Manuel Nunez Sanchez
Ressort / Position: Quoten, TV (News und Sendungs-Reviews) und Vermischtes
Ebenfalls lesenswert
Kein ganz so simples Unterfangen, wie man bei der Lektüre vielleicht denken mag, sind auch die traditionellen Top- und Flop-Bilderstrecken zum Ende jedes Jahres - zumindest, wenn man seinen Lesern mehr anbieten möchte als eine lose Aufzählung der offensichtlichsten Hits und Versager, auf die man eh auf Anhieb kommt. Nein, bei einer hohen zweistelligen oder gar dreistelligen Zahl kann man sich da schnell in Untiefen der televisionären Schaffenskraft begeben, die das Hirn in seinem natürlichen Selbsterhaltungstrieb völlig zurecht bereits gen kognitiver Müllhalde befördert hat. Mühsam war das, sehr, sehr mühsam.
Und wenn ich nun schon in den Untiefen der Mimimis eines Quotenanalysten wühle, sei auch noch eine ganz grundsätzliche Problematik angesprochen: Globale Quotenentwicklungen bereits lang laufender Formate oder die immer wiederkehrende Frage, was denn eigentlich die erfolgreichsten Fußballspiele, «Tagesschau»-Folgen etc. seien. Hierbei gilt die ebenso simple wie für Leser und Schreiberling unbefriedigende Faustformel: Je näher man den Anfängen des Fernsehens kommt, desto fragiler die Datenlage.
Ein von mir verfasster Klickhit, bei dem ich bis heute nicht verstehe, weshalb er so ungewöhnlich oft aufgerufen wurde: Noch so eine Weisheit, mit der man sich als Quotenonkel rasch konfrontiert sieht, ist die, dass kommerzieller Erfolg und Substanz nun nicht gerade ein unzertrennliches Liebespaar sind. In meinem Fall zeigt sich dies unter anderem daran, dass meine beiden erfolgreichsten Artikel aller Zeiten - beide aus dem August 2016 stammend - eher Banalitäten wie den Staffelauftakt von «The Taste» oder neue Allzeit-Rekorde von «Wer weiß denn sowas?» umfassen. Zur besonderen redaktionsinternen Erheiterung tragen allerdings die fulminanten Klickzahlen zu einem meiner Kino-Checks bei, wo das Über-Ich mein Es nicht mehr im Zaum zu halten wusste und mich zu der subtil-schöngeistigen Überschrift "Ficki Ficki in Kenia" veranlasste. Ob es nun deutsche Thailand-Emigranten waren, die bei der Recherche nach günstigeren Alternativen zufällig auf unserer Seite landeten, ist im Nachhinein nicht mehr zu klären.
Ein Klickflop von mir, der jetzt zum 15-jährigen Jubiläum von Quotenmeter.de gerne wiederentdeckt werden darf: Das ist tatsächlich gar nicht mal so leicht zu sagen, da bei aller Frustration über die viralen Hype-Mechanismen letztlich die Artikel, in die ich wirklich mein ganzes Herzblut hineingelegt habe, glücklicherweise nur äußerst selten gefloppt sind. Ein etwas höheres Interesse hätte ich mir aber sicher für meine knapp ein Jahr zurückliegende Analyse der Online-Abrufzahlen bekannter TV-Formate gewünscht, die letztlich zwar einigermaßen solide, aber auch arg unspektakulär performte - und damit nicht so recht die Unmengen an Aufwand gerechtfertigte, die ich dort hinein investiert habe. Ob man diese olle Kamelle nun aber noch einmal ausgraben muss, sei dahingestellt.
Ein Artikel, der mir aufgebrummt wurde – und letztlich sehr wohl Spaß machte: Müsste ich meine persönlichen Kernkompetenzen benennen, würde die Fauna sicherlich eher im hinteren Drittel des Rankings stehen. Entsprechend begeistert war ich, als ich mich vor gut einem Jahr der Frage widmen durfte, ob unsere vierbeinigen und gefiederten Begleiter denn überhaupt die verlässlichen Quotengaranten sind, als die sie immer bezeichnet werden. Dass die Freunde animalischer Lebensformen nun unter ähnlich starkem Humor- und Selbstironie-Verdacht stehen wie Veganer oder radikale Islamisten, ist ein ebenso großes Klischee, welches sich aber bei der Recherche an einigen Stellen durchaus bewahrheitet hat. So kam es letztlich sicherlich zum Glanzstück meiner redaktionellen Historie, aber doch zu einem Artikel, auf den sogar retrospektiv ganz gerne verweise.
Ein nicht ganz so schöner Gegenentwurf hierzu ist übrigens mein Engagement zur «ProSieben Völkerball-Meisterschaft», anlässlich derer ich einen ganzen Abend damit verbrachte, einen Liveticker zu leiten und anschließend noch eine Review dazu zu schreiben. Es waren letztlich knapp sechs Stunden Lebenszeit, die ich mit der Begutachtung meiner Raufasertapete auch produktiver hätte nutzen können. Und dabei wurde mir das alles noch nicht einmal aufgebrummt, sondern ich gab mich tatsächlich völlig der Illusion hin, dass dieses Projekt auch ganz unterhaltsam werden könnte. Kleiner Spoiler-Alarm, falls Sie den Artikel lesen möchten: Ne, war es eher nicht so.
Mir egal, wie negativ die Kommentare ausfielen, ich stehe weiterhin hinter diesem Artikel: Hier fällt mir weniger ein konkreter Artikel ein, sondern eher eine Rubrik, deren Einstellung ich auch fast vier Jahre später noch immer persönlich bedauere: Das Forenecho. Dabei möchte ich gewiss nicht behaupten, dass jeder der verfassten Artikel einen Pulitzer-Preis verdient hätte - na gut, seien wir ehrlich, so manch einer hätte wohl noch nicht einmal den Schülerpreis der siebten Klasse einer Realschule in Wanne-Eickel gewonnen, zumal die Themenlage zumindest ein wöchentliches Erscheinen dieser Rubrik mitunter anspruchsvoll gestaltete. Und doch hielt und halte ich das Forenecho für eine unterm Strich gelungene Möglichkeit, redaktionelle Inhalte mit den Impressionen der Quotenmeter-Leser zu verknüpfen.
Eine Rubrik eines Kollegen, die so geschrieben ist, wie ich gerne schreiben würde: Dieses Empfinden treibt mich regelmäßig bei der wöchentlichen Kolumne 360 Grad von Julian Miller um, die es immer wieder mal vermag, meine Gedanken in pointiertere, sarkastischere und elitärer klingende Worte zu fassen, als es mir häufig möglich wäre. Und nein, die Vokabel "elitär" ist entgegen des momentanen marktschreierischen Minimalkonsenses in meiner Form keineswegs als versteckte Kritik gemeint, sondern als Anerkennung dafür, dass sich die Miller'schen Beiträge in (für mich) angenehmer Form von dem Alltagsgeblöke abhebt, dem ich bei Bedarf an jeder Ecke begegne.
Es gibt 11 Kommentare zum Artikel
20.03.2017 10:15 Uhr 1
20.03.2017 12:02 Uhr 2
:mrgreen:
20.03.2017 13:20 Uhr 3
20.03.2017 16:52 Uhr 4
Wo hast du denn du das ausgegraben?
20.03.2022 11:16 Uhr 5
20.03.2022 12:40 Uhr 6
20.03.2022 21:05 Uhr 7
20.03.2022 22:01 Uhr 8
Hier bin ich doch.
Aber ja, ich verstehe. Das waren noch andere Zeiten damals.
21.03.2022 10:19 Uhr 9
21.03.2022 23:58 Uhr 10