Interview

Jürgen Hörner: „Wir wählen unser Programm mit Bedacht aus“

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Mit eoTV hat der ehemalige ProSiebenSat.1-Manager Jürgen Hörner einen neuen Sender geschaffen, der einen weiteren Meilenstein errungen hat: Die 24-stündige Ausstrahlung per Satellit. Im Quotenmeter-Gespräch stehen die europäischen Filme und Serien im Mittelpunkt.

Zur Person: Jürgen Hörner

Bis 2013 war Jürgen Hörner 20 Jahre lang für ProSiebenSat.1 tätig. Angefangen als Junior Redakteur in der Spielfilmabteilung, arbeitete sich Hörner Stufe um Stufe nach oben. Er wurde Leiter der Programmplanung bei kabel eins, kehrte dann 2006 als Programmplanungschef zu ProSieben zurück, ehe er Anfang 2009 die Geschäftsführung von kabel eins übernahm. Von Juli 2009 bis Februar 2011 verantwortete er die zentrale Programmplanung der deutschen Sendergruppe. Im März 2011 übernahm Hörner, neben seiner Tätigkeit in der Geschäftsführung der ProSiebenSat.1 TV Deutschland, auch den Posten des ProSieben-Geschäftsführers. Seit nun einem Jahr ist der Chef seines eigenen Kanals, eoTV.
Herr Hörner, Ihr Baby eoTV ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen, zunächst mit einer kleineren Sendezeit ab 20:15 Uhr, dann folgte der 24-Stunden Start und nun ist Ihr Sender per Satellit überall empfangbar. Wie sehr freuen Sie sich darüber?
Sehr. Wir gehen unser eigenes Tempo und bauen dabei unser Programm sukzessiv aus. Für uns war es eine sehr schöne Konstellation, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht, zuerst ein Sendefenster zu bedienen und dann das Programm weiter ausbauen zu können. Das hat sehr gut funktioniert. Die Zuschauer haben eine ungebrochen ansteigende Linie an Interesse bekundet, was toll ist. Daraufhin haben wir uns entschieden nach und nach das 24/7-Signal auszubauen. Den Anfang machten OTT-Dienste, wie Waipu.tv, dann folgte der Start auf Freenet-TV-Connect via DVB-T2, dann im Juni Zattoo und jetzt freuen wir uns, dass wir auch in der klassischen TV-Verbreitung einen großen Schritt gemacht haben und unser Programm seit dem 15. August 24 Stunden über Satellit empfangbar ist.

Sie waren früher bei ProSiebenSat.1 und bei der Mutterfirma werden vor allem große Pakete eingekauft. Wie sieht es denn aktuell mit Ihrer Einkaufsstrategie aus? Ist es schwieriger geworden oder hat man im kleineren mehr Möglichkeiten?
Nein. Das sind einfach zwei ganz unterschiedliche Methoden, um an Programm zu kommen. Die großen Konzerne kaufen dabei vor allem größere Volumina ein. Doch abseits des amerikanischen Marktes gibt es diese Strukturen nicht, das heißt mit unserem Fokus auf europäischen Serien und Spielfilmen kaufen wir aus ganz unterschiedlichen Quellen: direkt vom Produzenten, von internationalen Anbietern oder nationalen Lizenzanbietern. Das alles ist sehr individuell und wir wählen mit Bedacht aus, sodass das Programm zur Sendermarke passt und besonders attraktiv für den Zuschauer ist.

Das wäre auch meine nächste Frage. Anhand welcher Gesichtspunkte wählen Sie neue Programminhalte aus?
Wir kaufen bewusst Programme, die in ihren jeweiligen Ländern immer einen möglichst großen Erfolg hatten.
Jürgen Hörner
Da wir neu sind, könnte man leicht auf die Idee kommen, dass es sich bei eoTV um einen kleinen Spartensender für europäisches Programm handelt. Ich würde das aber nicht so sehen, denn wir kaufen bewusst Programme, die in ihren jeweiligen Ländern immer einen möglichst großen Erfolg hatten und dort in der Primetime zu sehen sind. Durchaus flankiert von einem eher arthousigeren Programm, das auch schon Preise gewonnen hat oder eine Serie, die sonst eher im Pay-TV läuft und sich ebenfalls für Binge-Watching eignet und so dann auch programmiert wird. Unser Sender hat aber durchaus einen sehr, sehr großen Schwerpunkt auf Programme, die in Europa für das lineare Fernsehen produziert und in ihren Herkunftsländern wöchentlich ausgestrahlt werden und dort aber eben auch großen Zuspruch erfahren haben.

Um einmal zwei Beispiele zu nennen: Ein Programm, das wir am 29. August starten ist die teuerste europäische Serie (die bis dato produziert wurde) «Versailles», die vorher auf Sky ihre TV-Premiere feierte. Diese Produktion eignet sich sicherlich für beides: man kann jede Folge abgeschlossen schauen, aber auch Binge-Watching betreiben. In Frankreich wurde sie für Canal+ aufwendig produziert. Ein anderes Beispiel: Wir starten im Laufe des Herbstes mit der Agatha Christie-Reihe, die seit vielen Jahren freitagabends bei France2 gezeigt wird und dort konstant vier Millionen Zuschauer erreicht. Dabei handelt es sich um ein klassisches wöchentliches Krimiformat. Deutlich wird, dass wir auf beiden Ebenen spielen, mal eventig, mal Binge-Watching, wo sich dann der Mediatheken-Nutzer freuen darf, aber auch das breite Publikum wird angesprochen. Im Filmbereich ist es ähnlich. Wir zeigen sehr gerne große Kinofilme, die jedoch nicht immer zwangsläufig neue Produktion sein müssen, dabei darf es sich dann aber auch gerne um eine Free-TV- oder Deutschlandpremiere handeln. Wenn es das ist, dann ist es auch okay, wenn der Film im Box Office nicht so populär war, dafür aber Preise gewinnen konnte und eher im Home-Video-Segment erfolgreich war.

Sie werden sich auf dem europäischen Serien- und Filmmarkt wesentlich besser auskennen als unsere Leser. Wie hat sich dieser Markt denn in den letzten fünf Jahren entwickelt?
Ich glaube da muss man etwas differenzieren zwischen dem Film- und dem Serienmarkt. Im Filmbereich kommen jedes Jahr tolle europäische Produktionen auf den Markt und ins Kino. Allerdings, wenn man so wie ich mit extrem großen und namhaften Regisseuren aus Europa aufgewachsen ist, deren Filme in den 70er/80er Jahren mit den großen Hollywoodproduktionen gleichgesetzt wurden, ist man garantiert ins Kino gegangen. Natürlich würde ich mir wünschen, dass das europäische Kino wieder auf dieselbe Flughöhe findet. Dies gelingt mal besser, mal schlechter. Aus Großbritannien, Spanien und auch Frankreich kommen super Produktionen, aber gerade aus so einem Kinoland wie Italien wünscht man sich Filme, die das Kino wieder nach vorne bringen.

Im Serienbereich ist das andersherum, das liegt auch daran, dass einiges an Kreativität vom Film- in den Serienbereich gegangen ist. Hier ist es so, dass die europäischen Produktionen in den vergangenen Jahren extrem an Qualität und an Kreativität zugelegt haben. Es gibt jetzt dort, wo es eher klassische Krimikost für das lineare Fernsehen gab, inzwischen eine ganz große, bunte Vielfalt an allen möglichen Serien. Diese werden überwiegend von Pay- und VoD-Anbietern produziert, weisen andere Erzählstrukturen auf und müssen sich aber auch vom Production Value her im internationalen Vergleich nicht verstecken. Frankreich gewinnt auch hier in Bezug auf Koproduktionen an Bedeutung, wovon die Zuschauer in den kommenden Jahren auch noch weitere erwarten dürfen. Man spricht hier oft vom „Golden Age of Television“, was man auch bei den europäischen Produktionen zunehmend spürt.

Auch Arte und der Sony Channel buhlen um europäische Produktionen. Merken Sie so etwas bei der Lizensierung?
Ich sehe das absolut komplementär, da Sony sich sehr stark auf rein non-lineare Erzählstrukturen fokussiert. Dort finden Sie nur ganz wenige klassische lineare TV-Formate, wie Krimi-Kost zum Beispiel und wenn dann eher in Randzeiten. Deren Angebot ähnelt eher dem von Netflix oder Amazon, aber wir haben auch Serien, die bei den Kollegen vorher ausgewertet wurden. Ich sehe dies aber als komplementär, nicht als Konkurrenz.

Bei Arte ist es nochmal etwas Anderes, weil Arte sich aufgrund des Konzepts verpflichtet gewisse Stoffe anzubieten. Diese sind sehr stark frankophil und nicht gesamteuropäisch ausgerichtet. Ansonsten hat Arte auch einen anderen Senderauftrag als wir, bestehend aus Magazinen, Reportagen und Dokumentationen, während wir Filme und Serien durchgehend anbieten. Das heißt wir haben auch in dieser Beziehung keine Konkurrenzsituation, da Artes fiktionales Volumen im Vergleich zu uns kleiner ausfällt.

Dann nutz‘ ich einmal die Überleitung: Welche Highlights gibt es noch dieses Jahr oder vielleicht auch schon 2018 bei Ihnen im Programm.
Ich hatte ja schon «Versailles» erwähnt. Hier konnten wir uns gleich zwei Staffeln sichern, ab 29. August ist die erste Staffel zu sehen. Dazu kommt noch die «Agatha Christie – Collection» mit der Erstausstrahlung von «Family Murder». Aber auch weitere Reihen wie «Criminal Games», die aktuell bei den Kollegen von ONE als Free-TV-Premiere zu sehen sind, werden noch folgen. Ein weiteres Highlight ist die bulgarische Serie «Undercover», von der wir bereits die erste Staffel ausgestrahlt haben, die zweite Staffel folgt dann am 14. September ebenfalls als Free-TV-Premiere. Das wären bisher die Haupthighlights, dazwischen befindet sich aber noch Platz im Programm für Spielfilmtitel, wie beispielsweise die Italo-Western-Reihe im Sommer, die ein ganz eigenes Fanpotenzial haben. Im Oktober folgt dann eine Reihe mit hauptsächlich französischen Filmen, unter denen sich auch einige Erstausstrahlungen befinden.

Dann möchte ich noch einmal auf die «Italo-Western»-Reihe zu sprechen kommen. Denn auch arte, 3sat und Tele 5 holen damit verdammt hohe Einschaltquoten. Wie erklären Sie sich den Erfolg dieser Uralt-Filme?
Hier reden wir ja über sehr schöne Klassiker und ich denke, dass jede Ära ihre festen Filme hat, die immer wieder gut laufen, weil sie einfach toll waren zu ihrer Zeit. Deswegen ist das Interesse hier weiterhin ungebrochen. Vor allem ist es nicht nur eine Generation, die die Filme damals im Kino gesehen hat und dementsprechend immer wieder gerne reinschaut, sondern es gibt auch so eine Art Kult-Potenzial, sodass die Filme immer wieder neue Zuschauer weit gestreut über das Home Video Segment, Programm Kinos oder gerne auch durch die Free-TV-Ausstrahlung für sich entdecken.

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