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Aufbauarbeit gefragt: Die 5 Baustellen von ProSieben

von   |  37 Kommentare

Der Münchner Sender steht im Sommer 2017 schlecht da wie lange nicht mehr. Gehofft wird nun auf eine starke Herbst-Performance. Doch hoffen alleine dürfte nicht reichen.

Die Quotenmeter-Saisonstart-Woche

Am 1. September startet die neue TV-Saison. Die TV-Sender geben dann wieder Gas. In mehreren Themen blicken wir in dieser Woche auf das Kommende: Neue Baustellen, besondere Brennpunkte und diverse Highlights.
Das gab es schon seit Jahren nicht mehr: Die durchschnittlichen Marktanteile von ProSieben waren teils auf nur noch gut acht Prozent Marktanteil bei den Umworbenen gefallen. Kurz vor Monatsende steht ProSieben nun bei 8,2 Prozent, maximal ein oder zwei Zehntel höher kann man noch kommen. Damit liegt die rote Sieben wieder hinter Sat.1, das seinerseits selbst mit rund achteinhalb Prozent die selbst auferlegten Ziele verfehlte. ProSieben dürfte im Sommer 2017 aber in der Tat das größere Sorgenkind innerhalb der Sendergruppe sein. Mit neuen Ideen und allgemein mehr eigenem Programm wollen die Fernsehmanager den Quotenschwund beim eigentlich zweitgrößten Privatsender nun bekämpfen. Doch die Probleme dürften tiefer liegen. Fraglich, ob Daniel Rosemann so tief graben kann.

1. Es fehlen Gesichter


Knapp zwei Jahre nach dem „Raabschied“ kann das konstatiert werden, was Ende 2015 schon vermutet wurde. ProSieben ist vom Raab-Sender zum «Big Bang Theory»-Sender mutiert. Heißt: Es fehlen eigene Sendergesichter. Das übrigens ist erstaunlicherweise nicht nur ein ProSieben-Problem, sondern eines der kompletten Gruppe. Beispiel Sat.1: Dort holte man Jochen Bendel für die Moderation der Hauptsendung von «Promi Big Brother», opferte dafür mangels Alternativen aber die Late-Night-Show bei sixx, die dem kleinen Sender regelmäßig Quotenrekorde bescherte.

ProSieben hat nach dem Weggang von Stefan Raab und den Abgängen Steven Gätjen und Frank Buschmann ein Identifikationsproblem. Joko und Klaas, die in die großen Fußstapfen hätten schlüpfen sollen, haben ihren «Circus HalliGalli» beendet – sollen nun unregelmäßig und erstmals auch teilweise getrennt im Programm auftreten. Kurz gesagt: Bei ProSieben ruhen viele, wenn nicht gar alle, Hoffungen auf Neuzugang Steffen Henssler. Mittelfristig aber reicht das nicht.

2. Die Late-Prime


In diesem Zusammenhang nicht unwichtig ist das spätere Abendprogramm – dort, wo ProSieben über 15 Jahre lang eine feste Verabredung mit seinem Publikum hatte, die weit darüber hinaus abstrahlte. Dort also, wo «TV total» fest verankert war, zeigt der Münchner Sender nun Dutzendware. Re-Runs von diversen Sitcoms, quotenschwache US-Drama-Serien oder Tattoo-Formate von Schwestersender sixx. Brainpool-Chef Grabosch hatte schon vor einiger Zeit im Quotenmeter.de-Interview angedeutet, «TV total» hätte man auch ohne Raab und mit neuem Gesicht weitermachen können. Dieses Unterfangen wäre freilich mit Risiko verbunden gewesen. Aber gegen eine neue und tägliche Verabredung am späten Abend spricht eigentlich nichts. Im Gegenteil: Mit einem solchem Move würden die Programmmacher auf die Marke ProSieben einzahlen.

3. Die US-Serien


Zumal man inzwischen auch bei ProSieben erkannt haben dürfte, dass man mit US-Lizenzware kaum noch Erfolge wird generieren können. Ausnahmen gibt es nur ganz wenige. Es sind zumeist die etablierten, also schon langlebigen US-Serien, die noch halbwegs ziehen: «The Big Bang Theory», «Grey’s Anatomy», teils noch «Die Simpsons». Zahlreiche Neustarts – von «Pure Genius» oder «Supergirl» bis hin zu «Empire» oder «This Is Us» erwiesen sich als Quotenschädling. Entsprechend kann nur eine Reduzierung des US-Angebots (eventuell verbunden mit neuen und schnelleren Programmierungsstrategien) der Weg aus der Krise sein. Zugleich bedeutet das: ProSieben muss mehr Eigenproduziertes ins Programm nehmen. Erste Anzeichen dafür gibt es schon: Der Münchner Sender will eine Reality-Show namens «Get the Fuck Out of My House» zeigen. Wöchentlich. Ab Herbst.

4. Das «Galileo»-Problem


Über Jahre hinweg war es zudem «Galileo», das mit konstant zweistelligen Marktanteilen für einen ordentlichen Einstieg in die Primetime sorgte. Dieses sichere Zugpferd ließ sich der Münchner Sender auch einiges kosten. Doch seit einigen Monaten fällt immer wieder die Schwäche des 19.05-Uhr-Formats auf. Beispiel: Zwischen dem 1. August und den darauf folgenden 22 Tagen landete das Magazin nur fünf Mal bei mehr als zehn Prozent Marktanteil. An den anderen Tagen: Mal acht Prozent, mal sogar weniger als sieben.

«Galileo» bedarf einer Überarbeitung inhaltlicher Natur: Das Projekt „«Galileo» 2018“ muss angegangen werden. Dabei gilt es Fragen zu beantworten wie: Wo liegt der USP der Sendung heute wirklich? Ist es förderlich, schädlich oder egal, dass man pro Tag an die 70 Minuten Sendezeit hat? Was machen Ableger wie «Galileo 360°» bei ProSieben Maxx mit der Gesamtmarke?

5. Eigene Ideen


Nicht zuletzt täte ProSieben gut daran, wieder mehr auf eigene Ideen zu setzen. Im Sommer machte der Sender mit einer solchen Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass dem Kopf von Stefan Raab ein neues TV-Konzept entsprungen sei, das Anfang 2018 starten wird. Es ist eine Gründershow – und somit eigentlich schon wieder ein Aufspringen auf den fahrenden Zug von «Die Höhle der Löwen». Und auch wenn ProSieben viel Beifall für die Ideen bekam, die man in Düsseldorf bei den Screenforce Days präsentierte: Angesichts der aktuellen Quotendelle ist nicht ganz klar, ob das geplante Programm wirklich ausreichen wird, um doch noch halbwegs trocken an Land zu kommen. Gerade im Showbereich am Samstag, also dort, wo die fetten Marktanteile noch winken, wären frische, gute und vor allem live produzierte Shows gerne gesehen. Und dann wäre da ja noch ein potentieller neuer Abend an dem auf US-Ware zu verzichten und auf Eigenes zu setzen ist. Eigentlich eine prima Chance für die TV-Kreativen dieses Landes. Wenn ProSieben und seine eifrigen Redakteure sie mal machen ließen…

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Es gibt 37 Kommentare zum Artikel
tommy.sträubchen
30.08.2017 14:23 Uhr 1
Es ist wirklich kaum zu glauben wie Pro Sieben abgeschmiert ist. Auch die 4% Im Gesamtmarkt sind desaströs. Man sollte nicht den Fehler wie RTL2 machen und nur auf die Jugend setzten.Es muss die perfekte Mischung sein. Vielleicht mal ne eigene Serie (außer Comedy bitte) und dann etwas Geduld und nicht nur 3 Folgen produzieren pro Staffel. In den USA gibt es wirklich gute Formate...man hat nur die falschen Deals gemacht. Ne Original BB Staffel..usw (funktioniert in so vielen Ländern wenn man es richtig macht)...obs allen gefällt sei mal Nebensache aber das Ziel für Pro 7 muss steigende Marktanteile sein...
Kingsdale
30.08.2017 14:28 Uhr 2
Es liegt gewiss nicht an der US-Ware, sondern an der Ware die gekauft wurde. Es gibt noch einige US-Serien die auf den Bezahlsendern sehr gute Erfolge feiern und da die Sat.1/Pro7 AG keinen Arsch in der Hose hatte sich Serien wie GoT oder TWD zu schnappen, ist ihr Pech und ärgert sie noch heute. Wenn man nach den Quoten von RTL II ausgeht (die die Serien mittlerweile allerdings totsenden). Andere Top-Serien wurde nicht eingekauft, sondern Billigware weil man vielleicht Geld sparen wollte. Ich weiss es nicht. Fakt ist, der eingekaufte Mist hat es nicht gebracht!
BungaBunga
30.08.2017 15:33 Uhr 3
Insgesamt wurde hier schon der Kern des Sachverhaltes im Artikel gut getroffen. Und es liegt natürlich auch an US Lizenzware, denn früher hatte man dazu keinen Zugang da hatte man bei der ersten Ausstrahlung eine gewisse Exklusivität heute kann man US Sender direkt schauen obder man bekommt die Serien schneller, bequemer und umfangreicher auf den diversen VoD Plattformen, diese Serien haben daher nur noch einen geringen Reiz. Ansonsten fällt eben auf das man längere Zeit nicht mehr wirklich ins Programm investiert hat, weder finanziell noch durch kreative Arbeit. War früher ProSieben einer der Sender, der immer wieder mal neue Formate präsentierte, so ist von diesem Engagement in der letzten Zeit wenig verblieben. Vieles wirkt beliebig, lieblos usw. Wenn man das heute mal vergleicht sind die Öffis ja eiegentlich dagegen Innovationstreiber. ProSieben muss sein aktuelles Programm hinterfragen und ggf. neu positionieren. Es braucht auch wieder mehr Eigenproduktionen und neue Formatideen. Mehr oder wenig sein ganzes Bestehen alleine auf Joko und Klaas aufzubauen ist sehr riskant, zumal die Abstände da zwischen den Einsätzen und Shows einfach recht groß sind. Und natürlich muss der Sender Einnahmen mit Werbung erzielen, aber auch da sollte man den Stil dann doch mal evaluieren. Hat man dann mal eine populäre Show im Programm, dann ist die mittlerweile so dermaßen von Werbung dominiert, dass diese sich tatsächlich enorm auf den Unterhaltungswert und die Dramaturgie auswirkt, zumal die Werbung nicht nur zu dominant ist sondern teilweise auch sehr unpassend kommt.
P-Joker
30.08.2017 15:37 Uhr 4
Vielleicht sollte man da mal zurückschauen, was man so zwischen 1994 und 2000 gesendet hat.

Also genau in der Zuschauerstärksten Phase des Senders.



Da lief zum Beispiel die ProSieben-eigene (!) Deutsche Krimiserie "Die Straßen von Berlin".

Unter anderem für die habe sogar ich diesen Sender eingeschaltet.

Es gab in der Zeit noch andere interessante Sendungen.



Interessant ist auch, der der kontinuierliche Abstieg praktisch ab dem Zeitpunkt begann,

als man mit Sat1 fusionierte ...
Fernsehfohlen
30.08.2017 15:45 Uhr 5


So mag ich das nicht stehen lassen wollen. Bis vor ca. anderthalb Jahren war ProSieben jahrelang mit der stabilste Privatsender, während RTL und Sat.1 deutlich an Zugkraft verloren haben. Es scheint derzeit eher so, als hole man den Abstieg nach, gegen den man sich davor jahrelang sehr eisern gewehrt hat. Aber von einer Abwärtsspirale seit Anfang des Jahrtausends kann mit Blick auf die Quoten keinerlei Rede sein.





Fohlen
P-Joker
30.08.2017 16:19 Uhr 6
Nun ja, am Anfang war der Rückgang noch nicht so stark ausgeprägt, aber kontinuierlich war er trotzdem:



1990: 1,8 %

1991: 3,8 %

1992: 6,5 %

1993: 9,2 %

1994: 9,4 %

1995: 9,9 %

1996: 9,5 %

1997: 9,4 %

1998: 8,7 %

1999: 8,4 %

2000: 8,2 %

2001: 8,0 %

2002: 7,0 %

2003: 7,0 %

2004: 7,0 %

2005: 6,7 %

2006: 6,6 %

2007: 6,5 %

2008: 6,6 %

2009: 6,6 %

2010: 6,3 %

2011: 6,2 %

2012: 5,9 %

2013: 5,7 %

2014: 5,5 %

2015: 5,3 %

2016: 5,1 %
medical_fan
30.08.2017 16:20 Uhr 7
Man sollte vielleicht auch mal das Daytime Programm runderneuern lange wird das auf jeden Fall nicht mehr gut gehen und dann hat man ein Problem...

Zudem sind die "Comedys" dort nie lustig gewesen da kann man ja mehr über den gescripteten Schwachsinn bei den Polizeiformaten lachen....



Big Brother ist ja schon bei sixx(!!!) gescheitert dann wird es bei Pro7 erst recht scheitern. Sowie läuft BB auch nur noch in den USA,dem Land der bekloppten, gut in England wurde es ja auf Channel 4 eingestellt und seitdem läuft es auf Channel 5 wo es allerdings schlechte Quoten einfährt und sie es deshalb nach Auslaufen des Vertrages beenden möchten....



"Die Straßen von Berlin" war einfach nur beschissen genauso wie das "Delta Team" ebenfalls eine Pro7 "Krimi" serie.

RTL hat schon immer bessere Krimiserien produziert(Doppelter Einsatz, Balko, Alarm für Cobra 11 etc...)



Ja toll auf "Bezahlsendern" da ist jede Serie ein Erfolg weil da die Ansprüche nicht so hoch sind und die wo richtige Erfolge feiern sind zum Glück Nischenprogramme...

Und nur weil du die als "Topserie" bezeichnest ist sie lange noch keine Topserie sondern wahrscheinlich auch nur "Mist"
P-Joker
30.08.2017 17:51 Uhr 8


Sorry, aber gerade hat mein Nachbar angefragt warum ich so laut lache ... 8)
Scarface
30.08.2017 18:38 Uhr 9


So seh ich das auch.



Die Zeiten sind vorbei das die Leute wie früher alle gespannt vor dem TV auf die Nächste Folge warten trotz 3-4 Werbeblöcke.

Es gibt heute zu viele Alternativen wo man die Serien legal oder illegal herbekommt.
CaptainCharisma
30.08.2017 18:48 Uhr 10
Lösungssuche schön und gut, aber muss man auch nicht in Anbetracht ziehen, dass das Ende der Fahnenstange, für dieses Medium in der Form, erreicht ist?



Serien kann man rausnehmen. Der Serienmarkt im linearen US TV ist nahezu tot. Es reiht sich Flop an Flop. Das sollte P7 auch nicht mehr tätig werden. Was zieht und Qualität besitzt, läuft auf Netflix und Co. und Fans schauen auch ihre Serien eher dort.



Eigene Ideen und Produktion hat man ja auch an den Tag gebracht. Dahingehend war P7 ja nicht untätig. Es hat nur niemand geschaut.



Late Night hat man auch versucht. Enissa Amani und der dicke Typ. Hat aber niemanden interessiert.



Dann greift man nach dem Strohhalm "Gesicht". Raab hatte erfolgreiche Events, aber seine täglich Show lief auch nicht berauschend. Dann gab es ein Yoko & Klaas Overkill und auch hier, bleib der tägliche Erfolg aus.





Das lineare Fernsehen, muss sich neu erfinden oder aussterben. Die 90er Jahre Formel funktioniert nicht mehr.
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