruttes starke öffentliche Kommunikation, in der er standhaft die rechtsliberalen Überzeugungen seiner Partei vertrat. Bestes Beispiel: sein TV-Duell gegen Wilders.
Dass es zu diesem Duell überhaupt kam, ist keine Selbstverständlichkeit. Nicht, weil man mit den Rechten per se ungern debattiert – damit hat man in den Niederlanden viele Jahre Erfahrung. Sondern vielmehr wegen der Besonderheiten des niederländischen Wahlsystems und der dortigen breiten Parteienlandschaft. Doch die linksliberalen Democraten 66 und die konservative CDA bestimmen, obwohl sie nur marginal hinter Wilders‘ Partij voor de Vrijheid liegen, nicht den Geist der Zeit.
Rutte war in diesem Duell klar der Souveränere, der Wilders‘ Anflegelungen routiniert und kalt an sich abprallen ließ, ohne selbst die Gelegenheit auszulassen, eigene Spitzen zu setzen. Bei Twitter könne er ihn blockieren, aber hier müsse er ihm zuhören, ließ er den Demagogen gönnerhaft wissen. Dass vieles an Ruttes Performance einstudiert wirkte – geschenkt. Auch dieser Beobachtung von Wilders wusste er etwas entgegenzusetzen. Rutte blieb bei seiner Strategie: dem Betonen der Erfolge seiner Koalitionsregierung und der nüchternen, aber dabei umso überzeugenderen Zerlegung von Wilders‘ populistischem Schwachsinn, was dessen Versuche, die Zukunft eines Nexit-Hollands in blumig formulierten, ebenso einstudierten Worten zu zeichnen, so im Keim erstickte, dass David Cameron für seine Auseinandersetzungen mit den Populisten in seiner Partei viel davon hätte lernen können.
Debatten mit Rechtspopulisten gehen freilich nicht immer so zivilisiert über die Bühne. Eine Referenz auf das österreichische Debakel, in dem Alexander van der Bellen und Norbert Hofer ohne Moderator aufeinandertrafen, ist unumgänglich. Wer sie gesehen hat, weiß, wie der Worst-Case aussieht: zwei Männer, die es in einer Dreiviertelstunde nicht hinbekommen, auch nur über ein Sachthema zu sprechen, und sich stattdessen mit rhetorischen Taschenspielertricks zu übertölpeln versuchen.
Der einfachere Weg ist nämlich der viel effektivere: Nicht versuchen, den Rechtspopulisten zu entlarven, oder ihm ausgeklügelte Fallen stellen, sondern überzeugt und konsequent die eigene Agenda und die eigenen Errungenschaften als positives Gegenbeispiel ins Spiel zu bringen.
Hillary Clinton kann ein Lied davon singen: Unter objektiven Gesichtspunkten hat sie in ihren Debatten gegen Donald Trump alles richtig gemacht. Doch ihre rhetorische Überlegenheit, die im Kontrast zu Trumps unvorbereitetem, beängstigendem Gefasel noch stärker erschien, hat nicht für einen Wahlsieg gereicht. Ihr fehlte eine positive Vision für Amerika, die sie auch in den Debatten nie kohärent kommunizieren konnte. Stattdessen verließ sie sich darauf, den Wählern die eklatanten intellektuellen, fachlichen, mentalen und persönlichen Defizite ihres Gegners vorzuführen.
Rutte dagegen sah seine Aufgabe in der Debatte gegen Wilders nicht darin, einzig die Schwächen seines Gegners vorzuführen. Er wusste, dass er selbst punkten und mit eigenen Gedanken und Ideen überzeugen musste. Damit gewann er nicht nur das Rededuell – sondern auch die Wahl.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel