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Oder etwa nicht? Obwohl «Toni Erdmann» in den vergangenen Monaten auf diversen Filmfestspielen und bei verschiedenen Awardshows mit Nominierungen und Preisen überhäuft wurde, hat Ades Film bei der Preisverleihung der Deutschen Filmakademie nur die drittbesten Karten gezogen: Mit sechs Lola-Nominierungen hinkt «Toni Erdmann» hinter dem siebenfach nominierten, mutigen Drama «Wild» über eine einsame Frau, die sich im Bann eines Wolfes befindet, und dem Historiendrama «Die Blumen von gestern» von Chris Kraus (8 Nennungen) her.
Während «Toni Erdmann» unter anderem als bester Spielfilm vorgeschlagen ist und Chancen hat, für Maren Ades Regieführung und Drehbuch sowie für seine Hauptdarsteller Peter Simonischek und Sandra Hüller prämiert zu werden, sitzt der über 860.000 Kinogänger schwere Film beide Nebendarsteller-Sparten aus. Auch in der Disziplin für die Kameraführung und in mehreren weiteren Handwerkskunstbereichen hat «Toni Erdmann» keine Nennung erhalten, während «Wild» etwa für die Ton- und Bildgestaltung nominiert ist.
Selbstredend muss die Menge der Nominierungen nichts darüber aussagen, ob ein Film die Lola für den besten Film und Trophäen in anderen großen Sparten gewinnt. 2012 wurde «Barbara» acht Mal nominiert und setzte sich in keiner einzigen Kategorie als Gewinner ab, während das sieben Mal nominierte Drama «Halt auf freier Strecke» vier Lolas einsackte – darunter in der Hauptkategorie. Auch im Jahr zuvor ging der Hauptpreis nicht an den meistnominierten Film.
Andererseits bewiesen in jüngerer Vergangenheit der Schneewestern «Das finstere Tal», der Ausnahmefilm «Victoria» und die Vergangenheitsbewältigung «Der Staat gegen Fritz Bauer», dass die Deutsche Filmakademie neuerdings dazu tendiert, der am häufigsten nominierten Produktion später auch einen Erdrutschsieg zu vergönnen. Demnach wäre eigentlich «Die Blumen von gestern» am Zuge. Und so darf sich «Toni Erdmann» bei der Lola-Vergabe mit Blick auf die Vorjahresstatistiken als Underdog fühlen, der einen Überraschungssieg feiert – auch wenn vorab eh nahezu alle Filmfreunde auf den Sieg des Käsereibenliebhabers setzen dürften. Denn als Produktion, die den deutschen Film international zum Gesprächsthema gemacht hat, hat «Toni Erdmann» trotz seines Nominierungsnachteils eine größere Strahlkraft als «Die Blumen von gestern», die innerhalb der Filmakademie nur schwer zu ignorieren ist.
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
28.04.2017 18:23 Uhr 1
Insofern wäre eine Niederlage auch beim Deutschen Filmpreis absolut möglich - trotzdem glaube ich irgendwie, daß Ades Film sich wenigstens hier durchsetzen wird.
29.04.2017 10:24 Uhr 2