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Nitro-Senderchef Oliver Schablitzki zu Herausforderungen und Herangehensweisen des neuen Formats.
Das Konzept der Sendung klar zu verorten und einem konkreten Beispiel aus dem aktuellen Wust an Fußball-Berichterstattung zuzuordnen, fällt dabei gar nicht so leicht. Mit mehreren längeren Zusammenfassungen der (in dieser Woche ausschließlich, da sich die höchste Spielklasse noch in der Sommerpause befindet) zweiten Liga gibt es definitiv Gemeinsamkeiten mit der «Sportschau» oder «Hattrick», zugleich werden aber auch längere Talk-Phasen mit Max Eberl und den beiden Nitro-Experten Steffen Freund und Marco Hagemann integriert, was zeitweise an den «Doppelpass» oder «Sky 90» erinnert. Überdies gibt es mehrere kleine News-Clips, womit auch an «Bundesliga aktuell» bzw. Sky Sport News HD angedockt wird. Und für den Liebhaber kleiner, authentischer und heimeliger Momente fernab des sterilen Fernseh-Bombasts blickt man auch immer wieder mal in den Schnittraum oder in die Sendezentrale, das Stammtisch- und Club-Feeling wird mit Musik einer Live-Band, einer integrierten Bar sowie einem kleinen, aber feinen Studio-Publikum angeregt.
Zwei Stunden füllen? Dank großer Abwechlung kein Problem!
Ziemlich viel Holz, aber zwei Stunden Sendezeit wollen ja auch gefüllt werden. Und das gelingt dem Team um Laura Wontorra und Thomas Wagner (Foto) auch sehr gut, abwechslungsreich und - mal von einem doch reichlich hektischen Trailer zu Beginn einmal abgesehen - auch ohne große Hast. So greifen die verschiedenen Elemente der Show bemerkenswert gut und natürlich ineinander und erzeugen ein Gesamtbild, das gerade für den späten Montagabend gleich den Eindruck hinterlässt, dass man mit dieser Show als Fußball-Fan gerne noch öfter in den Schlaf begleitet werden möchte. Die Zusammenfassungen der Spiele sind stimmig produziert, gut kommentiert und wecken ein Grundinteresse für das restliche Spielgeschehen, ohne in allzu peinlicher Manier auf Dramatik zu machen, wo die meisten ernsthaften Fußballfans doch (gerade bei den Spielen vom Wochenende) eh schon mindestens das Ergebnis kennen.
Auch das Moderations- bzw. Experten-Quartett wirkt kompetent in seinen Ausführungen, natürlich und grundentspannt, was natürlich durch das leicht heimelige Studio-Flair noch verstärkt wird. Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl ist ein dankbarer Gast für die Auftaktfolge, weil auch er einen natürlichen Unterhaltungswert besitzt, als Vertreter eines Traditionsvereins, der sich noch emsig dagegen wehrt, sich allen Entfremdungsmechanismen des modernen Profifußballs achselzuckend hinzugeben und damit nicht nur ein Sympathieträger für das Publikum vor Ort ist, sondern auch perfekt geeignet erscheint, um über das große Thema Transfersummen-Irrsinn zu diskutieren und darüber hinaus mit der Verpflichtung von Hasan Salihamidzic als neuen Sportdirektor des FC Bayern auch noch eine gewisse tagesaktuelle Brisanz besitzt. Immerhin wurde Eberl für diesen Posten lange Zeit gehandelt, bevor er - so das vielleicht romantisierte Narrativ der Öffentlichkeit - sich gegen das große Geld und für seine geliebten Fohlen entschieden hat. Solch starke, eloquente und zugleich sehr Fan-nahe Gäste aufzutreiben, wird in den kommenden Wochen und Monaten keine ganz leichte Aufgabe.
Die Stecktabelle lebt - auf der Studiotreppe
Ferner löblich kann neben der sympathischen Aufmachung, der Live-Ausstrahlung und der Exklusion jeglicher Wichtigtuer ohne Bezug zum Sport auch noch das eine oder andere kleine Goodie erwähnt werden. So erfährt die kultige Kicker-Stecktabelle eine kleine Beförderung ins Fernsehen, indem man einen Teil seiner Studiotreppe schlichtweg als (sehr große) Stecktabelle umfunktioniert, die sogar während der Show noch von Wagner um den Stand nach dem Zweitliga-Montagsspiel aktualisiert wird. Eine kleine Wand hat man für Autogramme der Gäste aufgestellt, die Eberl bei seinem Abschied nach etwa einer Stunde entjungfern durfte. Und hin und wieder wird die Show auch in bester «Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs» auch nostalgisch.
Zu problematisieren gibt es indes nicht allzu viel und noch weniger Dinge von wirklich durchschlagender Brisanz. An einigen Stellen wirken die thematischen Sprünge etwas hart, hier müssen sich die Verantwortlichen auch vielleicht noch etwas finden und die Sendung dauerhaft noch etwas besser strukturieren. Für Fans kleinerer Vereine wäre es sicherlich schön, wenn die Zusammenfassungen etwa einheitlich lang wären - dass man andererseits bestrebt ist, sein Exklusiv-Recht für den Montagabend in Szene zu setzen, ist aber auch nur allzu nachvollziehbar. Und am Ende der Show ließe sich vielleicht noch eine kleine Studio-Aktion im Stile des Torwand-Schießens im «Sportstudio» integrieren, die simple Verabschiedung der ersten Folge ist per se aber auch nicht falsch. Etwas austauschbar wohl, aber auf "kann man so machen"-Niveau.
Fazit: Eher Vorbild als Mitläufer
Alles in allem muss sich «100% Bundesliga» aber keineswegs vor der Konkurrenz verstecken, ja kann in einigen Punkten vielleicht sogar als Vorbild dienen. Für manch ein Sport1-Format etwa im Hinblick auf seriöse Berichterstattung, ohne dass sie gleich langweilig oder verkrampft rüberkommen muss, für Sky etwa, dass es keines sterilen, effektüberladenen Studios bedarf, um audiovisuell reizvoll zu erscheinen oder vielleicht sogar für Institutionen wie der «Sportschau» dahingehend, wie man etwas mehr Würze in die Sportberichterstattung bekommt. Ja, nach diesem Abend gehen einem zunehmend die Argumente aus, weshalb Nitro nicht groß ins Fußballgeschäft einsteigen sollte.
Nitro zeigt von nun an immer montags gegen 22:10 Uhr eine neue Folge der Liveshow «100% Bundesliga».
Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
01.08.2017 08:20 Uhr 1
01.08.2017 10:58 Uhr 2
01.08.2017 13:39 Uhr 3
Also, vielleicht doch mal den Sendeplatz merken.