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Das deutsche Kino braucht leider das Fernsehen als Finanzierungshilfe. Fernsehleute sitzen in Fördergremien und fördern natürlich verstärkt Filme, die sie später auch senden können. Es gibt Ausnahmen, aber das ist ein Teufelskreis, aus dem die Branche gerade nicht herauskommt. Da es um öffentliches Geld geht, muss die Zusammensetzung der Gremien der Filmförderung wahrscheinlich so sein. Da sind einfach zu viele Köche mit unterschiedlichen Interessen am Herd.
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Ralf Huettner
Das ist so einfach wie traurig: Dem deutschen Kino geht’s nicht gut. Es gibt vereinzelte Erfolgsfilme, Komödien, die den Schnitt nach oben reißen – «Fack Ju Göhte», Schweiger, die «Hartmanns». Aber sonst...? Viele Erstlinge, die Mitte, der "Bauch" an Filmen fehlt. Es gibt kaum noch deutsche Verleiher und Produzenten, die wirklich große und mutige Dinger raushauen. So einer wie Eichinger fehlt schon sehr.
Rückblickend: Was hat die Blase zum Platzen gebracht? Ist es die so gern beschuldigte Filmpiraterie?
Nein, das glaube ich nicht. Das deutsche Kino braucht leider das Fernsehen als Finanzierungshilfe. Fernsehleute sitzen in Fördergremien und fördern natürlich verstärkt Filme, die sie später auch senden können. Es gibt Ausnahmen, aber das ist ein Teufelskreis, aus dem die Branche gerade nicht herauskommt. Da es um öffentliches Geld geht, muss die Zusammensetzung der Gremien der Filmförderung wahrscheinlich so sein. Da sind einfach zu viele Köche mit unterschiedlichen Interessen am Herd. Verstehen Sie mich nicht falsch: Es gibt noch immer großartige Filme, aber es sind Ausnahmen und sie werden immer weniger.
Die Debatte um folgenden Vorschlag ist zwar versiegt, aber wenn wir hier schon theoretisieren: Wäre eine Deutschquote im Kino hilfreich?
Ja! Super! Ich bin dafür, her damit. Ist zwar schade, dass wir das brauchen, aber was will man machen? Ohne Frauenquote ändert sich ja leider auch nichts. Also muss die her. Manche Dinge kommen nur vorwärts, wenn man sie durchdrückt. Ich bin gespannt, was mit dem Elektroauto passiert...
Ich kann mir aber vorstellen, dass Teile des Publikums sich bei einer Deutschquote erst recht sperren, weil sie nichts aufgezwungen haben wollen …
Gut möglich, dass es so Leute geben wird. Aber es würde für mehr Geld sorgen, für mehr Experimente im Kino, Geld für mehr und besseres Marketing. Der deutsche Film hat gegen die US-Blockbuster und deren Marketing keine Chance. Wir können kein «Dunkirk», wir können kein «Fast & Furious», haben nicht das Budget für vergleichbare Action oder Special Effects. Wir können nur mit schrägen Einfällen, Figuren und Geschichten punkten, wir müssen mit unserem Herzen, ja jetzt werde ich pathetisch, ein Gegenprogramm liefern. Aber auch dafür brauchen wir Geld. Und wir müssen unbedingt aufhören, rum zu jammern. Dann muss man halt Fernsehen machen, wenn man kein Kino machen kann.
Kündigt sich nicht langsam auch ohne Deutschquote eine Renaissance an? «Toni Erdmann» und «Victoria» sind von der Kritik respektierte Programmkinoprojekte, die auch gute Besucherzahlen geschrieben haben …
Das sind zwei Ausreißer. Zwei in wie vielen Jahren? Daran allein kann sich die Branche nicht festhalten.
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Die Leute vom kleinen Fernsehspiel denken wunderbar un-fernseh-haft und investieren in mutige und riskante Filme wenig Geld.
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Ralf Huettner
Die Leute vom kleinen Fernsehspiel denken wunderbar un-fernseh-haft und investieren in mutige und riskante Filme wenig Geld. Wo und wann laufen die Filme dann im ZDF? Wo findet das deutsche Kino überhaupt im Fernsehen statt? Es gibt keine eingeführten Sendeplätze, keine Spielwiese, wo man den Zuschauer an den deutschen Film heranführt. Sobald die Filme für das Hauptabendprogramm vorgesehen sind, sieht sowieso alles ganz anders aus. Dieser Druck schränkt die Themenauswahl und die Kreativität dann schon sehr ein. Und den Mut. Im Hauptabendprogramm muss jeder erreicht werden – von 14 bis 90 Jahre. Das schafft Filme, die vielleicht viele gucken, aber letztlich belanglos und austauschbar sind. Warum gucken denn immer weniger Menschen Fernsehen?
Wie gehen sie aus ihrer Position als Regisseur gegen all diese Blockaden vor?
Indem ich versuche, die Geschichten, die mir angeboten werden, auf meine Art zu erzählen. Wenn ich keinen Zugang zu der Geschichte habe, lasse ich es. Aber Filmprojekte werden einem ja nicht angeboten, weil man blonde Haare hat. Es gibt schon eine gewisse Erwartung. Bei «Löwenherz» habe ich den Fokus verlegt, weg von der Ermittlung, hin zum Familiendrama.
Ich stelle mir den Castingprozess für Theo sehr schwer vor.
Es gibt durchaus mehr Darsteller mit Trisomie, als man gemeinhin mitbekommt. Diese Schauspieler sind mehr am Theater tätig. Dort sind wir auch auf Jonas Sippel gestoßen, und als wir uns mit ihm unterhalten haben, stand schnell der Entschluss fest, dass er perfekt für die Rolle ist. Trisomie 21 ist eine starke Behinderung, also mussten wir die Drehzeiten an das anpassen, was Jonas stemmen kann und ich musste lernen, meine Form der Schauspielführung auf ihn anzupassen. Es war zwar ein ungewöhnlicher Dreh, aber auch ein sehr erfüllender und ich bin Jonas sehr dankbar, dass er sich auf mich eingelassen hat und auch stolz auf mich, auf das Ergebnis und dass wir das alles im Rahmen eines Samstagabendkrimis hingekriegt haben.
Vielen Dank für das spannende Gespräch.
Ralf Huettners jüngste Regiearbeit, «Kommissarin Lucas – Löwenherz» ist am 9. September 2017 um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.
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