Die zweite Staffel endete mit einem weiteren Mord: Rayburns Partner beim Sheriff’s Office (in Personalunion auch der On-Again-Off-Again-Boyfriend von Rayburns Schwester Meg) hat Mord und Vertuschung der vorherigen Season aufgedeckt und gedroht, alles ans Licht – und damit so ziemlich alle Rayburns in den Knast – zu bringen. Im Affekt legte schließlich Johns Bruder Kevin ihn um.
Damit ist der dramaturgische Grundstein für die dritte Staffel gelegt: Auch diese Tat muss vertuscht werden. Die Kosten (ob emotional oder materiell) steigen freilich: Schwester Meg, der schon der Mord an Danny schwer zugesetzt hatte, torkelt mit verheulten Augen und jeder Menge Tequila von Folge zu Folge, bevor sie für einige Zeit einfach verschwindet. Bruder Kevin versucht, trotz einer Schussverletzung auf Morphium zu verzichten, um nicht in die Alkoholsucht zurückzufallen und seinem neugeborenen Sohn ein Vorbild bleiben zu können, während er ordnerweise Zeugenberichte und Gerichtsakten studiert, um bei seiner ausgedachten Geschichte im Zeugenstand nichts falsch zu machen, und immer tiefer in kriminellen Machenschaften versinkt. Bruder John, immer noch im Dienste des Sheriffs, bemüht sich derweil mit gewohnter Stoa darum, dass von seinen Geschwistern niemand im Knast landet, während ihm die Trennung von Frau und Kindern immer schwerer fällt.
- © Netflix/Saeed Adyani
Prost: Chloë Sevigny (l) und Linda Cardellini (r) aus der Serie «Bloodline» von Streaming-Dienst Netflix.
Das inhaltliche Urteil für den jüngsten «Bloodline»-Aufguss aus den schwül-heißen Florida Keys lautet derweil: Man hat sich stets bemüht. Denn von der feinsinnigen tiefenpsychologischen Betrachtung der Rayburn-Familie aus der Premierenstaffel ist man weit entfernt. Die äußere Handlung war damals nicht so wichtig: Es ging um die Gewissensbisse der Figuren, ihre Wankelmütigkeit zwischen Hadern und Entschlossenheit, und das sich daraus entspinnende literarische Thema um Schuld und Sühne. Bereits in der (narrativ völlig unnötigen) Fortsetzung aus dem letzten Jahr war davon nicht mehr viel übrig: Der Plot war kein sorgsam austarierter Stoff mehr, um differenziert falsch verstandene Pflichten, Seilschaften und die höchstpersönliche Schuld der Figuren zu verhandeln, sondern ein stures Abhaken von Wendepunkten und Cliffhangern um der Wendepunkte und Cliffhanger willen. Kurz gesagt: «Bloodline» begann es an künstlerischer, psychologischer Ambition zu fehlen.
In diesem Punkt fügt sich die dritte Staffel nahtlos an – und während zum Auftakt der Serie die intellektuell ausgeklügelte Narrative des Drehbuchs und das starke Spiel der Darsteller eine überadditive Wirkung entfachten, ist «Bloodline» heute klar besser gespielt als geschrieben.
Sicherlich wäre es etwas ungerecht, die neue Season nun mit den zum Großteil inhaltlich völlig unambitionierten Network-Serien um Familienzwiste und Mordintrigen zu vergleichen. Doch denen ist «Bloodline» nun immerhin näher als den feinsinnigen psychologischen Betrachtungen seiner Anfangszeit. Netflix‘ schon im Vorfeld der Premiere der aktuellen Staffel getroffene Entscheidung, die Serie ohnehin einzustellen, war also zumindest unter diesem Gesichtspunkt betrachtet goldrichtig. Sie kommt sogar zwei Jahre zu spät.
Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
01.06.2017 12:08 Uhr 1
Da geht es um 3 Geschwister, die von ihrer verstorbenen Mutter das Hotel übernehmen müssen, wo allerdings schon Sohn Nr.2 mit ihr gearbeitet hat....die 2 Söhne und das Kücken, ihre Schwester, müßen sich zusammen raufen...und, das gibt Spannungen ohne Ende!