«Table 19 - Liebe ist fehl am Platz»
- Kinostart: 17. August 2017
- Genre: Komödie/Romanze
- FSK: o.Al.
- Laufzeit: 87 Min.
- Kamera: Ben Richardson
- Musik: John Swihart
- Buch: Mark Duplass, Jay Duplass
- Regie: Jeffrey Blitz
- Darsteller: Anna Kendrick, Craig Robinson, June Squibb, Lisa Kudrow, Romanze, Steophen Merchant, Tony Revolori
- OT: Table 19 (DE 2017)
Irgendwie so muss auch das Brainstorming für Jeffrey Blitz‘ Komödie «Table 19 – Liebe ist fehl am Platz» abgelaufen sein. Die im besten Sinne antiromantische Geschichte über einen Haufen Verlierer, die allesamt versuchen, aus ihrem erzwungenen Dasein auf einer Hochzeitsfeier das Beste zu machen, baut auf einer äußerst interessanten und realistischen Grundidee, der Blitz («The Office») sowie seine Co-Autoren Mark und Jay Duplass («Jeff, der noch zuhause lebt») nicht so ganz Herr werden. Sie scheinen sich vor allem über eine Sache im Unklaren: Ist «Table 19» nun ein Drama oder eine Komödie? Beim Versuch, beides miteinander zu kombinieren, geht viel daneben – doch charmant bleibt ihr Film trotzdem bis in die Haarspitzen.
Am Tisch mit den Losern
Eigentlich sollte Eloise McGarry (Anna Kendrick) Brautjungfer ihrer besten Freundin sein. Dann aber trennte sich ihr Freund Teddy, der Bruder der Braut, kurzerhand per SMS von ihr. Und damit war Eloise auch als Brautjungfer Geschichte. Trotzdem entscheidet sie sich, erhobenen Hauptes zur Hochzeit zu gehen – und wird dann an einem Tisch im hintersten Eck des Festsaals platziert. Dort sitzt sie mit einer bunt zusammengewürfelten Gruppe von Fremden zusammen. Mit Leuten, von denen die meisten es eigentlich hätten besser wissen und schriftliche Absagen schicken müssen (natürlich nicht, ohne zuvor etwas Hübsches von der Geschenkeliste zu schicken). Im Laufe der Hochzeitsfeier werden die Geheimnisse von jedem Gast an Tisch 19 enthüllt, lernt Eloise einiges über die anderen und auch über sich. Freundschaften und sogar eine kleine Romanze können sich unter den merkwürdigsten Umständen entwickeln…
Vor allem die Figurenkonstellation offenbart, dass hinter der Prämisse von «Table 19» ein ziemlich trauriger Grundgedanken steckt: Von der schwanger sitzen gelassenen Eloise über die todkranke Jo (June Squibb) bis hin zum gemeinsam einsamen Ehepaar Bina (Lisa Kudrow) und Jerry Kepp (Craig Robinson) nähert sich der Film den im Kern dramatischen Schicksalen dieses Außenseitertischs Nummer 19, der im Anbetracht von so viel Liebe im Raum noch viel offensiver mit seinem Unglück konfrontiert wird. Leider offenbart sich hier aber auch schon das erste Problem: Mit Ausnahme der von Anna Kendrick («The Accountant») verkörperten Eloise, die hier ganz klar als wichtigste Hauptfigur angelegt ist, und in Teilen noch den Kepps bleibt die Charakterzeichnung vom Rest des Tisches rudimentär. Insbesondere der von Stephen Merchant («Das hält kein Jahr..!») gespielte Walter lässt sich viel zu sehr auf sein Dasein als Witzfigur reduzieren. Dabei wohnt auch seinem Unvermögen, mit seinen Mitmenschen normal zu interagieren, etwas Tragisches inne.
Noch auffälliger ist diese unausgewogene Figurenbetrachtung bei dem jungen Möchtegern-Herzensbrecher Enzo («Spider-Man: Homecoming»-Star Tony Revolori) zu beobachten: Nur vereinzelt kommt durch, wie sehr der übermotivierter Charmeur unter seiner Helicoptermom zu leiden hat, die ihn selbst aus der Ferne auf Schritt und Tritt verfolgt. Ähnlich Walter dient auch Enzo hauptsächlich als Stichwortgeber für vereinzelte Gags, durch welche sich «Table 19» seinen Status als Komödie erarbeiten will; dabei ist der Film eigentlich wie gemacht, um eben keine zu sein.
Zwischen Drama und Komödie gefangen
Jeffrey Blitz scheint sich dem emotionalen Potenzial seiner Figuren überhaupt nicht bewusst. Anstatt die Dialoge für sich arbeiten zu lassen, die selbst in der hier dargebrachten, eher oberflächlichen Form noch in der Lage sind, nach und nach die Seelen der Charaktere zu entblößen, lässt er Eloise, Walter und Co. von einer kuriosen Situation in die nächste rutschen. Zwar halte sich auch hier die erzählerischen Totalausfälle in engen Grenzen (weshalb er mehrmals den Gag wiederholt, dass eine der Figuren aus heiterem Himmel ausrutschen und hinfallen muss, erschließt sich allerdings auch uns nicht), doch so richtig aus dem Quark kommt «Table 19» nicht. Stattdessen lassen die Macher ihre Geschichte ohne allzu großen Aufwand vor sich hin plätschern und setzen sich tonal immer wieder mit Anlauf zwischen die Stühle, wenn sie für ein Gespräch über Jos nahende Tod nur ein paar wenige Sätze aufwänden, während sich der Beziehungsstreit zwischen den Kepps mehrmals im Kreis dreht. An anderer Stelle gelingt es Blitz und seinem Team hingegen gut, den richtigen Ton zu treffen: Dem Beziehungsdrama um Eloise und Teddy (Wyatt Russell, «22 Jump Street») – Ex-Freund und Vater ihres Kindes – nehmen sich die Macher mit viel Fingerspitzengefühl an. Ihre Geschichte könnte einen eigenen Film tragen.
Doch so abgehoben und konstruiert die Geschichte durch vereinzelte hanebüchenen Einfälle auch wirken mag: Am Ende findet der Film immer wieder zu einer Authentizität zurück, die es einen überhaupt nicht infrage stellen lässt, ob das, was da gerade auf der Leinwand passiert, so tatsächlich geschehen könnte. Am stärksten ist «Table 19 – Liebe ist fehl am Platz» nämlich immer dann, wenn er ganz unaufgeregt dabei zusieht, wie die allesamt stark gespielten Charaktere versuchen, aus der unangenehmen Situation das Beste zu machen – und zwar ohne dabei etwas zu tun, was im echten Leben nie Jemand tun würde. Dieses simple Grundkonstrukt, das schlicht auf dem verbalen Austausch vollkommen unterschiedlicher Figuren basiert, wird auch von der technischen Aufmachung betont: Komponist John Swihart («One Last Dance») hält sich mit allzu theatralischer Musik zurück und untermalt das Geschehen stimmungsvoll und vorsichtig, während Kameramann Ben Richardson («Das Schicksal ist ein mieser Verräter») in seiner visuellen Aufmachung möglichst schlicht bleibt. «Table 19» kommt nicht im typischen Romantic-Comedy-Zuckergusslook daher, sondern bleibt geschmackvoll und unverfälscht. So bleibt es bis zuletzt erst recht schade, dass sich die Inszenatoren nicht darauf verlassen wollten, dass genau so ihr Film auch am besten funktioniert hätte. Denn klischeebehaftete Hollywood-RomComs gibt es zuhauf. Die hätte hier nicht zeitweise auch noch durchscheinen müssen.
Fazit
Der Grundgedanke hinter «Table 19 – Liebe ist fehl am Platz» ist wunderschön schlicht. Wann immer Jeffrey Blitz und seine Autoren genau das verinnerlichen, wird ihr Film zu einem tragikomischen, angenehm unkitschigen Erlebnis. Doch leider scheinen die Macher ihrer tollen Idee nicht zu vertrauen und mischen immer wieder unbeholfen alberne Comedy-Inhalte in ihre melancholische Geschichte, die trotzdem zu jedem Zeitpunkt das Herz am rechten Fleck hat.
«Table 19 – Liebe ist fehl am Platz» ist ab dem 17. August in den deutschen Kinos zu sehen.
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