Information bei den Öffentlich-Rechtlichen und den Privatsendern
Eine im Jahr 2012 im Fachmedium „Media Perspektiven“ veröffentliche Programmstrukturanalyse zeigte, dass Programme mit der Funktion „Information“ zwischen den Jahren 2001 und 2011 bei den größten deutschen Privatsendern, RTL, Sat.1 und ProSieben nur knapp 20 Prozent des Angebots ausmachten. Unterdessen bewegte sich der Prozentsatz bei ARD und ZDF konstant über 40 Prozent.Diese große Informationsschere zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privaten ist kein Zufall, mit Unterhaltung lassen sich eben höhere Quoten erzielen, so die landläufige Meinung. Trotzdem entschied sich ProSieben im Sommer des vergangenen Jahres dazu, sein Portfolio im Programmbereich Information aufzustocken und testete mit «Uncovered», «10 Fakten», «Inside» und «Follow Us!» gleich vier neue Formate. Mit «Galileo» betreibt ProSieben darüber hinaus nun schon knapp 20 Jahren erfolgreich ein Wissensmagazin im Vorabendprogramm, das sich innerhalb dieser Zeit zur vielleicht bekanntesten Marke des Senders entwickelte. Ansonsten fiel der aktuell von Daniel Rosemann geleitete Sender in den vergangenen Jahren aber eher durch Unterhaltungsformate als durch längerfristig erfolgreiche Wissensformate auf.
Das soll sich nun ändern, denn mit «Uncovered» und «10 Fakten», später im Sommer auch mit «Inside Stefan Gödde» setzt ProSieben drei der vier im vergangenen Jahr getesteten Formate mit neuen Folgen fort, die ab dem 24. Juli 2017 in ihren zweiten Staffeln überzeugen sollen. Wir sprachen mit dem Sender und den Moderatoren von «Uncovered» und «10 Fakten», Thilo Mischke und Aiman Abdallah, darüber, welche Maßgaben ProSieben an seine Wissensformate stellt.
Wie geht Wissen für die jungen Zuschauer?
Sendehinweis ProSieben-Wissensmontag
Die neue Staffel der Reportage-Reihe „Uncovered“ mit Thilo Mischke startet am Montag, 24. Juli 2017, um 21:10 Uhr auf ProSieben. Im Anschluss erzählt Aiman Abdallah bei „10 Fakten“ verblüffende Geschichten rund um die Themengebiete der ProSieben-Reportage.Dass auch ProSieben, welches vorrangig auf Unterhaltungsprogramme setzt, mittlerweile über eine Grundlage und eine klare Vorstellung davon verfügt, wie Wissen im Privatfernsehen zu vermitteln sei, wird im Gespräch mit dem Sender schnell klar. „ProSieben will Wissen so modern vermitteln, dass es für das Leben insbesondere der jungen Zuschauer relevant ist“, heißt es von Seiten eines Sprechers. Dass dies funktioniere, zeige sich am konstanten Erfolg von «Galileo» seit bald 20 Jahren. Einen Mangel an Wissen könne ProSieben bezogen auf sein eigenes Programm daher nicht feststellen, schließlich performe das täglich ab 19 Uhr laufende Wissens-Magazin seit jeher herausragend, auch im Vergleich zu den Öffentlich-Rechtlichen. Sonntags schalteten im Schnitt 16,4 Prozent der 14- bis 29-Jährigen das ProSieben-Magazin ein. Terra X erreiche nahezu zeitgleich im ZDF durchschnittlich 4,6 Prozent dieser Zielgruppe, verweist ProSieben auf die AGF-Messungen. Aus der «Galileo»-Familie habe der Sender zudem neue Erfolgsformate wie «Galileo Big Pictures» und «Inside mit Stefan Gödde», im weiteren Sinne auch das angekündigte «Mittendrin mit Maike Greine» und «Uncovered» mit Thilo Mischke, schließlich seien sowohl Mischke als auch Greine schon für «Galileo» als Reporter unterwegs gewesen.
«Galileo» schuf die ProSieben-DNA - und jetzt?
Mit Blick auf die Quoten zeichnet sich jedoch ein differenzierteres Bild. Zwar lief «Galileo Big Pictures» in seinen jüngsten Primetime-Einsätzen insgesamt passabel, zuletzt holte die Wissens-Show aber immer öfter einstellige Marktanteile unter dem ProSieben-Senderschnitt. «Inside mit Stefan Gödde», dessen Fortsetzung im vergangenen Monat angekündigt wurde, blieb in den drei Folgen am Montagabend im Sommer 2016 sogar recht deutlich hinter den Erwartungen zurück.
Tatsächlich schuf ProSieben aber vor bald 20 Jahren mit «Galileo» ein Format, das heute zu den bekanntesten Marken des Senders zählt, quotentechnisch noch immer auf ordentliche Zahlen verweist und auch im Internet in den Sozialen Medien einen integralen Bestandteil der ProSieben-Digitalstrategie darstellt. Mit «Galileo» entwickelte ProSieben einst seine Wissens-DNA, an der der Sender seither neue Formate in der Programmfarbe Wissen versucht auszurichten und weiterzuentwickeln. Gleichzeitig versucht aber auch das tägliche Wissens-Magazin selbst, sich an den neusten Trends zu orientieren, wie im Gespräch mit Moderator Aiman Abdallah deutlich wird.
„Unsere Zuschauer können sich darauf verlassen, dass wir bei «Galileo» immer die aktuellen technischen Entwicklungen im Programm haben – und gemeinsam mit Ihnen diese Neuheiten mit spannenden Experimenten praktisch anwenden“, schildert Abdallah auf die Frage, was «Galileo» anderen Wissensformaten voraushabe, und nennt sofort Beispiele: «Galileo» habe als erstes TV-Magazin mit Augmented Reality experimentiert und auch als erstes eine Virtual Reality-Ausgabe produziert. „Wir möchten unsere Zuschauer immer wieder einladen – gemeinsam mit uns - Neuland zu betreten und die Zukunft zu entdecken“, so der Moderator.
Modern & erfolgreich: Dient «Uncovered» als Vorzeigeformat der neuen Generation Wissens-TV?
Von Mongrel-Mobs, „dark tourism“, Waffen-, Drogen- und Organhandel berichtet Mischke in der am Montag startenden, neuen Staffel. Gewagte Reisen, ein unkonventioneller Ansatz – nicht jeder Sender würde sich an das Format herantrauen, weshalb sich für Mischke auch zuallererst die Frage stellte, „wo kann ich meine Geschichten über die Brennpunkte in der Welt unterbringen, wo ist der Mut da, sie zu zeigen?“, wie er im Gespräch mit Quotenmeter.de erklärt, schließlich sei das sein Job. „Ich kann nichts Anderes und wollte nie etwas Anderes können. Ich bin Journalist.“
Nicht nur thematisch machte «Uncovered» schon in Staffel eins auf sich aufmerksam, auch durch eine besondere visuelle Stilistik und Ästhetisierung fiel die Sendung auf. Kamera, Schnitt, Musik, alles ordnete sich einer modernen Herangehensweise unter, sodass es der Inhalt hinter den starken Bildern auch teilweise schwer hatte, mitzuhalten. Der besondere visuelle Ansatz sei „enorm wichtig – wir machen Fernsehen“, betont Mischke. Doch ebenso wichtig ist es mir, nichts zu inszenieren. Das gesamte Equipment ist auf zügigen Einsatz gebaut – aber mit filmischem Look. Farbkorrektur, Schnitt und Musik sorgen im Nachhinein für die audiovisuelle Wirkung. Unsere beiden Kameras werden in hektischen Situationen meist mit Festbrennweiten betrieben“, bemüht Mischke Fachausdrücke, der den Sinn dieser Vorgehensweise gleich folgen lässt: Das zwinge die Kameraleute zum rangehen „Sie entdecken die Situation zusammen mit mir – und arbeiten wie ein guter Reportagefotograf.“
Mischke weiß, wovon er spricht. Seit Jahren ist der Journalist, Autor und Moderator nicht nur für ProSieben im Einsatz und fällt dabei durch junge, frische Formate auf. Dass ProSieben auf derlei Formate baut, stellt eine klare Bereicherung für den Sender dar, nicht zuletzt der bisherige Erfolg von «Uncovered» gibt dem Sender recht, der eventuell insgeheim gerne viel mehr solcher Sendungen im Programm hätte. Auch «Galileo» bemüht sich bislang erfolgreich, mit allen technischen und erzählerischen Entwicklungen im Wissensfernsehen Schritt zu halten, trotzdem stellt die inhaltliche Ausrichtung hin zu „Modernität und Authentizität“ auch eine Gratwanderung dar, denn diese entspricht dieser Tage noch nicht immer einem gesteigerten Interesse des Publikums. Die neuen Folgen der ProSieben-Wissensformate werden Rückschlusse darauf zulassen, ob ProSieben damit schon ein Zukunftsmodell gefunden hat.
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
22.07.2017 13:54 Uhr 1
22.07.2017 14:20 Uhr 2
Die Öffentlich-Rechtlichen sind meist kritischer und behandeln auch Themen, die auf den ersten Blick nicht so visuell oder so reißerisch sind.