Facts zum Format: «Bojack Horseman»
- Genre: Animierte Sitcom / Adult animation / Dramedy /Satire
- Schöpfer: Raphael Bob-Waksberg
- Stimmen (Original): Will Arnett, Amy Sedaris, Alison Brie, Paul F. Tompkins, Aaron Paul u.w.
- Titelmusik: Patrick Carney (The Black Keys)
- Episodenzahl: 37 (3 Staffeln)
- Episodenlänge: ca. 26 Minuten
- Erstveröffentlichung: 22. August 2014 (Netflix)
Kunst über Massentauglichkeit: Wie «Bojack Horseman» es sich selbst schwer macht
Wählen die Nutzer dann auch noch den deutschen Ton, verringern sich die Chancen der Serie, von ihren Zuschauern ins Herz geschlossen zu werden, weiter, schließlich schöpft «Bojack Horseman» seinen Humor zu wesentlichen Teilen auch aus unübersetzbaren Tier-Wortwitzen. «Bojack Horseman» markiert die Entscheidung für die Kunst und gegen Massentauglichkeit, was es dem Format von Raphael Bob-Waksberg sichtlich erschwert, von der breiten Öffentlichkeit als so vielschichtig und originell erkannt zu werden, wie es die Sendung verdienen würde.
Und auch obwohl etliche Kritiker die Qualität der Serie längst erkannt haben, wartet «Bojack Horseman» neben eines ausbleibenden Zuschauerhypes auch auf große Awards. Schon die Beschreibung der Serie schreckt viele Personen von der Ansicht ab. «Bojack Horseman» ist ein misanthropischer, abgehalfterter Schauspieler. Das war nicht immer der Fall. In den 90er Jahren trug Bojack noch die Hit-Sitcom «Horsin‘ Around». Dieser Erfolg liegt nun über 20 Jahre zurück. Längst steht Bojack nicht mehr im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, was ihm sichtlich zusetzt. Er flüchtet sich in Alkohol und Drogen, in zwanglose Affären, er trägt bunte Bill Cosby-Gedächtnispullover und vor allem beschwert er sich über alles und jeden in Hollywoo (ja, Hollywoo, denn Bojack hat das D des Hollywood-Zeichens geklaut), der Traumfabrik der US-Unterhaltungsindustrie.
Der ungekrönte König unter den Animationsserien
Kritikerspiegel «Bojack Horseman»
- Staffel 1: Rotten Tomatoes 60% / Metacritic 59/100
- Staffel 2: Rotten Tomatoes 100% / Metacritic 90/100
- Staffel 3: Rotten Tomatoes 100% / Metacritic 89/100
Neben seiner tiefgründigen Natur füllt «Bojack Horseman» seine bunte Tierwelt aber gleichzeitig mit mehr Witzen als sie 100 Hollywood-Drehbücher liefern könnten und mit aufsehenerregenden Gastauftritten oder Parodien auf verschiedenste Hollywood-Größen. Der Cast enthält ohnehin schauspielerisch brillante Stimmen wie Will Arnett («Arrested Development»), Alison Brie («G.L.O.W.») oder Aaron Paul («Breaking Bad»), Jeffrey Wright «James Bond: Casino Royale»), Stephen Colbert, Patton Oswalt («King of Queens») oder Stanley Tucci («Die Tribute von Panem»).
Die selbstzerstörerische Ader «Californications» mit dem Hollywood-Wahnsinn «Entourages»
Im Stile von «Californication» bildet ein griesgrämiger, aber liebenswerter Antiheld das Zentrum der Serie, dessen Selbstzerstörung Macher Bob-Waksberg in bewegende Kunst verwandelt und dabei nie die zutiefst menschlichen Emotionen vergisst, die noch immer in den Tiefen seines Titelcharakters schlummern. Damit zeigt Bob-Waksberg auch in einer Zeit, in der die Tragödie als Unterhaltungsform schon fast verdrängt wurde, dass dieses bis in die Antike zurückgehende Genre noch immer über eine fruchtbare Basis verfügt und Hand in Hand mit herzhaften Lachern gehen kann. «Bojack Horseman» bewegt und erheitert Zuschauer wie kaum eine andere Serie – falls sie darin investieren. Gleichzeitig kommen Zuschauer, die sich mit der Celebrity-Kultur Hollywoods befassen durch Anspielungen auf bekannte Filme, Studios oder Prominente auf ihre Kosten. Ähnlich wie in HBOs «Entourage».
Obwohl «Bojack Horseman» etliche Serienbestenlisten der vergangenen Jahre füllt, übersahen die großen Award-Shows, ob Emmys oder Golden Globes, das Format, was angesichts der vergangenen dritten Staffel, die sich ganz und gar Bojacks Promotionsbemühungen um die Oscar-Nominierung seines vielversprechenden Comeback-Films verschreibt, dabei die Schattenseiten der Industrie aufdeckt und ihn so wieder in Abgründe stürzt, ironisch wirkt. Und bedauernswert, wenn Zuschauer an die grandiose, von Zuschauern gepriesene Staffel drei-Episode „Fish Out of Water“ zurückdenken. Eine Art Konzept-Episode, die fast gänzlich ohne Dialog auskommt, als Bojack bei einem Unterwasser-Filmfestival gastiert. Bob-Waksberg schrieb einen leidenschaftlichen Brief an Netflix, um das Unternehmen von der Episode, die an das Storytelling von Buster Keaton- oder Charlie Chaplin-Filmen erinnert, zu überzeugen. Letztlich kürten diverse Kritiker die Episode zur besten Serien-Folge des gesamten Jahres 2016.
Fans anspruchsvoller Serienstoffe kann nur eines geraten werden: Richtet eure Blicke auf «Bojack Horseman» und gebt dem Format eine Chance. Die Netflix-Serie wurde aufgrund ihrer zunächst eigenwilligen Prämisse Opfer des gegenwärtigen Serien-Hypes, der massig leichter zu konsumierende Kost in Fernsehen oder Streaming-Portale spülte, mit denen einige Zuschauer der Einfachheit halber Vorlieb nehmen. Obwohl «Bojack Horseman» unter Kritikern längst kein Geheimtipp mehr ist, hat sich das Celebrity-Pferd noch keinen großen Namen in der Serienkultur erarbeiten können. ‚A horse with no name‘ - gleichzeitig ein bekannter Song aus den 70er Jahren, der für die vierte Staffel des Formats gecovert wurde. Verschafft «Bojack Horseman» den Namen, den die Serie verdient.
Netflix veröffentlicht die volle vierte Staffel von «Bojack Horseman» am 8. September 2017.
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