Er war in den vergangenen Jahren der Hit-Lieferant erfolgreicher Comedyserien, zuletzt von «Mike & Molly» und von «Mom». Dass es in letzter Zeit kaum populäre Neustarts im Genre gab, ist auch auf ihn zurückzuführen – seine jüngste Show, «Mom», startete bereits 2013. Sein Name ist somit eine Antwort auf die Frage, warum neue Comedy-Hits im amerikanischen Networkfernsehen derzeit rar gesät sind. Der erfolgreichste Start in der vergangenen Season war «Kevin Can Wait», die neue Serie von «King of Queens»-Star Kevin James. Im Frühjahr ging dem Format aber ebenfalls die Puste aus; es verlor zahlreiche Zuschauer. Hinter den Kulissen gab es Probleme: Showrunner wurden ausgetauscht und an der kreativen Ausrichtung geschraubt. Das führte sogar soweit, dass die Hauptdarstellerin des Formats Erinn Hayes (Kevins Ehefrau in der Serie) in Staffel zwei nicht zurückkehrt. Ihre Nachfolgerin ist eine alte Bekannte: Leah Remini, damals Carrie Haffernan in «King of Queens». Ein inhaltlicher, ein qualitativer Sitcom-Erfolg sieht ganz anders aus. Und rein quotentechnisch lief es nur richtig gut, solange die Serie hinter «The Big Bang Theory» lief.
Das Comedy-Genre wird von alten Erfolgen dominiert, vor allem immer noch von besagtem «The Big Bang Theory», von den «Simpsons» und «Modern Family», danach den etwas jüngeren Vertretern «The Goldbergs» und «black-ish». Auch diese beiden Formate sind bereits vier bzw. drei Staffeln alt. Vor allem aber geht es auch um die gefühlte Abstinenz eines richtig großen neuen Hits, des langjährigen Straßenfegers, über den man als Quotenphänomen spricht. Seit 2009, seit dem Start von «Modern Family», hat es ein solches Phänomen im Comedy-Genre nicht mehr gegeben. Erfolge gibt es selbstredend – aber es fehlen die Mega-Erfolge wie aus früheren Zeiten.
Natürlich hat dies auch mit dem veränderten Fernsehkonsum zusammen, mit Netflix und YouTube, mit anderen Angeboten für den Zuschauer, gerade wenn es um leichte und einfache Unterhaltung geht. Generell wird es für die klassischen TV-Sender immer schwieriger, neue große Hits zu landen. Dass dies aber grundsätzlich möglich ist, zeigen die Superstars im Drama-Bereich: Zumindest ein halbes Jahr lang war «Empire» das große Gesprächsthema in den USA, ein klassisches Quotenphänomen. Zuletzt konnte diesen Titel auch der Neustart «This Is Us» für sich beanspruchen, der zum Ende seiner ersten Season rund 13 Millionen Zuschauer begeisterte. Keine Comedyserie, außer «The Big Bang Theory», erreicht solche Werte auch nur annähernd, selbst «Modern Family» bei weitem nicht mehr.
Chuck Lorre und Co.: Diese Stars sind jetzt bei Netflix und Amazon
Veränderte Sehgewohnheiten, andere Unterhaltungsangebote – und viele TV-Macher, die zu genau diesen neuen Angeboten wechseln: Auch das ist ein möglicher Grund für den fehlenden neuen Comedy-Megahit. Bleiben wir bei Chuck Lorre: Seine neueste Serie «Disjointed» produziert er für den Streaming-Abieter Amazon, sie wird im August veröffentlicht. Vom klassischen Network-Fernsehen hat er sich trotzdem nicht verabschiedet: Mit «Young Sheldon», dem Spin-Off von «The Big Bang Theory», bringt er auch wieder eine Idee bei seinem alten Heimatsender CBS unter. Sollte die Serie qualitativ nicht völlig versagen, steht hier der nächste große Erfolg ins Haus. Mit dem Potenzial, ein Straßenfeger zu werden. Endlich mal wieder.
Lorre ist nicht der einzige Comedy-Hitlieferant, der außerhalb Mainstream-Business arbeitet. Viele Macher der erfolgreichsten Genre-Vertreter sind gewechselt, auch einer der wichtigsten Männer hinter den Kulissen von Chuck Lorres «Two and a Half Men»: Don Ray, später Showrunner der Sitcom, ist mit seiner Serie «The Ranch» bei Netflix gelandet – und hat Hauptdarsteller Ashton Kutcher gleich mitgebracht. Zum Streamer wechselte auch Tina Fey, die Erfinderin und Produzentin von «30 Rock», einer der angesehensten Comedys der 2000er. Sie ging mit ihrer Sitcom-Idee «Unbreakable Kimmy Schmidt» zu Netflix, wo das Format in der mittlerweile dritten Staffel läuft. Kay Cannon, eine der Co-Produzentinnen von «30 Rock» und «New Girl», startete ihr neues Projekt «Girlboss» ebenfalls exklusiv bei Netflix. Ein weiterer Produzent von Kult-Formaten hat es den Frauen gleichgetan: Mitchell Hurwitz, Macher von «Arrested Development» und zuvor «The Ellen Show». Er arbeitet heute für die Serien «Flaked» mit Will Arnett und «Lady Dynamite». Mike Royce, den ausführenden Produzenten von «Alle lieben Raymond», einer der erfolgreichsten Sitcoms Anfang der 2000er, ist heute verantwortlich für die Netflix-Sitcom «One Day at a Time».
Zur Zeit von «Alle lieben Raymond» Zeit gehörte auch «Friends» zu den Quotenhits im Fernsehen. Dessen Erfindern und Produzenten probieren sich ebenfalls nicht mehr an neuen Stoffen fürs Mainstream-Fernsehen: David Crane ist Macher der Showtime-Serie «Episodes», Marta Kauffman zeichnet verantwortlich für die Netflix-Comedy «Grace and Frankie». Dass sich manche einstigen Hitlieferanten aus dem Business mehr oder weniger ganz verabschiedet haben, zeigen beispielsweise die Macher von «How I Met Your Mother» Carter Bays und Craig Thomas. Nach der Ablehnung ihres Spin-Off-Piloten «How I Met Your Dad» haben sie nicht mehr für das Fernsehen gearbeitet. Mancher hat aber auch einfach kein Gespür für Hits mehr: Greg Danies («The Office», «Parks and Recreation») hatte mehrere Pilotprojekte, von denen es aber keines mehr auf den Sender schaffte. Bill Lawrence, Erfinder von «Scrubs» und «Cougar Town», konnte ebenfalls seit Jahren keine erfolgreiche Comedy-Idee mehr platzieren. Dass es auch anders geht, zeigt beispielsweise Christopher Lloyd: Zuvor langjähriger ausführender Produzent bei «Frasier», machte er «Modern Family» zum letzten riesigen Comedy-Erfolg im klassischen US-Fernsehen.
Wer also schreibt den nächsten großen Hit? Fest steht, dass sich der Kreis der kreativen Köpfe im komödiantischen Business verändert und dass viele einstige Macher zu den Streamern verabschiedet haben. Dort können sie ihre Ideen mit größeren Freiheiten und unabhängig vom Quotendruck umsetzen. Bleibt also die Hoffnung auf neue, heute eher unbekannte Gesichter, die das Genre erobern. Und auf einem großen Namen: Chuck Lorre. Sein «Young Sheldon» startet am 25. September 2017.
Es gibt 8 Kommentare zum Artikel
08.06.2017 19:02 Uhr 1
08.06.2017 19:54 Uhr 2
Diese Kürzerei haben viele Produzenten in den letzten immer wieder kritisiert und mit dem Abwandern richtig Pay-TV und Streamer gedroht. Bis auf die erste Staffel 'Fringe', die 55 Minuten hatte, ging es immer nur in die andere Richtung. Dass das dann viele Produzenten und Drehbuchautoren nicht mehr mit machen wollen, um im Stakkato zwischen Werbeinseln irgendwie in der immer knapper werdenden Zeit ihre Geschichte zu erzählen, ist mehr als verständlich.
08.06.2017 21:39 Uhr 3
Ich hab das Gefühl, dass momentan einfach nicht so die Nachfrage danach ist. Zur Zeit wollen die Leute 'kompliziertere', lang angelegte Storys mit ausgeprägten Charakteren (Breaking Bad etc.). Irgendwann wird das auch wieder vergehen, wenn es den Leuten zu blöd is über 10 Folgen diverse handlungsstränge anzureißen um dann alles relevante im Staffelfinale zu erklären, natürlich mit Cliff-hanger zur nächsten Staffel (natürlich etwas überspitzt).
darüber hinaus sind die Sitcom schreiber unfassbar unkreativ und da kann ich chuck lorres Produktionen nicht rausnehmen. ich schau zur zeit mal wieder "Friends" durch und es ist schon unglaublich wie viele Storylines quasi identisch sind zu aktuellen Folgen von bspw. TBBT, TAHM, HIMYM.. So kommt z. B. in jeder dieser Serien eine Folge vor wo eine der Hauptpersonen jemanden sagt "Ich liebe dich" und der gegenüber sagt "Danke" - buhu, drama.
09.06.2017 00:51 Uhr 4
09.06.2017 02:05 Uhr 5
09.06.2017 09:36 Uhr 6
Da wird immer zwischen Netflix und CBS/Sendern gewechselt.
Da werden Buzzwordnamen erwähnt und irgendwelche Serien, aber wie es so schön heißt: Butter bei die Fische. Da kam nichts.
Die Überschrift: Sitcomflaute. Aha.
Damit ist also die Quantität gemeint, oder doch die Qualität?
mmH, die Kreativen laufen weg. Also gibt es höllisch viele neue Serien bei Amazon/Netflix etc? Dann ist es keine Sitcomflaute, sondern Sitcomflaute auf nicht-Internet-SENDERN_.
Gibt es in den Streamingdiensten auch nur wenig neue Serien? Dann stimmt das Wort Flaute. Warum aber muß dann das Abwandern irgendwelcher Namen erwähnt werden.
Die haben dann wohl wegen des Geldes gewechselt und machen dann bei Netflix den selben Käse weiter (wie bisher), was man schon daran sieht, das ständig irgendwelche Comedys mit zwei kombinierten Vornamen erscheinen.
Oder bezieht sich "Flaute" nur auf die Zuschauerzahlen?
Die sind aber bei Netflix gar nicht richtig nachprüfbar.
09.06.2017 10:19 Uhr 7
Liegt vielleicht daran, dass man die Transformation von klassischem TV zu VOD nicht so recht einordnen will? Ist das jetzt gut oder schlecht. Gut ist es für die Zuschauer, schlecht ist es für die klassischen (privaten) TV Sender, die teilweise geradezu angewiesen sind auf erfolgreiche Sitcoms in der Dauerrotation.
Ob man von einer Sitcom Flaute sprechen kann weiß ich nicht. Dass es aber nach so erflogreichen Formaten wie TBBT und TAAHM erst mal bergab geht und man nicht immer noch einen oben drauf setzen kann ist auch klar.
Die nächste erfolgreiche Sitcom wird schon irgendwann irgendwo auftauchen. Ob es dann noch private Free-TV Sender gibt, die damit ihr Nachmittagsprogramm gestalten können ist eine andere Frage.
09.06.2017 12:01 Uhr 8
Was natürlich in gewisser Weise stimmt ist die Frage nach dem nächsten großen Hit, aber das trifft mehr oder weniger auf die gesamte Genre-Palette zu. Die TV-Networks haben seit gut 3-4 Jahren mit erheblichen Zuschauerrückgängen zu kämpfen und durch die immer größer werdende Vielfalt an Programmen, verteilen sich die Zuschauer dann noch zusätzlich mehr als früher. Das sind keine guten Voraussetzungen um wirklich große Erfolge feiern zu können. Ab und an ist mal ein Ausreiser dabei, aber die Wahrscheinlichkeit ist deutlich geringer als früher.
Aber solange es eben dennoch gute Formate gibt, sehe ich kein Problem für den Konsumenten. Denn dem kann es egal sein, ob er da nun einen Hit schaut oder eben einer von wenigen Zuschauern ist, Hauptsache das was man sieht gefällt einem.