Die Quotenmeter-Saisonstart-Woche
Am 1. September startet die neue TV-Saison. Die TV-Sender geben dann wieder Gas. In mehreren Themen blicken wir in dieser Woche auf das Kommende: Neue Baustellen, besondere Brennpunkte und diverse Highlights.1. Es fehlen Gesichter
Knapp zwei Jahre nach dem „Raabschied“ kann das konstatiert werden, was Ende 2015 schon vermutet wurde. ProSieben ist vom Raab-Sender zum «Big Bang Theory»-Sender mutiert. Heißt: Es fehlen eigene Sendergesichter. Das übrigens ist erstaunlicherweise nicht nur ein ProSieben-Problem, sondern eines der kompletten Gruppe. Beispiel Sat.1: Dort holte man Jochen Bendel für die Moderation der Hauptsendung von «Promi Big Brother», opferte dafür mangels Alternativen aber die Late-Night-Show bei sixx, die dem kleinen Sender regelmäßig Quotenrekorde bescherte.
ProSieben hat nach dem Weggang von Stefan Raab und den Abgängen Steven Gätjen und Frank Buschmann ein Identifikationsproblem. Joko und Klaas, die in die großen Fußstapfen hätten schlüpfen sollen, haben ihren «Circus HalliGalli» beendet – sollen nun unregelmäßig und erstmals auch teilweise getrennt im Programm auftreten. Kurz gesagt: Bei ProSieben ruhen viele, wenn nicht gar alle, Hoffungen auf Neuzugang Steffen Henssler. Mittelfristig aber reicht das nicht.
2. Die Late-Prime
In diesem Zusammenhang nicht unwichtig ist das spätere Abendprogramm – dort, wo ProSieben über 15 Jahre lang eine feste Verabredung mit seinem Publikum hatte, die weit darüber hinaus abstrahlte. Dort also, wo «TV total» fest verankert war, zeigt der Münchner Sender nun Dutzendware. Re-Runs von diversen Sitcoms, quotenschwache US-Drama-Serien oder Tattoo-Formate von Schwestersender sixx. Brainpool-Chef Grabosch hatte schon vor einiger Zeit im Quotenmeter.de-Interview angedeutet, «TV total» hätte man auch ohne Raab und mit neuem Gesicht weitermachen können. Dieses Unterfangen wäre freilich mit Risiko verbunden gewesen. Aber gegen eine neue und tägliche Verabredung am späten Abend spricht eigentlich nichts. Im Gegenteil: Mit einem solchem Move würden die Programmmacher auf die Marke ProSieben einzahlen.
3. Die US-Serien
Zumal man inzwischen auch bei ProSieben erkannt haben dürfte, dass man mit US-Lizenzware kaum noch Erfolge wird generieren können. Ausnahmen gibt es nur ganz wenige. Es sind zumeist die etablierten, also schon langlebigen US-Serien, die noch halbwegs ziehen: «The Big Bang Theory», «Grey’s Anatomy», teils noch «Die Simpsons». Zahlreiche Neustarts – von «Pure Genius» oder «Supergirl» bis hin zu «Empire» oder «This Is Us» erwiesen sich als Quotenschädling. Entsprechend kann nur eine Reduzierung des US-Angebots (eventuell verbunden mit neuen und schnelleren Programmierungsstrategien) der Weg aus der Krise sein. Zugleich bedeutet das: ProSieben muss mehr Eigenproduziertes ins Programm nehmen. Erste Anzeichen dafür gibt es schon: Der Münchner Sender will eine Reality-Show namens «Get the Fuck Out of My House» zeigen. Wöchentlich. Ab Herbst.
4. Das «Galileo»-Problem
Über Jahre hinweg war es zudem «Galileo», das mit konstant zweistelligen Marktanteilen für einen ordentlichen Einstieg in die Primetime sorgte. Dieses sichere Zugpferd ließ sich der Münchner Sender auch einiges kosten. Doch seit einigen Monaten fällt immer wieder die Schwäche des 19.05-Uhr-Formats auf. Beispiel: Zwischen dem 1. August und den darauf folgenden 22 Tagen landete das Magazin nur fünf Mal bei mehr als zehn Prozent Marktanteil. An den anderen Tagen: Mal acht Prozent, mal sogar weniger als sieben.
«Galileo» bedarf einer Überarbeitung inhaltlicher Natur: Das Projekt „«Galileo» 2018“ muss angegangen werden. Dabei gilt es Fragen zu beantworten wie: Wo liegt der USP der Sendung heute wirklich? Ist es förderlich, schädlich oder egal, dass man pro Tag an die 70 Minuten Sendezeit hat? Was machen Ableger wie «Galileo 360°» bei ProSieben Maxx mit der Gesamtmarke?
5. Eigene Ideen
Nicht zuletzt täte ProSieben gut daran, wieder mehr auf eigene Ideen zu setzen. Im Sommer machte der Sender mit einer solchen Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass dem Kopf von Stefan Raab ein neues TV-Konzept entsprungen sei, das Anfang 2018 starten wird. Es ist eine Gründershow – und somit eigentlich schon wieder ein Aufspringen auf den fahrenden Zug von «Die Höhle der Löwen». Und auch wenn ProSieben viel Beifall für die Ideen bekam, die man in Düsseldorf bei den Screenforce Days präsentierte: Angesichts der aktuellen Quotendelle ist nicht ganz klar, ob das geplante Programm wirklich ausreichen wird, um doch noch halbwegs trocken an Land zu kommen. Gerade im Showbereich am Samstag, also dort, wo die fetten Marktanteile noch winken, wären frische, gute und vor allem live produzierte Shows gerne gesehen. Und dann wäre da ja noch ein potentieller neuer Abend an dem auf US-Ware zu verzichten und auf Eigenes zu setzen ist. Eigentlich eine prima Chance für die TV-Kreativen dieses Landes. Wenn ProSieben und seine eifrigen Redakteure sie mal machen ließen…
Es gibt 37 Kommentare zum Artikel
30.08.2017 14:23 Uhr 1
30.08.2017 14:28 Uhr 2
30.08.2017 15:33 Uhr 3
30.08.2017 15:37 Uhr 4
Also genau in der Zuschauerstärksten Phase des Senders.
Da lief zum Beispiel die ProSieben-eigene (!) Deutsche Krimiserie "Die Straßen von Berlin".
Unter anderem für die habe sogar ich diesen Sender eingeschaltet.
Es gab in der Zeit noch andere interessante Sendungen.
Interessant ist auch, der der kontinuierliche Abstieg praktisch ab dem Zeitpunkt begann,
als man mit Sat1 fusionierte ...
30.08.2017 15:45 Uhr 5
So mag ich das nicht stehen lassen wollen. Bis vor ca. anderthalb Jahren war ProSieben jahrelang mit der stabilste Privatsender, während RTL und Sat.1 deutlich an Zugkraft verloren haben. Es scheint derzeit eher so, als hole man den Abstieg nach, gegen den man sich davor jahrelang sehr eisern gewehrt hat. Aber von einer Abwärtsspirale seit Anfang des Jahrtausends kann mit Blick auf die Quoten keinerlei Rede sein.
Fohlen
30.08.2017 16:19 Uhr 6
1990: 1,8 %
1991: 3,8 %
1992: 6,5 %
1993: 9,2 %
1994: 9,4 %
1995: 9,9 %
1996: 9,5 %
1997: 9,4 %
1998: 8,7 %
1999: 8,4 %
2000: 8,2 %
2001: 8,0 %
2002: 7,0 %
2003: 7,0 %
2004: 7,0 %
2005: 6,7 %
2006: 6,6 %
2007: 6,5 %
2008: 6,6 %
2009: 6,6 %
2010: 6,3 %
2011: 6,2 %
2012: 5,9 %
2013: 5,7 %
2014: 5,5 %
2015: 5,3 %
2016: 5,1 %
30.08.2017 16:20 Uhr 7
Zudem sind die "Comedys" dort nie lustig gewesen da kann man ja mehr über den gescripteten Schwachsinn bei den Polizeiformaten lachen....
Big Brother ist ja schon bei sixx(!!!) gescheitert dann wird es bei Pro7 erst recht scheitern. Sowie läuft BB auch nur noch in den USA,dem Land der bekloppten, gut in England wurde es ja auf Channel 4 eingestellt und seitdem läuft es auf Channel 5 wo es allerdings schlechte Quoten einfährt und sie es deshalb nach Auslaufen des Vertrages beenden möchten....
"Die Straßen von Berlin" war einfach nur beschissen genauso wie das "Delta Team" ebenfalls eine Pro7 "Krimi" serie.
RTL hat schon immer bessere Krimiserien produziert(Doppelter Einsatz, Balko, Alarm für Cobra 11 etc...)
Ja toll auf "Bezahlsendern" da ist jede Serie ein Erfolg weil da die Ansprüche nicht so hoch sind und die wo richtige Erfolge feiern sind zum Glück Nischenprogramme...
Und nur weil du die als "Topserie" bezeichnest ist sie lange noch keine Topserie sondern wahrscheinlich auch nur "Mist"
30.08.2017 17:51 Uhr 8
Sorry, aber gerade hat mein Nachbar angefragt warum ich so laut lache ...
30.08.2017 18:38 Uhr 9
So seh ich das auch.
Die Zeiten sind vorbei das die Leute wie früher alle gespannt vor dem TV auf die Nächste Folge warten trotz 3-4 Werbeblöcke.
Es gibt heute zu viele Alternativen wo man die Serien legal oder illegal herbekommt.
30.08.2017 18:48 Uhr 10
Serien kann man rausnehmen. Der Serienmarkt im linearen US TV ist nahezu tot. Es reiht sich Flop an Flop. Das sollte P7 auch nicht mehr tätig werden. Was zieht und Qualität besitzt, läuft auf Netflix und Co. und Fans schauen auch ihre Serien eher dort.
Eigene Ideen und Produktion hat man ja auch an den Tag gebracht. Dahingehend war P7 ja nicht untätig. Es hat nur niemand geschaut.
Late Night hat man auch versucht. Enissa Amani und der dicke Typ. Hat aber niemanden interessiert.
Dann greift man nach dem Strohhalm "Gesicht". Raab hatte erfolgreiche Events, aber seine täglich Show lief auch nicht berauschend. Dann gab es ein Yoko & Klaas Overkill und auch hier, bleib der tägliche Erfolg aus.
Das lineare Fernsehen, muss sich neu erfinden oder aussterben. Die 90er Jahre Formel funktioniert nicht mehr.