So lief die Frauen-EM 2013
Quotencheck: Die Fußball-Europameisterschaft der Frauen war für Eurosport ein großer Quotenerfolg.‚Wer braucht am längsten im Bad?‘ Wird Frauen-Fußball nicht ernst genommen?
Dass aber sogar die renommierte «Sportschau» den Frauenfußball noch nicht genauso ernst nimmt wie den der Herren, wird offenkundig, wenn in einem Facebook-Video Reporterin Laura Trust die Nationalmannschafts-Damen Lena Goeßling, Svenja Huth und Sara Doorsoun fragt, wer am längsten im Bad brauche und wer schon einmal den Namen seines Dates vergessen habe. Fragen zum Sport fielen nicht. Vielleicht erklärt sich an dieser Herangehensweise an den Sport seitens der Medien das niedrige Interesse, das auch die derzeit laufende Fußball-Europameisterschaft der Frauen im deutschen Fernsehen nach sich zieht.
Mit je knapp sechs Millionen Zuschauern liefen die ersten zwei Primetime-Partien der deutschen Damen zwar für Das Erste-Verhältnisse sehr gut, im Vergleich zum Männersport hinkt die Auswahl von Trainerin Steffi Jones aber deutlich zurück. Spiele ausländischer Mannschaften, etwa zwischen Italien und Russland oder Schweden und Russland, allesamt Gruppengegner der deutschen Damen und daher für deren Vorrücken wichtig, gingen mit nicht einmal 1,50 Millionen Interessenten am Vorabend und einstelligen Marktanteilen sogar regelrecht unter.
Niederlande: Trotz Austragungsort kaum Interesse
Doch stellt das mangelhafte Interesse am Frauenfußball nur ein deutsches oder sogar ein europäisches Phänomen dar? Austragungsland der diesjährigen Frauen-EM im Fußball sind die Niederlande. Wir erinnern uns zurück: 2011 trug Deutschland die Weltmeisterschaft im Frauenfußball aus. Alle Partien übertrafen damals den Senderschnitt des Ersten. Vorrundenpartien wie Nigeria gegen Frankreich erreichten am Sonntagnachmittag 3,21 Millionen Zuschauer, Vorabend-Gruppenspiele wie Kanada Frankreich knapp fünf Millionen Leute und Spiele der deutschen Nationalmannschaft am Vorabend und Abend sogar über 15 Millionen Personen.
Wie sieht es nun in den Niederlanden aus? Die Spiele der niederländischen Nationalmannschaft führten die Tageswertungen bislang an. Zum Auftaktspiel der Oranje-Auswahl am 16. Juli sahen ab kurz vor 18 Uhr 2,1 Millionen ab sechs Jahren und knapp 13,5 Prozent der Zielgruppe zu. Das zweite Gruppenspiel der Niederländer auf dem Sender NOS, das zur attraktiveren Programmzeit um 20.30 Uhr angepfiffen wurde, kam auf 14,2 Prozent der Zielgruppe. Spiele, in denen nur ausländische Mannschaften vertreten waren, schafften es in den Niederlanden seit Turnierbeginn jedoch nicht einmal in die Top 25 des Tages, die „Tour de France“ dafür schon.
Spanien: Ein Vorbereitungsturnier der Herren schlägt Frauenfußball um knapp 700%
Schauen wir nach Spanien, ebenfalls eine ausgewiesene Fußballernation, schließlich liegen Erfolge in Welt- und Europameisterschaft bei den Herren nicht lange zurück. Am 23. Juli zeigte sich das am eindrücklichsten anhand der Partie (der Herren) zwischen Real Madrid und Manchester United im «International Champions Cup». Obwohl das Spiel erst um 23.05 Uhr begann, sahen 2,42 Millionen Personen zu und damit 21,3 Prozent aller Fernsehenden. Sowohl in Sachen Reichweite als auch in Bezug auf die Quote stellte das Match damit Tagesbestwerte auf. Dabei handelt es sich bei dem Wettbewerb nur um ein Vorbereitungsturnier.
Am gleichen Tag spielte auch die spanische Fußballnationalmannschaft der Damen, die im zweiten Gruppenspiel auf England traf und verlor. Obwohl das Spiel um 20.45 Uhr zur deutlich vielversprechenderen Zeit angepfiffen wurde, sahen beim zu TVE gehörenden Sportsender Teledeporte nur 408.000 Personen zu, die zu 3,6 Prozent führten. Spiele ohne spanische Beteiligung liefen sogar noch deutlich schlechter, etwa Deutschland gegen Schweden am 17. Juli, das in Spanien nur auf 127.000 Zuschauer und 1,1 Prozent Marktanteil kam oder Norwegen gegen Belgien am 20. Juli mit 140.000 Interessenten und 1,6 Prozent.
In Österreich und Schweiz schaut man vorwiegend auf sich selbst
Auch die deutschen Nachbarn Schweiz und Österreich mischen mit ihrer Damen-Auswahl bei der «UEFA Women’s Euro 2017» mit. Im Falle der Schweiz liegt das Interesse an den Europameisterschaftspartien allerdings auch nicht gerade hoch, das zeigt schon die Tatsache, dass der zur Swiss Broadcasting Corporation gehörende Sender SRF zwei nur die Spiele der eigenen Landesmannschaft zeigt und den Rest des Turniers nur in Zusammenfassungen. Die Vorrundenpartie zwischen der Schweiz und Österreich kam am 18. Juli ab kurz vor 18 Uhr aber immerhin auf die mit Abstand höchsten SRF zwei-Werte des Tages: Durchschnittlich 197.000 Zuschauer. Beim Publikum ab Drei reichte diese Zuschauerzahl für 23,4 Prozent, in der Zielgruppe der 15- bis 59-jährigen generierte die Übertragung sogar 25,0 Prozent.
In Österreich unterhielt die erste Halbzeit der gleichen Partie auf ORF eins immerhin 186.000 Personen und damit 16 Prozent aller Fernsehenden. Die zweite Hälfte zwischen Schweiz und Österreich steigerte sich schließlich ab 19 Uhr auf 309.000 Interessenten und 17 Prozent. Das zweite Spiel der Österreich-Auswahl gegen Frankreich verfolgten auf ORF eins am 22. Juli ab 20.45 Uhr zunächst 334.000 Personen und 15 Prozent aller Zuschauer in Halbzeit eins, ehe die zweite Halbzeit im Schnitt 462.000 Sportfans zählte, was 22 Prozent gleichkam.
Der Blick in andere TV-Nationen zeigt: Nicht nur allgemein, auch im Fernsehen genießt der Frauenfußball bei Weitem nicht die Aufmerksamkeit, der sich der Herrenfußball seit Jahrzehnten sicher sein kann. Wenn Spiele überhaupt auf gute Ergebnisse kommen, dann weil die Damen-Nationalmannschaft des eigenen Landes antritt, in Spanien bringen aber selbst die Partien des eigenen Teams keine Quotenerfolge. Der Rest der Spiele wird entweder vom Publikum weitestgehend ignoriert oder gar nicht erst gezeigt. Wahrscheinlich hängt dies aber vom Gesamtbild des Frauenfußballs in der Öffentlichkeit ab, der medienübergreifend, wohl auch länderübergreifend, entweder außen vorgelassen oder kleingeredet wird. Vielleicht brauchen es die Zuschauer aber auch einfach - das Gejammer und Gemecker des Herrenfußballs.
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