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Wie die Feilbietenden ihren Gegenstand vorstellen, ist ihnen überlassen – nüchternes Verhandeln, exzentrischer Performancepitch oder tolldreistes Überwertverkaufen? Zumindest in der Auftaktfolge verzichtet die Produktion aus dem Hause Bavaria Entertainment, glücklicherweise auf Fremdscham-Momente, in denen kamerageile Querköpfe ein absolutes Nichts losschlagen und sich selber in Szene schmeißen wollen. Dafür wird schon gleich im Showauftakt die Bandbreite der Gegenstände deutlich, um die gefeilscht wird: Industriedesigner Marcel Struck, Gewandmeisterin Alexandra Brandner, Trödelprofi Boris Schnitzler sowie Entertainer und Antiquitätenhändler Linus alias Michael Büttgen bekommen unter anderem einen abgenutzten Springbock, einen alten Schiebewagen der Deutschen Post und ein selbstgebauter Arcade-Automat angeboten.
Trotz dieser Produktbandbreite hat «Viel zu bieten» einen weniger universellen Reiz an sich als das große Vorbild «Die Höhle der Löwen», das zugegebenermaßen schwer zu füllende Fußstapfen hinterlässt. Die Gründershow kommt mit einer Fallhöhe daher, die dem "Ich nennen einen Preis, ihr bietet euren, und dann schauen wir mal, wo wir uns treffen, sofern überhaupt wer zuschlägt"-Geschehen eine spürbare Bedeutung verleiht. Es geht darum, junge Produktideen zu fördern, die spaßig klingen oder gar Alltagsprobleme lösen können. In der Krise steckende Jungunternehmen wollen gerettet werden. Und halbwegs solide dastehende Firmen können sich bei der Vorstellung ihrer neuen Konzepte blamieren.
«Viel zu bieten» ist dagegen ein televisionäres eBay, bei dem einem die Hände gebunden sind, dass einem dafür Einblick in die Gedanken der Verkaufenden gewährt wird sowie in das Abwägen jener, die die Möglichkeit haben, zuzuschlagen. Kommt der Künstler auf eine Idee, was er mit dem zum Verkauf stehenden Stück altem Holz anstellen könnte, oder wird er über den vorgeschlagenen Preis von 120 Euro die Nase rümpfen? Kann vielleicht der Antiquitätenhändler mehr damit anfangen?
In dieser Form ist «Viel zu bieten» ein Paradebeispiel für ein "Special Interest"-Format, das auf der Erfolgswelle eines Mainstreamhits mit ähnlichem Thema daherkommt: Fernsehende, die nicht genug vom Wettfeilschen um Raritäten bekommen können, erhalten mit dem neuen ZDFneo-Format eine kompetent erstellte Sendung. Das Studio im Vintage-Hipster-Industrie-Look ist thematisch passend, hat aber keine besonderen Merkmale aufzuweisen. Die vier Händler sind auf dem Papier klug zusammengestellt, da sie unterschiedliche Bereiche bedienen und dennoch ein verbindendes Element aufweisen – der Clash vier Menschen aus völlig unterschiedlichen Welten wäre nämlich zu viel für die 45-Minuten-Sendung.
In der praktischen Umsetzung hingegen machen sich – wenigstens in der ersten Ausgabe – nicht wirklich Unterschiede zwischen den jeweiligen Teilen des Händlerquartetts bemerkbar. Und da es, anders als bei «Die Höhle der Löwen», zumeist nur um ein dickes Taschengeld geht (für die Anbieter) respektive um Ausgaben, die vielleicht knapp die Portokasse überbieten (für das Händlerpanel), ist das Wettfeilschen doch recht entspannt – es stehen halt keine persönlichen oder unternehmerische Existenzen auf dem Spiel.
Etwas Spannung kommt nur dann auf, wenn sich der vor dem "Pitch" neutral angegebene Produktwert weit von dem unterscheidet, was die Anbieter im Beisein der Händler verlangen. Da entscheiden dann Faktoren wie die Ausstrahlung der Anbieter und die Passion, die in die Vorstellung gesteckt wird, ob man als unbeteiligte, dritte Person mit den Anbietern mitfiebert oder gegen den raffgierigen Preisvorschlag wettert. Und mit Blick auf das aktuelle TV-Angebot sind die im Auftakt dünn gesäten, originellen Sendungspassagen wie das Feilbieten eines Vater-Sohn-Gespanns, das selber einen Mini-Arcadeautomaten gebaut hat, schlicht die größeren Reizphasen. Solche Raritäten kommen bei den diversen Konkurrenzsendungen nicht vor – und verleihen «Viel zu bieten» somit ein Alleinstellungsmerkmal.
Alles in allem präsentiert sich «Viel zu bieten» als das Trödelsendungspendant zu einem handwerklich grundsoliden Videospiel aus einem viel bedienten Genre: Wenig Innovation. Es gibt originellere, spaßigere, anspruchsvollere Konkurrenz. Aber in Ermangelung nennenswerter Makel würde kaum jemand Genrefans, denen der Sinn nach Mehr steht, von einem Blick abraten.
Wer's will, der braucht's. Und alle, die sich für die Programmfarbe eh nicht erwärmen können, dürften dezent angeödet denken: Naja, es tut nicht weh.
«Viel zu bieten» ist ab sofort montags bis freitags um 19.30 Uhr bei ZDFneo zu sehen – sowie vorab in der ZDF-Mediathek.
Es gibt 4 Kommentare zum Artikel
26.06.2017 21:05 Uhr 1
29.06.2017 23:14 Uhr 2
Man ist doch zu verwöhnt von der sympathischen Händlerriege mit viel Herz und Fachwissen aus BARES FÜR RARES. Doch hier stößt man auf wenig Kompromissbereitschaft den Verkäufern gegenüber, und in der Magengegend flaut immer wieder das ungute Gefühl auf, hier werden die Verkäufer wenig zufrieden gestellt. Harter Händlerkampf gegen zu gutmütige Verkäufer. So kommt wenig Spannung auf und es langweilt nach dem fünften abgefertigten Anbieter. Vielleicht würde ein bisschen mehr Humor und Schlagfertigkeit seitens der Käufer dem Format ein besseres Gelingen bescheinigen...oder muss es eine Löwenhöhle sein?
13.07.2017 20:06 Uhr 3
Der Dicke mit der Brille ist die größte "Händler-Flachzange" , welche ich je gesehen habe.
Schader um jede Sendeminute,
Angebote: Nur Schrott
Händler: Unproffesionell
Sendung: Das Letzte :oops:
20.02.2018 12:20 Uhr 4