Die «Transformers»-Filme in Deutschland
- Teil 1, 2007: 1,51 Mio. Besucher
- Teil 2, 2009: 1,91 Mio. Besucher
- Teil 3, 2011: 2,58 Mio. Besucher
- Teil 4, 2014: 2,51 Mio. Besucher
«Transformers», das letzte statische Franchise Hollywoods?
Der Gedanke hinter einem Filmfranchise ist eigentlich ein sehr simpler und gestrenger: "Was der Bauer nicht kennt, dafür löst er keine Kinokarte." Statt 200 Millionen Dollar aufwärts für zehn kleine Produktionen ohne einen bereits etablierten Aufhänger, wie eine berühmte Comicfigur oder das Konzept einer 90er-Fernsehserie, auszugeben, investieren Studios und Produzenten lieber in einen Riesenfilm mit eingebautem Publikumslockmittel.
Doch da seit Jahren ein großer Anteil des jährlichen Outputs der wichtigsten Hollywood-Unternehmen aus Franchisematerial besteht, drohen Ermüdungserscheinungen. Also können Franchises eben doch nicht nach dem McDonald's-Prinzip "Du weißt, was du kriegst" operieren. Daher erfinden sie sich regelmäßig neu. Das "Marvel Cinematic Universe" fing eher kleinschrittig an, nun chargiert es zwischen schrägen Weltraum-Abenteuerkomödien, politisch motivierter Heldenklopperei, einem dritten «Thor»-Film, der so aussieht, als könnte er genauso gut "80er-Jahre-Metal-Albumcover – Der Film" heißen und okkult angehauchter Fantasy. Konkurrent DC erfand vor wenigen Jahren den gutmütigen Superman als eher Pessimismus weckenden, dramatischen «Man of Steel» neu und lud 2016 zu einem grimmen «Batman v Superman» sowie zu einem Schurken-Crossover, nur um dieses Jahr mit «Wonder Woman» einen überaus idealistischen Film rauszubringen und somit eine 180°-Drehung hinzulegen. Und die «Fast & Furious»-Reihe hat sich tonal sowie hinsichtlich ihres Bombastes so oft neu erfunden, dass sie in fernen Jahrzehnten Filmhistorikern gewiss amüsiert-erstauntes Kopfkratzen entlocken wird.
Die «Transformers»-Reihe blieb sich seit 2007 dagegen zu großen Stücken treu. Alle Filme weisen eine ähnliche Klang- und Bildästhetik auf – sie alle schreien nach den Markenzeichen ihres Regisseurs, dem Krachbummmaestro Michael Bay, der mit aufgedrehten Farbkontrasten, schnellen Schnitten, lauter Musik und dem gezielt-massiven Einsatz von Kameraschwenks sowie Aufnahmen aus der Froschperspektive seinen Werken intensiv den Stempel "epochal" aufdrückt. Sie alle haben, entgegen der Rasanz ihrer Actionszenen, Überlänge. Stets kämpfen Menschen und Autobots (also Alienroboter, die sich als Maschinen tarnen können) gegen die bösen Decepticons (also Alienroboter, die sich als Maschinen tarnen können). Die menschlichen Hauptfiguren mögen gewechselt haben, jedoch war es nie so, als hätten sie im narrativen Fokus gestanden – sie sind stets ein erzählerisches Mittel zum Zweck.
Unterschiede gibt es dennoch, allerdings geht Bay beim Verändern der «Transformers»-Rezeptur so behutsam vor, dass er wohl kaum Fans verstoßen oder Hater überzeugen dürfte – dafür ist seine Herangehensweise dann doch zu eingefahren. Das ist wahlweise Standfestigkeit oder Starrsinn. Oder etwa doch nicht ..?
Michael Bay, der Wahnsinnige
Filmfacts «Transformers – The Last Knight»
- Regie: Michael Bay
- Produktion: Don Murphy, Tom DeSanto, Lorenzo di Bonaventura, Ian Bryce
- Drehbuch: Art Marcum, Matt Holloway, Ken Nolan
- Story: Akiva Goldsman, Art Marcum, Matt Holloway, Ken Nolan
- Darsteller: Mark Wahlberg, Josh Duhamel, Stanley Tucci, Anthony Hopkins
- Musik: Steve Jablonsky
- Kamera: Jonathan Sela
- Schnitt: Roger Barton, Adam Gerstel, Debra Neil-Fisher, John Refoua, Mark Sanger, Calvin Wimmer
- Laufzeit: 149 Minuten
- FSK: ab 12 Jahren
Bays Trend, sich mehr und mehr auf seinen Stil und sein "Mir kann keiner was!"-Bauchgefühl zu verlassen, setzt sich innerhalb der «Transformers»-Saga ebenso fort. Die Shia-LaBeouf-Trilogie war allem Actionchaos zum Trotz noch stärker von ihren (Pseudo-)Plots gesteuert. Selbst wenn der zweite Teil dank seiner Entstehung während des Autorenstreiks derart zerfasert erzählt wird, dass die Story nicht gerade kohärent ist, und das Trilogiefinale einen derart langen Schlusskampf aufweist, dass er mit etwas Abstand deutlich plotärmer wirkt, als er sich während der eigentlichen Sichtung präsentiert.
Die Fortsetzungen zu dieser ersten Trilogie sind dagegen eher aus dem Holz "Worauf hat Michael Bay denn heute Lust?" geschnitzt (sofern Michael Bay überhaupt schnitzt und nicht gleich sprengt …). Für das Gelegenheitspublikum sollte dies nur in den allerwenigsten Fällen einen Unterschied machen. Aber es ist für all jene entscheidend, die zwar im Allgemeinen Michael Bays Œuvre mögen, im Speziellen dagegen nichts mit den ersten drei «Transformers»-Filmen anzufangen wissen. «Transformers – Ära des Untergangs» entschlackte die Filmreihe im vierten Anlauf enorm von ihrem erzählerischen Ballast und ging den dynamischsten Weg, den ein reines Effektgewitter gehen kann: "Das sind unsere Helden, das sind die Schurken. Oh, flieht, liebe Helden, die Schurken verfolgen euch! Action pur! Oh, dies hier ist eine dubiose Figur, die gerade unwissend Böses tut. Lacht! Action pur! Ah, einer der Bösen hat zwei Helden entführt. Action pur! Ui, die Helden sind wieder vereint, aber die Bösen drohen nun mit dem Untergang der Welt. Helden, vereint euch mit der dubiosen Witzfigur. Action pur! Ende!"
«Transformers – Ära des Untergangs» ist der filmgewordene Traum von Michael Bay, dem jungen Filmstudenten. Bay fand seinen eigenen Pfad als Regisseur, nachdem er «West Side Story» eingehend studierte, weil er vom Farbrausch und der unwirklichen inneren Logik des Musicals so begeistert war – und der vierte «Transformers» ist die späte Antwort darauf. Die Naturgesetze unterwerfen sich der Emotion, die gerade vorherrscht. Und die Emotion auf der Leinwand generiert sich aus der Choreografie, die Bay beim gerade abgefeuerten Unterkapitel des gezeigten Actionfeuerwerks genehm ist. Explosionen, Prügeleien und Schießereien statt Gesang, Tanz und Jazzhands. Hauptsache vital und intensiv!
Teil fünf, «Transformers – The Last Knight», ist das Ergänzungsstück zum Actionfilm gewordenen Musical über Normalsterbliche, die Alienrobotern bei ihrem Kampf gegen ihre Feinde helfen. Er macht eine andere Seite des Regisseurs greifbar. Es ist die filmgewordene Manifestation von Michael Bay, dem gigantomanischen Verrückten mit exzentrischem Geschmack und mainstreamtauglichem Ästhetikempfinden. Das von Art Marcum, Matt Holloway und verfasste Ken Nolan Science-Fantasy-Zerstörungsepos ist trotz seiner schlankeren Laufzeit nicht einmal im Ansatz so drahtig erzählt wie sein Vorgänger. Die mit maskuliner Eleganz orchestrierte Destruktionsorgie weicht dem Duktus einer alkoholisierten "Was mir auch noch einfällt!"-Anekdotensammlung – voller Explosionen.
«Transformers – The Last Knight» ist für die «Transformers»-Allergiker unter den Bay-Enthusiasten daher noch immer ein exzentrischeres Vergnügen als die Original-Trilogie, während all jenen, die streng an die Regeldramaturgie nach Aristoteles, Opitz oder Freytag glauben, ein Gehirnaneurysma droht.
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