Sonntagsfragen

Autorenduo Stefan Holtz & Florian Iwersen: 'Wir müssen uns das Honorar teilen'

von

Die Autoren sprechen über ihre besondere «Unter Verdacht»-Doppelfolge sowie über die Vor- und Nachteile, als Duo fürs deutsche Fernsehen zu schreiben.

Filmografie (Auswahl)

  • «Erntedank – Ein Allgäukrimi»
  • «Milchgeld. Ein Kluftingerkrimi»
  • «Donna Leon – Tierische Profite»
  • «Donna Leon – Das goldene Ei»
  • «Schutzpatron. Ein Kluftingerkrimi»
Wie kam es dazu, dass Ihr nicht irgendeine «Unter Verdacht»-Folge geschrieben habt, sondern die erste Doppelfolge der Reihe?
Stefan Holtz: Senta Berger trug seit einiger Zeit den Gedanken mit sich herum, aufzuhören. Während des Schreibprozesses haben sich Senta Berger, der Produzent und die Redaktion darauf geeinigt die Reihe erst bei der runden Zahl 30 zu beenden, aber unser Zweiteiler-Entwurf kam so gut an, dass man an ihm festhielt.
Florian Iwersen: Wir wollten Senta Berger mit Blick auf ein sich abzeichnendes Ende der Reihe eine ganz persönliche Geschichte geben und zeigen, wie ihre Rolle einen Schlaganfall verarbeitet. Wir waren umso erleichterter, als es hieß, dass diese Story ein Zweiteiler bleibt, selbst wenn sie nicht mehr das Ende markiert. Denn nach unserer Erfahrung wird normalerweise bei Krimis zuallererst der private Subplot um die Hauptfigur zusammengestutzt – sowohl in der Drehbuchphase als auch im Schnitt. Hier konnten wir nun endlich einmal alles stehen lassen, was wir erzählen wollten.

In welcher Reihenfolge nahm die Geschichte ihre Form an? Stand zuerst der gebührende (Nun-dann-doch-nicht-)Abschied von Senta Berger, bevor der Kriminalplot dazu erfunden wurde?
Stefan Holtz: Das ging eigentlich Hand in Hand. Es musste einfach diese sehr persönliche Geschichte werden und genauso stand für uns aufgrund der aktuellen politischen Entwicklungen fest, dass wir von den Folgen eines Anschlags erzählen wollen. «Unter Verdacht» war immer ein sehr politisches und aktuelles Format. Als wir dachten, die Reihe wird enden, stand außer Frage, dass wir über die Angst vor dem Terror, dem Rechtsruck und die Auswirkungen solcher Ereignisse schreiben wollen.

Wir wurden während des Schreibens von der Wirklichkeit überholt. Wir haben vor etwas mehr als zwei Jahren mit dem Drehbuchschreiben angefangen. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keinen Anschlag mit Todesopfern auf deutschem Boden.
Florian Iwersen
Wie sah das Zeitfenster dahingehend aus? Ist diese «Unter Verdacht»-Doppelfolge eher ein Fall von "Die Realität holt die Kunst ein" oder ein Beispiel dafür, wie Ihr als Drehbuchautoren auf die Wirklichkeit reagieren müsst?
Florian Iwersen: Leider stimmt ersteres – wir wurden während des Schreibens von der Wirklichkeit überholt. Wir haben vor etwas mehr als zwei Jahren mit dem Drehbuchschreiben angefangen. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keinen Anschlag mit Todesopfern auf deutschem Boden.
Stefan Holtz: Der Gedanke von uns war damals nicht, dass wir Schlagzeilen verarbeiten wollen, sondern eher einen Ausblick zu wagen: Welche Folgen könnte ein Anschlag bei uns haben? Während des Drehs kam es dann zum Grauen im Bataclan-Theater in Paris. Das war beängstigend, wie sehr uns die Wirklichkeit eingeholt hat – es geschah einen Tag, bevor unsere Moscheeszene gedreht wurde.

Gab es den Gedanken, die Folge umschreiben zu müssen?
Florian Iwersen: Nein. Weil unsere Geschichte sich im Kern ja nicht um den Anschlag dreht, sondern dreizehn Monate danach spielt und die Folgen thematisiert. Damit ist der Fall zwar brandaktuell und hochpolitisch, aber nicht effekthascherisch.
Stefan Holtz: Uns ging es nicht um den Thrill einer solchen Geschichte, sondern darum, den Blick dafür zu schärfen, wie solche Geschehnisse das politische Bewusstsein verändern.

Wir sind seit zehn Jahren ein Team und teilen uns ein Büro, wo wir uns täglich treffen. Wir wissen zwar schon über die Stärken des jeweils Anderen, aber der Schreibprozess läuft komplett gemeinschaftlich ab. Wir schreiben die Dialoge gemeinsam, wir plotten gemeinsam, wir überarbeiten gemeinsam. Es lässt sich bei uns im Nachhinein nicht mehr herausfiltern, wer was geschrieben hat.
Stefan Holtz
Wie läuft euer Schreibprozess generell ab? Gibt es "Zuständigkeiten"?
Stefan Holtz: Wir sind seit zehn Jahren ein Team und teilen uns ein Büro, wo wir uns täglich treffen. Wir wissen zwar schon über die Stärken des jeweils Anderen, aber der Schreibprozess läuft komplett gemeinschaftlich ab. Wir schreiben die Dialoge gemeinsam, wir plotten gemeinsam, wir überarbeiten gemeinsam. Es lässt sich bei uns im Nachhinein nicht mehr herausfiltern, wer was geschrieben hat.

Wie gehen Studios, Produzenten und Sender mit festen Autorenteams um?
Florian Iwersen: Für die ist das immer ein besonderes Zuckerschlecken. Denn die bekommen zwei Autoren zum Preis von einem. Wir müssen uns das Honorar teilen, und die bekommen ein intensiver überarbeitetes Skript dafür. Denn die erste Fassung, die sie erhalten, ist eigentlich schon unsere dritte – weil sie so oft zwischen uns hin und her gegangen ist.

Zu zweit zu arbeiten ist also aus wirtschaftlicher Sicht ein Nachteil …
Florian Iwersen: Einer, den wir aber sehr gerne in Kauf nehmen. Jemanden zu finden, mit dem man sehr gerne und erfolgreich zusammenarbeitet, macht diesen Job auf Dauer einfach viel angenehmer und ergiebiger.

«Unter Verdacht – Verlorene Sicherheit» ist am 17. Juni 2017 ab 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/93657
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