Interview

«Girl Cave»: Freundschaft, Geheimnisse & der tägliche Kampf gegen die Ödnis

von

What the funk?!: Wir sprachen mit dem Autorenteam der neuen Funk-Fiction über den Ursprung ihres Formats und den USP ihrer für junge Mädchen ausgelegten Serie.

Funk über «Girl Cave»

Julija ist 16 und lebt im langweiligsten Dorf der Welt. Bis ihre Mutter stirbt. Das Einzige, was sie Julija hinterlassen hat: Ein Buch voller merkwürdiger Lebensratschläge. „Laut sein heißt geil sein!“, „Sei ein Zeichentrickfilm“ oder „Ich ging in die Wälder, denn ich wollte leben!“. Angestachelt von ihren beiden besten Freundinnen Zada und Caro macht sich Julija widerwillig daran, das Buch in die Tat umzusetzen.
Worum geht es in Ihrem Format und wer ist daran beteiligt?
In «Girl Cave» geht es um die 16-jährige Julija, die nach dem Tod ihrer Mutter ein Buch voller merkwürdiger Lebensratschläge erbt. Mit ihren beiden besten Freundinnen Caro und Zada macht sie sich in jeder Folge daran, eine Aufgabe aus dem Buch in die Realität umzusetzen. Zum einen, um der öden Realität ihres Dorflebens auszubrechen – zum anderen, um durch die Grenzüberschreitungen und Lektionen daraus ein Stück erwachsener zu werden.

Beteiligt sind daran Memo Jeftic als Showrunner und ausführender Produzent, Alexandra Schulz, Felix Ließ und Christian Alt als Drehbuchautoren. Außerdem Till Kleinert als Regisseur, der mit seinem Debütfilm «Der Samura» international für sehr viel Aufsehen gesorgt hat. Und natürlich unsere drei Hauptdarstellerinnen Fine Kroke, Maja Lindner und Yasmin Slama, die wir allesamt an Schulen rund um Mainz gecastet haben, sowie Heiko Pinkowski, den man aus so manchem «Tatort», Kinofilm (wie beispielsweise dem tollen «Alki Alki») oder Serien kennt.

Wie kam die Idee zum Format zustande?
Memo Jeftic (Showrunner): Als 2010 mein Vater an Krebs erkrankt ist, bin ich für etwa ein Jahr in den Ort zurückgekehrt, in dem ich meine Jugendzeit verbracht habe. Dieser Ort ist Nieder-Olm in der Nähe von Mainz, wo auch die Dreharbeiten stattgefunden haben. In dieser Zeit erinnert man sich natürlich an früher und was die Jugendzeit in so einem verschlafenen Nest ausgemacht hat. Als mein Vater 2011 starb, kam das alles irgendwie in dem Stoff auf magische Art und Weise zusammen. Dann lag es fünf Jahre lang in der Schublade und als funk eine öffentliche Ausschreibung hatte, haben Felix Ließ und ich uns zusammengesetzt und es gemeinsam ausgearbeitet. Am Ende wollten wir einfach eine coole Serie für Teenager machen, die nicht jedes Wochenende 48 Stunden Party in Berliner Lofts ohne Hausnummer machen.

Interviewreihe 'What the funk?!'

Die Interviewreihe "What the funk?!" von Quotenmeter.de befasst sich alle zwei Wochen mit der öffentlich-rechtlichen Internetplattform funk. Welche Formate sind bei funk abrufbar? Wer steckt dahinter? Und wie arbeitet es sich eigentlich beim neuen Angebot? Die Teams der funk-Formate beantworten je einen Katalog aus standardisierten und individuellen Fragen.
Warum gehört das Format zu FUNK und zur Zielgruppe, die FUNK ansprechen will?
Memo Jeftic: Wir sind mit der Serie viele Risiken eingegangen. Wir haben sie nicht mit Influencern besetzt, sondern an Schulen gecastet. Sie ist nicht durchgehend auf Feuerwerk ausgerichtet, sondern handelt auch von den stilleren Momenten, die man mit 16 nur allzu gut kennt. Sie lässt sich also auch mal Zeit und erzählt eigentlich recht klassisch. Das ist eigentlich ein Graus für alle werbetreibenden Plattformen wie YouTube, die auf sehr hohe Zuschauerbindung angewiesen sind. Dadurch, dass funk zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk gehört, darf man sich davon befreien. Diese Chance hat uns funk gegeben und wir haben sie genutzt. Und die Zielgruppe passt gut zum Inhalt.

Welche Vorteile bietet Ihnen persönlich die Plattform FUNK und wie unterscheidet sich die Arbeit mit FUNK von Ihrer bisherigen Arbeit?
Die Vorteile von funk sind, dass wir mit variablen Längen arbeiten können, da die Serie nicht in einen Sendefluss programmiert werden muss.
Showrunner Memo Jeftic
Memo Jeftic: Zuallererst muss man sagen: Dreharbeiten sind Dreharbeiten. Ganz egal ob für funk, das ZDF oder einen unabhängigen Kinofilm. Das sind Arbeitsprozesse, die unverändert bleiben. Die Vorteile von funk sind, dass wir mit variablen Längen arbeiten können, da die Serie nicht in einen Sendefluss programmiert werden muss. Das ist schon sehr cool, wenn eine Episode mal zehn und eine andere 16 Minuten lang sein kann. Ebenso das Spiel mit Tonalitäten. Da kann mal eine Folge ruhig trauriger sein als eine farbenfrohe zuvor. Das ist in US-amerikanischen Serien schon Gang und Gäbe und kommt hier langsam auch mal an.

Wo sehen Sie das Format inhaltlich in einem Jahr?
Memo Jeftic: Unser Traum wären insgesamt 5 Staffeln: Julija, Caro und Zada werden älter. Kommen in die Oberstufe. Es tun sich neue Konflikte auf. Es entsteht mehr Druck. Dann 15 Jahre Pause machen. Und Staffel 6. Aber erstmal konzentrieren wir uns auf Staffel 1!

«Girl Cave» wird als fiktionales Format für junge Mädchen beschrieben. Welche Themen werden in der Serie behandelt, die junge Mädchen ansprechen?
Felix Ließ (Drehbuchautor): Freundschaft, Snacks, Geheimnisse und der tägliche Kampf gegen die Ödnis.

Alexandra Schulz (Drehbuchautorin): «Girl Cave» dreht sich um drei Mädchen, die alle auf ihre Art Außenseiterinnen sind - aber sich zusammen ihre eigenen Welten machen, weil Freundinnen nun mal das Beste sind. Sie haben zwar Schul-, Eltern- und anderen Frust, aber sie haben auch Fandom und Musik und Cosplay und Cartoons und einander. Vor allem einander. Ich glaube, dass viele Mädchen was von sich in Julija, Caro und Zada entdecken werden.

Das große Thema von «Girl Cave» ist das Anderssein, das Sich-anders-Fühlen.
Drehbuchautor Christian Alt
Christian Alt (Drehbuchautor): Das große Thema von «Girl Cave» ist das Anderssein, das Sich-anders-Fühlen. Die Mädchen gehen in den Wald auf Selbstsuche oder suchen ihre Peer Group auf einer Anime-Convention. Das Anderssein ist aber ein Gefühl, das nicht nur Mädchen haben. Deshalb ist «Girl Cave» eine Serie für Mädchen und ihre Brüder, die heimlich mitgucken.

Ganz und gar jugendfrei klingt die Serie dennoch nicht. Unter anderem ist von „magischen Cupcakes“ die Rede. Zudem wirkt der Ton des Formats auf den ersten Eindruck recht melancholisch. Welchen USP hat „Girl Cave“ inhaltlich gegenüber anderen Serien für junge Menschen?
Felix Ließ (Drehbuchautor): Wir sind alle der Meinung, dass Jugend nicht in einem antiseptischen Schutzraum stattfindet. Es passieren viele lustige Dinge, aber auch viele blöde und geradeheraus seltsame Dinge. Stattdessen werden aber in den meisten uns bekannten Formaten genau diese Eigenschaften des Heranwachsens ignoriert. Fast immer, weil man es sich einfacher machen oder jemandem etwas beibringen will. Dadurch weicht man aber allen interessanten Dingen aus, die diese Zeit so faszinierend machen.

Die Serie hat ihre melancholischen Momente, aber auch viele sehr lustige, weil diese Dinge eben auch im wahren Leben gerne aufeinanderprallen.
Drehbuchautorin Alexandra Schulz
Alexandra Schulz (Drehbuchautorin): Haha, der Vorfall mit den „magischen Cupcakes“ gehört zu Julijas Weg einfach dazu - auf eine Art, die ich hier noch nicht vorwegnehmen will, weil es sehr viel Spaß macht, es selbst zu sehen.
Die Serie hat ihre melancholischen Momente, aber auch viele sehr lustige, weil diese Dinge eben auch im wahren Leben gerne aufeinanderprallen. Und ehrlich gesagt werden doch die lustigen Momente durch die traurigen erst so richtig komisch.

Christian Alt (Drehbuchautor): Wir wollten die Serie machen, die wir gern geguckt hätten, als wir selbst jung waren: lustig, nerdy, gespickt mit popkulturellen Referenzen. Gleichzeitig wollen wir das Erwachsenwerden auch nicht verharmlosen. Das ist hart, aufregend und manchmal auch melancholisch. Jugendliche haben das Recht, mit ihren Gefühlen ernstgenommen zu werden. Das haben wir versucht.

Inwiefern passt «Girl Cave» zur Produktionsfirma Memofilm?
Memo Jeftic: Wir haben da kein Dogma. Außer: Mach, was du dir selbst anschauen würdest.

Für «Girl Cave» konnten Sie internationale Künstlerinnen gewinnen, die die acht Episoden mit Comics und Illustrationen begleiten. Nach welcher Art von Künstlerinnen haben Sie im Zuge des Formats Ausschau gehalten, wie fügen sich die Werke in die Serie ein und welchen Zweck erfüllen sie inhaltlich?

Memo Jeftic: Die Künstlerinnen wurden von uns hauptsächlich über Tumblr und Instagram gesucht. Für die Illustrationen haben wir international Ausschau gehalten und geguckt, was uns visuell gefällt. Für die Auswahl der Comicautorinnen war Michèle Fahl zuständig. Die Comics erweitern die Geschichte, werfen vielleicht einen anderen Blick auf eine Episode oder führen sie fort. Wir haben uns dabei nicht groß was gedacht oder eine komplexe Social Media Marketing-Strategie entworfen. Wir mögen Comics und wir mögen Illustrationen und dachten uns „Hey, der und der Stil würde doch super passen.“

Vielen Dank für das Interview!

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