Vor dem Film
Weiterführende Kolumnen
Sobald Trailer laufen, gilt es, drastisch mehrere Gesprächsgänge zurückzuschalten. Die Magie des Kinos besteht aus dem Kollektiverlebnis, und es kann bezaubernd sein, mitzukriegen, welche Filmvorschauen gut ankommen und welche nicht. Daher ist in den ersten paar Sekunden eines Trailers sowie in den letzten Atemzügen eines Trailers halblautes Kommentieren erlaubt, so lange es sich um sowas dreht wie: "Den gehen wir gucken!", "Yeah!", "Ich wusste noch gar nichts von dem Film!", "Das sieht aber nicht so gut aus!" oder ähnliches. Während der Trailer darf nur die eigene Filmbegleitung angetuschelt werden, und auch nur, wenn sie das willkommen heißt – ansonsten gilt es auch während der Filmvorschau, den Mund zu halten.
In Kinos, die einen Im-Saal-Eisservice zwischen Trailerschau und Hauptprogramm haben, ist es selbstredend erlaubt, diesen zu sich zu bitten und eine Bestellung bei ihm zu tätigen, sobald er den Saal betritt.
Während des Films
Im Sonderfall einer Sneak dürfen sich Besuchergruppen noch während der Studiologos und während der ersten paar Einstellungen eines Films leise unterhalten, so lange der Austausch allein vom Gezeigten handelt. Der Spaß an einer Sneak besteht daraus, dass das Kino irgendeinen demnächst startenden Film vorab zeigt. Das Raten anhand der Studiologos, der ersten Takte Musik und der ersten Filmbilder, welche Produktion es denn nun geworden ist, ist also im Sinne des Kinoerlebnisses und nicht etwa ein Störfaktor. Sollte im Laufe der Vorführung eine Sneak-Besuchergruppe beschließen, den gerade laufenden Film nicht zu Ende schauen zu wollen, ist diese Absprache unter sehr leisem Getuschel gestattet. Niemals lautstark dem Rest des Saals das Kinovergnügen verderben, indem man sein eigenes Missfallen mitteilt und einen Abgang ankündigt!
Ein weiterer Sonderfall sind interaktive Kinovorführungen, wie etwa «The Rocky Horror Picture Show», «Repo! The Genetic Opera» oder (je nach lokaler Kinokultur) «Animal House», «Blues Brothers»,«Bang Boom Bang», «Die Feuerzangenbowle» sowie Mitsing-Aufführungen von Musicalfilmen. In Ausnahmefällen kann auch das halblaute Rezitieren von ikonischen Filmsätzen bei Wiederaufführungen gestattet sein – hier gilt es, die Eigendynamik der besuchten Kinoveranstaltung akkurat zu beobachten!
Privatvorführungen verfolgen generell das Prinzip: Das Sonderpublikum macht seine eigenen Rederegeln. Bei regulären Vorführungen sind obige Genehmigungen dagegen hinfällig – hier gilt es gemeinhin, während des Films Schweigen zu wahren. Ausnahmen sind rar, dennoch existieren sie – und sie gelten für alle genannten Varianten irregulärer Kinoveranstaltungen. So darf im Falle von Technikproblemen oder wenn die Kinobetreibenden den falschen Film auf die Leinwand werfen, mit dem nächstsitzenden Mitmenschen in gedrückter Lautstärke ein Austausch geführt werden: Ist es Einbildung, gehört das so oder geht da wirklich etwas schief? Wer geht nun raus und meldet sich beim Personal?
Zudem darf die Übersetzung wichtiger fremdsprachiger Texteinblendungen ins Ohr einer Begleitperson getuschelt werden, sollte diese der Sprache nicht mächtig sein und ihr daher drohen, dass sie dem Handlungsverlauf nicht weiter folgen kann. Die Erfahrung lehrt zudem, dass es Ihnen nicht schadet, sich im Flüsterton bei der Ihnen am nächsten sitzenden Begleitung abzumelden, sollten Sie kurzzeitig den Saal verlassen. Damit reißen Sie Ihre Begleitung zwar kurz aus dem Geschehen, jedoch reißt ihr plötzliches Verschwinden Ihre Begleitung genauso sehr aus dem Film – nur, dass Sie dann zudem die Frage hinterlassen, was denn nun Sache ist. Unvermeidlich sind unterdessen Reaktionen auf Notfälle. Wenn es brennt oder Ihr Sitznachbar plötzlich aus allen Poren blutet, so dürfen Sie die Ruhe im Saal brechen. Genauso dürfen Sie Kinogänger, die gegen die Etikette verstoßen, ermahnen – mit einem betonten "Psst!" oder halblauten Imperativen wie "Handy aus!", "Hinsetzen!", etc.
Erwünscht sind sogar alle reflexartigen, einer Interjektion ähnelnden Reaktionen auf den Film, womit Sie anzeigen, dass Sie mitgerissen sind. Schließlich ist die Kollektiverfahrung Teil des Kinoerlebnisses. Schämen Sie sich also nicht, ein "Wow" oder "Oh nein!" vor sich hin zu brabbeln – aber Sie dürfen nie in ganzen Sätzen, mit Nachdruck aus den Stimmbändern vermittelt oder aufgesetzt reagieren!
Im Abspann, vorausgesetzt, dieser ist nicht geräuschlos, liegt es an Ihrer Kinogruppe, ob vorsichtig getuschelte Reaktionen geduldet werden. Der strengeren Regel nach setzen diese Gespräche aber frühestens ein, sobald der Abspann als Laufband erscheint. Die sogenannten, in aufwändigeren Filmen nunmehr meist farbig unterlegten, in Tafel-Einblendungen gezeigten "Main Credits" sind idealerweise weiterhin als Teil des Films zu erachten, da das währenddessen laufende, erste Abspann-Musikstück die Stimmung des gezeigten Werks einfängt und verstärkt. Unterhaltungen in normaler Zimmerlautstärke sind auch während des Abspanns untersagt – sobald Leute außerhalb Ihrer Gruppe Sie klar verstehen können, ohne die Ohren zu spitzen, sind Sie zu laut.
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29.08.2017 10:46 Uhr 1