Man stelle sich folgendes vor: Man gewinnt einen Wettbewerb. Und wenige Wochen später geben die Veranstalter bekannt, ihre Wettbewerbsregeln zu ändern. Nämlich so, dass ein ähnlicher Sieg nie wieder geschehen kann. Das dürfte weh tun, oder?
Genau dies widerfährt den Dokumentarfilmemachern Ezra Edelman und Caroline Waterlow. Ihre Produktion «O.J.: Made in America» gewann Ende Februar den Oscar für den besten Dokumentarfilm. Und nun änderte die Academy of Motion Picture Arts & Sciences ihre Regeln so, dass unter den neuen Gegebenheiten «O.J.: Made in America» gar nicht erst hätte nominiert werden dürfen.
Konkret hat die Academy zwar nicht gegen die mehr als sechsstündige Doku über den Ex-Sportler O.J. Simpson und seine delikate Beziehung zur US-Justiz geschossen, aber deutlicher können Implikationen nicht werden: In einer Mittelung der Academy heißt es, dass in den Dokukategorien „Mehrteiler und limitierte Reihen nicht weiter berücksichtigt werden“. Zur Erläuterung: Bei «O.J.: Made in America» handelt es sich um eine ESPN-Dokureihe, die auch in die Kinos entlassen wurde – und sich trotz heftiger Kontroverse innerhalb der Filmbranche bis zum Oscarsieg geackert hat. Einmal und nie wieder. Tut weh, aber es ist halt ein Filmpreis, kein TV-Award. Passt also. Oder?
Neben kleineren Änderungen darüber, wie viele Leute in den Sparten "Bester Film" und "Beste Filmmusik" pro Produktion nominiert werden dürfen, gibt es zudem eine beachtliche Erneuerung des Nominierungsprozesses in der Kategorie "Bester Animationsfilm". Bislang waren nur Academy-Mitglieder aus derselben Branche befähigt, ihre Favoriten zu nominieren, sowie interessierte Academy-Mitglieder aus anderen Bereichen der Filmindustrie, die sich explizit bei den Trickexperten um Stimmrecht beworben haben.
Wohl auch daher wurden in den vergangenen Jahren Nischenfilme wie «Die rote Schildkröte» oder «Chico & Rita» nominiert, die Trickkennern ein Begriff sind, der breiteren Masse hingegen nicht. Nun aber beschloss die Academy, die Tricksparte quasi mit der Hauptkategorie gleichzusetzen: Alle Oscar-Abstimmungsberechtigten gleich welcher Subbranche dürfen nominieren. Somit haben größere Filme wieder eine bessere Chance, nominiert zu werden – schlicht, weil sie bekannter sind und somit mehr Leute von sich überzeugen konnten. Eine fragwürdige Entscheidung.
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12.04.2017 11:52 Uhr 1