Über die LA Screenings
Unter dem Begriff der LA Screenings werden die jährlich in der letzten Maiwoche von US-Produktionsstudios organisierten Veranstaltungen zusammengefasst, in deren Rahmen etwa 1.500 TV-Einkäufer aus über 70 Ländern nach Los Angeles reisen, um die neuen Piloten der Produktionsstudios zu begutachten und diese gegebenenfalls für das eigene Medienhaus einzkaufen.Die TV-Einkäufer müssen dabei Sitzfleisch mitbringen, denn hier werden die vollständigen Piloten aller feilgebotenen Formate präsentiert. Auch bei den Gesandten der großen deutschen Fernsehsender und Mediengruppen war in diesem Jahr also wieder Konstitution gefragt. Während ARD und ZDF aufgrund der Fülle von Eigenproduktionen eher seltener die dargebotenen US-Produktionen erwerben, kommt den LA Screenings bei der Mediengruppe RTL, ProSiebenSat.1 und auch bei Sky Deutschland eine wesentlich höhere Bedeutung zu, bestreiten die Sender dieser Unternehmen ihr Programm doch zu einem großen Teil mit Fremdproduktionen. Quotenmeter.de sprach mit den Chefeinkäufern der drei Medienhäuser über die zurückliegende Woche in Los Angeles.
Die Serien-Trends: Reboots, Heldendramen, Superpower
Was nicht nur die Sender, sondern auch Fernsehliebhaber und Fans interessiert, sind natürlich Trends, die die LA Screenings mit sich brachten, schließlich könnten inhaltliche Prägungen der gezeigten Piloten schon heute bestimmen, was wir morgen im Fernsehen sehen werden. Rüdiger Böss, Chefprogrammeinkäufer der ProSiebenSat.1-Gruppe, fiel in dieser Hinsicht wieder die seit Jahren wachsende Anzahl an Reboots ins Auge, von denen er unter anderem die «Denver-Clan»-Neuauflage «Dynasty», «SWAT» oder «Roseanne» nannte. Herausragend seien für Böss dabei die ersten Blicke auf die Rückkehr von «Will & Grace» gewesen: „Hier wollte man sofort mehr sehen!“, erklärte der Unterföhringer begeistert.
„Ansonsten ist für die US-Serienmacher Patriotismus angesagt: Gleich mehrere Serien beschäftigen sich mit Sonderkommandos und deren heroischen Einsatz in Kriegsgebieten“, schildert Böss, der unterem die CBS-Formate «Seal Team» und «Valor» oder NBCs «The Brave» nennt. Ganz überzeugt zeigt sich Böss noch nicht von dieser Tendenz zum Kriegerischen: „Hier wird man sehen, ob der Zuschauer die wöchentliche Rettung von Geiseln will oder doch eher Eskapismus sucht.“ Mittlerweile brauche man zudem auch Superpower für all die neuen Superhelden-Serien, die in diesem Jahr mit dem quasi-«X-Men»-Ableger «The Gifted» oder «Black Lightning» (Foto) Zuwachs erhielten. „Und es gibt vermehrte Einsätze von Vibratoren in einigen Dramedies...“, fügt der ProSiebenSat.1-Mann augenzwinkernd hinzu. „Aber ich will ja nicht alles verraten.“
Zu ähnlichen Beobachtungen kommen die Sky- und RTL-Verantwortlichen. Für Marcus Ammon, Senior Vice President Film und Entertainment bei Sky Deutschland, stimmte die Mischung. Es habe kein Genre gegeben, das nicht stattgefunden hätte. In Bezug auf „auffällige Stimmungen“ kam Ammon jedoch zu ähnlichen Beobachtungen wie sein ProSiebenSat.1-Pendant. „Zum einen gab es mehr 'Heldendramen' als sonst, Serien, die die starke Nation thematisieren, sei es im militärischen Kampf gegen den Terrorismus im Ausland oder aber beim Schutz der Bürger gegen böse Übeltäter im Inneren“, beschreibt Ammon seine Eindrücke unter Nennung der von Böss ebenfalls vorgebrachten Formate dieser Couleur. Auch Ammons Eindruck würden immer weitere Superkräfte erfunden, „um immer neue unbesiegbare Superhelden gegen das Böse in der Welt losschicken zu können. Und dann gab es meiner Wahrnehmung nach weniger Krimis als sonst, (nicht nur) der Deutschen liebstes Genre...“
Blick in die Wundertüte: Wo wird’s spannend?
Volume & Output-Deals
Einen Lizenzvertrag, der einem nationalen Anbieter gewisse Rechte an allen Produktionen, die in einem bestimmten Zeitraum von einem Filmproduzenten bzw. Studio produziert werden, sichert, nennt man Output Deal. Solche Deals sind mit dem Risiko verbunden, dass man die Ware auch abnehmen muss, wenn die Titel erfolglos sind. Bei Volume Deals werden Verträge über ein bestimmtes finanzielles Gesamtvolumen abgeschlossen, beeinhalten aber nicht alle Produktionen eines bestimmten Zeitraums.Für RTL seinen dennoch Formate wichtig, die eine breite Zielgruppe bedienen und spannende Charaktere hervorbringen. Ein toller Plot sei nach der Ansicht Grafs auch förderlich, „aber ich bin der Überzeugung, dass die Zuschauer ein feines Gespür dafür haben, ob eine Figur in sich glaubwürdig ist und Emotionalität hervorbringt. Dabei ist uns dann meist ein eher kautziger Detektiv, Arzt oder Anwalt lieber als ein um sich schießender Superheld.“
„Natürlich überlegt man, welche Inhalte in die Positionierung der eigenen Sender-Marken am besten passen: wir interessieren uns im Falle unseres Entertainment-Senders Sky 1 für breite, kommerzielle, Mainstream-orientierte Inhalte, für Sky Atlantic suchen wir durchaus komplexere 'Larger-than-Life-Stories'“, unterscheidet Marcus Ammon zwischen den Anforderungen der neuen Produktionen. Für beide Sender gäbe es Ammons Ansicht nach passende Inhalte aus dem diesjährigen Screenings-Jahrgang.
Konkreter wird es bei Rüdiger Böss von ProSiebenSat.1: „Bei uns stehen ganz klar neue Procedurals im Fokus“, erklärt der Einkäufer-Veteran, der nun schon seit 23 Jahren diese Position für ProSiebenSat.1 ausfüllt. Zu den Serien, die punkten konnten, zählt Böss «Deception» (Foto), „eine Serie über einen jungen Illusionisten, der der Polizei bei Ermittlungen hilft“, außerdem kämen das Medical-Drama «The Resident» von FOX und «Instinct» von CBS "mit einem klasse Alan Cummings" zur Sendergruppe. „Sehr gut haben uns auch die beiden NBC Universal-Dramen «The Brave» und «Rise» gefallen“, führt Böss fort. Und dann gäbe es noch «Siren» von Disney: Hier würde man böse Meerjungfrauen in einer Küstenstadt erleben – „durchaus einer neuer Ansatz für den Aquariumliebhaber!“
Lesen Sie auf der nächsten Seite die Aussagen von RTL, Sky & ProSiebenSat.1 über die neuen Anforderungen der deutschen Fernsehsender an US-Produktionen und die sich wandelnde Bedeutung fremder Inhalte.
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30.05.2017 11:13 Uhr 1
30.05.2017 13:11 Uhr 2