Hingeschaut

«Clever abgestaubt»: Neues Trödelquiz wird seinem Titel gerecht

von   |  8 Kommentare

Das neue Vorabend-Format von ZDFneo verknüpft die Erfolgsrezepte Quiz und Trödel clever und kreiert ein Gesamtwerk, das zwar nicht fehlerfrei ist, aber doch Spaß macht - und Steven Gätjen endlich den heiß ersehnten ersten Erfolg beim längst nicht mehr neuen Arbeitgeber verschaffen könnte.

Gätjens ZDF-Quotenflops (Auswahl)

  • «Deutschlands Superhirn»: vier Folgen am Donnerstagabend mit maximal 2,91 Mio. Zuschauern (durchschnittliche MAs: 9,5% / 5,9%)
  • «I can do that!»: ebenfalls vier Donnerstagsfolgen mit bestenfalls 3,02 Mio., vor allem Startwert von 2,12 Mio. desolat (MAs: 8,4% / 4,5%)
  • «4 geben alles!»: Einmaliges Samstagabend-Event, das gerade einmal 2,64 Mio. anlockte - und angesichts von nur 8,8% bzw. 6,1% bereits Geschichte sein dürfte
  • «Versteckte Kamera»: Revival der einstigen Kultshow, mit 3,62 Mio. und 12,0% bzw. 8,4% am Samstag zwar okay, aber doch sehr verhalten
Ein Suchender trifft auf zwei spektakuläre Funde: Unter diesem Motto könnte die brandneue ZDFneo-Vorabendshow «Clever abgestaubt» laufen, müsste man damit nicht zugeben, dass Steven Gätjen auch ein gutes Jahr nach seinem Wechsel zum ZDF noch immer weit davon entfernt ist, sich bei den Mainzern etabliert zu haben (siehe Infobox). Ganz anders sieht es da bei den beiden größten Daytime-Erfolgen der jüngeren Vergangenheit aus, der ARD-Quizschiene am Vorabend sowie dem sogar noch etwas spektakulärer laufenden «Bares für Rares» am Nachmittag. Was läge da also näher, als diese beiden Elemente zu koppeln und damit ein weitgehend neuartiges Show-Erlebnis auf die Beine zu stellen? Und nach Betrachtung der ersten Folgen lässt sich sagen: Von einer TV-Revolution ist der Neustart zwar weit entfernt, wird dafür seinem Titel aber umso mehr gerecht.

Dabei folgt das Grundprinzip der Sendung eher dem für Rateshows typischen Duell-Charakter, indem drei Duos gegeneinander in den Wettbewerb steigen, um am Ende als Sieger von - im besten Fall - einigen Tausend Euro vom Feld zu gehen. Während sich jeweils ein Teammitglied den aus allen möglichen Gebieten des Allgemeinwissens zusammengestellten Fragen widmet, wählt dessen jeweiliger Mitstreiter aus einem Pool von zwölf Antiquitäten jeweils das Stück aus, von dem er sich den höchsten monetären Gegenwert erhofft. Denn am Ende des Tages gilt es, nicht nur über ein breites Allgemeinwissen zu verfügen, sondern auch abschätzen zu können, welchem Exponat die (zum Teil im Studio anwesenden) Experten den höchsten Geldsegen bei einer Auktion zutrauen - und was im Gegenzug nichts als billiger Massenramsch ist.


Nichts für die Trödel- und Rate-Extremisten


Durchaus eine Menge Holz also, das Tower Productions in seinen 45-minütigen Folgen abfackelt. Hektik kommt dennoch zu keinem Zeitpunkt auf, stattdessen nimmt man sich zu Beginn einer jeden Folge sogar noch die Zeit, in Form eines Einspielers abzubilden, wie die Zweierteams bei ihrem Erstkontakt mit den Produkten reagiert haben und erste Mutmaßungen hinsichtlich ihres Gegenwertes äußern. Kommentiert wird das Geschehen vom jeweiligen Studio-Experten, was je nach dessen Eloquenz und Schlagfertigkeit wahlweise unterhaltsam oder eher etwas hölzern und bemüht daherkommt. Danach treten die Experten ein wenig in den Hintergrund und fungieren über weite Strecken lediglich als Ansager, wenn die Kandidaten nähere Informationen zu einem konkreten Produkt erbitten.

Ansonsten stehen die mehr oder minder wertvollen Antiquitäten ein wenig im Schatten des eher spielerisch ausgelegten Konzepts und sind ohnehin eher Mittel zum Zweck, möglichst hohe Geldbeträge anzuhäufen. Dem einen oder anderen passionierten Sammler mag da das Herz bluten, da anders als bei den meisten anderen Trödel- und Auktionsshows dem Eigenwert des Produkts kaum Raum gegeben wird, ja so Dinge wie Ästhetik oder emotionale Verbindung gar komplett unberücksichtigt bleiben in der stets handlungsleitenden Frage, für wie viel Kohle man das Teil wohl verscherbeln könnte.

Zugleich ist das Format für die ganz großen Quizfreaks der Nation ebenfalls nur bedingt geeignet, da sich die gestellten Fragen überwiegend doch eher auf banales Allgemeinwissen beziehen - gewissermaßen also dort anfangen, wo die Jäger bei «Gefragt - Gejagt» bereits empört mit der Nase rümpfen würden, sollte sich die dortige Fragenredaktion erdreisten, mehr als eine solche Pipifax-Frage in die Show zu schmuggeln. Und doch könnte genau das zum Erfolg führen: Man erschließt nämlich sowohl den Hobby-Trödler als auch den Gelegenheits-Quizzer und bietet ihnen ein stimmiges, kurzweiliges Format an, bei dem jeder Sofaheld daheim äußerst zahlreiche Gelegenheiten findet, mitzuraten.


Gätjens Auftrag: Den Fluchtinstinkt des Publikums bändigen


Steven Gätjen findet sich als Moderator dessen so ein, wie sich ein Steven Gätjen halt generell so bei nahezu jeder Sendung einbringt: Als gelassener, sympathischer Begleiter der Kandidaten und des Publikums auf einem Weg, der ebenso gut ohne ihn bestritten werden könnte - mit ihm aber gewiss nicht steiniger oder schwerer wird. Das schärft gewiss nicht sein Profil als großer Entertainer mit Hang zum Wahnsinn oder Narzissmus und wird beim bislang betont desinteressierten ZDF-Stammzuschauer wohl auch kaum die zwingende Begierde wecken, das Schaffen dieses Mannes künftig mit Feuereifer zu verfolgen. Aber er stört eben auch niemanden und dürfte niemandes Fluchttrieb wecken.

Und genau den gilt es innerhalb der zunächst 20 Folgen, die «Clever abgestaubt» spendiert bekommt, möglichst gut im Zaum zu halten. Mit dem täglichen Slot um 19:30 Uhr belegt man nämlich den oftmals quotenträchtigsten des gesamten ZDFneo-Tagesaufgebots, denn Wiederholungen von «Bares für Rares» erzielten hier zuletzt nicht selten etwa anderthalb Millionen Zuschauer und an guten Tagen mehr als fünf Prozent Marktanteil. Ein besseres Pflaster hätte man also kaum haben können, immerhin läuft im Vorfeld ja nach wie vor ein Rerun der Lichter-Trödelshow - doch auf der anderen Seite wäre es umso bitterer, sollte es letztlich allzu deutlich bergab gehen. Dass man die Show derart prominent platziert, kommt übrigens nicht von ungefähr: Neo investiert in diesen Zeiten reichlich in das Segment "kreative Trödel- und Antiquitätenshows" (wir berichteten über weitere Pläne) und auch im Hauptprogramm dürfte man mittelfristig sehr an neuen Superhits interessiert sein.

Wirst du dir «Clever abgestaubt» anschauen?
Ja, das Konzept klingt sehr spannend.
30,8%
Ich werde mal reinschauen, aber erwarte nicht allzu viel.
42,9%
Nein, das Format reizt mich nicht.
26,4%


Fazit: Frischer Wind für gleich mehrere Interessen


Ob «Clever abgestaubt» dieser nächste große Coup ist, lässt sich natürlich nicht mit Gewissheit sagen. Der deutsche Ableger der BBC-Show «For What It's Worth» schafft es aber in jedem Fall, frischen Wind in das derzeit vielleicht sogar etwas überhypte Genre zu bringen und erschließt mit der zusätzlichen Zutat Quiz auch eine potenzielle Zielgruppe, die sonst vermutlich eher schon im Vorfeld gelangweilt abgeschaltet hätte - und diese Interessen werden zur Zeit um 19:30 Uhr kaum bedient. Da überdies auch unter den Trödlern wohl nur der ganz harte Kern abspringen dürfte, erscheint es in jedem Fall als realistisch, dass viele Lichter-Fans im Anschluss dranbleiben und hoffentlich Gefallen an dieser neuen Vorabend-Coloration finden. Ein gutes, angenehmes Stück Fernsehen ist den Machern jedenfalls geglückt.

Die vorerst 20 Folgen von «Clever abgestaubt» laufen jeweils montags bis freitags um 19:30 Uhr auf ZDFneo.

Kurz-URL: qmde.de/92203
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Es gibt 8 Kommentare zum Artikel
TV-Fan
03.04.2017 12:53 Uhr 1
Schöne Kritik. Freue mich drauf!



Hier gibt es einige Folgen schon zum Abruf:

https://www.zdf.de/show/clever-abgestaubt
Familie Tschiep
03.04.2017 21:10 Uhr 2
Die Show leidet unter zwei Sachen.



1. - die Quizfragen. Ich frage mich, warum man keine Fragen sucht, die etwas mit dem Thema Trödel und Antiquitäten zu tun haben, so scheinen sie wahllos.

2.- der blasse Baron, der schlecht gecastet erscheint.
P-Joker
03.04.2017 22:50 Uhr 3


Und bei der Schallplatte hat er dann noch haarsträubenden Unsinn erzählt!

Er meinte, später wäre Rod Stewart Mitglied der Small Faces geworden.

Das ist ein alter Mythos, der so aber nicht stimmt!

Als Stewart zur Band stieß, nannten die sich nur noch Faces, und waren fortan lediglich die Begleitband von ihm.



Die Expertin in der 2. Sendung war schon um eine ganze Spur besser.
Fernsehfohlen
03.04.2017 23:11 Uhr 4
Ich habe ja auch zwei Folgen vorab gesehen und mache mir immer während des Sehens Notizen, damit ich beim Schreiben des Artikels möglichst nichts vergesse, was mir zuvor aufgefallen ist. Und einmal fernab vom Inhaltlichen empfand ich den Experten der ersten Sendung auch einfach als sehr hölzern und seine Kommentare bei dem längeren Einspielfilm am Anfang wirkten unheimlich schlecht aufgesagt. Mir hat die zweite Expertin da auch um ein Vielfaches besser gefallen, kam auch natürlicher und sympathischer rüber.




Habe ich mich auch erst gefragt, mir gewissermaßen die Frage aber schon selbst beantwortet mit der "würde ich das sonst schauen"-Denke. Das glaube ich nämlich weniger, weshalb ich davon ausgehe, dass die Allgemeinwissens-Fragen in erster Linie dazu dienen, ein möglichst breites Publikum abzudecken. Sonst wärs vielleicht doch etwas sehr nischig auf die Trödel-Interessenten ausgerichtet.




Danke. :)





Fohlen
Familie Tschiep
04.04.2017 00:23 Uhr 5
Die Fragen müssen nicht wesentlich schwieriger werden, aber sie haben nichts eigenes und reißen mich etwas aus der Atmosphäre. Die Fragen können durchaus einen leicht verschrobenen Humor haben, denn das passt ja auch zum Trödel. Auf die Schnelle fällt mir keine gelungene Frage ein.



Den Preis des Trödels einzuschätzen, kann ja durchaus spannend sein.
Familie Tschiep
04.04.2017 20:37 Uhr 6
Nun, die zweite Expertin, wahrscheinlich eine Raucherin, fand ich zu sehr Generalin Zack-zack.
P-Joker
04.04.2017 21:28 Uhr 7


Wo läge denn für dich das Problem wenn sie wirklich Raucherin wäre?

Und was hat das mit ihrer Art zu tun?

Also mir gefällt ihre Art.

Der dritte Experte gefällt mir mit seiner Art übrigens auch ... :D
Familie Tschiep
05.04.2017 12:06 Uhr 8
Rauchen ist ungesund. Sie war jedenfalls unterhaltsamer als der blasse Baron.
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