Kurzfragen an Nikolaus Blome 1/2
Wissen Sie schon, wen Sie im Ende September wählen werden oder müssen Sie sich erst noch entscheiden?Dazu sage ich nichts.
Wen würden Sie gerne einmal interviewen - und was würden Sie ihn fragen?
Wenn ich garantiert eine ehrliche Antwort bekäme? Dann Angela Merkel: "Wann haben Sie beschlossen, 2015 doch nicht zurück zu treten?"
«Augstein und Blome»: Einig, einander uneinig zu sein
Mehr Reibungspunkte bietet definitiv Nikolaus Blome, nicht zuletzt als stellvertretender Chefredakteur der BILD-Zeitung, die als Boulevard-Blatt Themen häufig zuspitzt und damit auf ständigen Unmut vieler Beobachter stößt. Für sie ist Blome der Böse. Sieht man sich «Augstein und Blome» jedoch an, wird das Urteil den gleichen Beobachtern schwerer fallen. Beide Diskutanten treten schließlich miteinander in den Dialog, lassen sich bis zu einem gewissen Grad auf die Standpunkte des politisch Andersgesinnten ein oder entkräften dessen Ansichten mit Argumenten, die sich nicht unmittelbar von der Hand weisen lassen. Schnell bemerkt der Zuschauer: Beide haben sichtlich Spaß an der Diskussion. Trotzdem würden sowohl Augstein als auch Blome sich nie eingestehen, einander in wesentlichen Streitfragen im Grunde nahezustehen. Sie sind sich einig, einander uneinig zu sein.
Zwar habe die Sendung auch immer etwas Spielerisches, sie solle ja unterhalten, sagt Blome im Gespräch mit Quotenmeter.de, „aber ich würde niemals etwas sagen, wovon ich nicht ernsthaft überzeugt bin. Das hält Jakob Augstein, denke ich, genauso. Und das ist ja das Irre: Er denkt wirklich, Zwei plus Zwei ist Fünf. Oder Fünfzehn“, erklärt Blome, stets spitzelnd gegenüber seinem Kollegen. „Einig sind wir darin, den anderen stets zu respektieren, aber selten ausreden zu lassen.“ Besonders selten sei dies bei Themen der Fall, bei denen Wirtschaft und Politik sich vermischen und wenn man über um Anstand, Vernunft und Moral rede, findet Blome. „Und vor allem: Wenn es darum geht, was wichtiger ist: Staat, Gesellschaft oder der Einzelne?“ Beide wissen und akzeptieren, dass es unterschiedliche Weltanschauungen gibt. Das sei auch gut so.
‚Streiten macht Spaß, Recht behalten auch‘
Kurzfragen an Nikolaus Blome 2/2
Wie können Sie als Journalist gegen Politik-Verdrossenheit vorgehen?Besser schreiben. Besser streiten. Vor Großen Koalitionen warnen.
Haben Sie jemals überlegt, selbst in die Politik zu gehen?
Nein.
Was würden Sie tun, wenn Sie einen Tag lang Bundeskanzler wären?
Hoffen, dass nichts Arges passiert, bevor er zu Ende ist.
Nikolaus Blome kann durchaus als Talk-Experte bezeichnet werden. Außer in «Augstein und Blome» gastierte Blome bereits etliche Male in den reichweitenstärksten Talk-Formaten des deutschen Fernsehens. Seit Kurzem ist er außerdem integraler Bestandteil des jungen BILD-Talks «Die richtigen Fragen», einer Online-Show des Blatts mit politischem Fokus. In dessen Rahmen stellte sich jüngst erst Bundeskanzlerin Angela Merkel den eingesendeten Fragen deutscher Bürger und denen Blomes. Dass Blome im BILD-Talk eine andere Herangehensweise an seine Gegenüber pflegt, ist für ihn selbstverständlich.
„Jeder Talk hat seine Idee“, sagt der 53-Jährige. „«Die richtigen Fragen» von BILD sollen montags früh die Woche über schnelle, nachrichtenstarke Interviews mit Spitzenpolitikern eröffnen.“ Dazu schalte das BILD-Team die Politiker oft über Skype und Handy in die Sendung, ganz gleich, wo sie gerade sind. Für die Zeit vor der Bundestagswahl habe man diese Vorgehensweise nun mit allen relevanten Kandidaten in längeren Interviews intensiviert. „«Augstein und Blome» bei phoenix dagegen soll Lust auf politischen Streit machen, Argumente schärfen, Meinungen aufeinandertreffen lassen,“ unterscheidet Blome. Da der Sender «Augstein und Blome» schon so lange die Treue halte, habe sich, so Blomes Eindruck, eine echte Fangemeinde aufgebaut. Zumindest würden Augstein und er immer mal wieder auf der Straße auf phoenix und ihre Sendung angesprochen.
Blomes Anspruch an die BILD
Zum Werdegang Nikolaus Blomes
Anfang der 1990er Jahre schloss Blome die renommierte Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg ab. Von 1991 bis 1993 engagierte ihn der Berliner Tagesspiegel als Wirtschaftsredakteur, zugleich schrieb er als Korrespondent für Regionalzeitungen in Brüssel, ehe Blome zum Axel-Springer Konzern wechselte. Für Die Welt arbeitete er zunächst ab 1997 als Ressortleiter und ab 1999 als Büroleiter in Brüssel. Im Mai 2001 wurde Blome zum stellvertretenden Chefredakteur der Welt ernannt, ab 2002 leitete er die Ressorts Innenpolitik und Parlamentsbüro, bevor Blome 2006 zur BILD wechselte und die Zeitung 2013 nur für ein zweijähriges Engagement beim Spiegel verließ. Heute ist er stellvertretender Chefredakteur der BILD und verantwortet die Ressorts Politik und Wirtschaft. Seine Zeit als Brüsseler Korrespondent, wo er zum ersten Mal von Wirtschaft bis Außenpolitik alles machen durfte und seinen Wechsel von der Welt zu BILD prägten Blome nach eigener Aussage professionell und persönlich am meisten.So richtig mag der besonnene Blome nicht zum vorherrschenden Image der BILD passen, es hat den Anschein als stehe ihm die Leidenschaft am Themenfeld Politik über der Linie seines Blatts, obwohl der gebürtige Bonner es dennoch bestens versteht, den Anspruch an seine Arbeit und die Wahrheit mit dem Stil der BILD in Einklang zu bringen. „Lang kann jeder. Kurz ist Kunst“, antwortet Blome daher angesprochen auf die häufig zuspitzende, kürzer ausfallende Berichterstattung der BILD. In anderen deutschen Leitmedien lässt man sich deutlich mehr Zeit und Platz. Durch sein nicht einmal zweijähriges Intermezzo beim Spiegel Verlag als stellvertretender Chefredakteur von Spiegel und Spiegel Online hat Blome direkte Vergleichswerte. Etwas unrühmlich endete damals die Zusammenarbeit. Obwohl Blome sich menschlich in Hamburg nichts habe zu Schulden kommen lassen, gingen einige Kollegen aufgrund seiner BILD-Vergangenheit auf die Barrikaden, hieß es aus verschiedenen Medien. Eine Trennung „im gegenseitigen Einvernehmen“ war die Folge.
„BILD muss im Print stärker fokussieren als andere Blätter, härter austeilen, klarer unterscheiden zwischen großen und kleinen Themen“, kommentiert Blome den Unterschied zu anderen großen deutschen Blättern. Auf BILD.de müsse man unterdessen absolut unverwechselbar und prägnanter formulieren und schneller sein als die anderen. „Die Kunst ist es, dass aus einer gemeinsamen Redaktion heraus zu leisten. Und auf diesem Feld haben die lieben Ex-Kollegen vom Spiegel eher Boden verloren als gut gemacht.“ Der gemeinsamen Redaktion ist es auch zu verdanken, dass Blome immer bestens vorbereitet ist, sei es als Gastgeber oder Gast eines Polit-Talks. „Da wird soviel über Politik und Wirtschaft diskutiert und gerauft, dass jede politische Gesprächssendung nahtlos daran anschließen kann“, erzählt Blome, der Geschichte mit den Nebenfächern Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaft in Bonn und Paris studierte.
Fasziniert von der Politik
Seit den 1990er Jahren berichtet Blome in verschiedenen Medien politisch. „Mich fasziniert das Spiel der Kräfte und Ideen in der Politik“, bringt Blome sein großes Interesse an der Politik auf den Punkt. „Es ist jeden Tag anders.“ Nichts anfangen kann er daher mit Unkenrufen, die sich darauf beziehen, dass die Bundestagswahl 2017 längst entschieden und keineswegs spannend sei. „Mit Verlaub: Das Genöle von den Logenplätzen geht mir auf die Nerven“, findet Blome. „Wer sich als politischer Journalist während eines Bundestagswahlkampfes immerzu langweilt, der ist im falschen Beruf.“
An Angela Merkel, die Ende September bereits zum vierten Mal zur Wahl steht, hat Nikolaus Blome ohnehin ein besonderes Interesse entwickelt. Aus diesem resultierte mit „Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin“ 2013 sogar ein Buch. Die Veröffentlichung liegt nun über vier Jahre zurück und auch die Kanzlerin machte seither Höhen und Tiefen durch. „Ende 2015 und Anfang 2016 sah es ein wenig so aus, als hätten zu große Teile der Mitte-Wähler mit ihr gebrochen. Aber Merkel bleibt Merkel. Und die Mitte in Deutschland liebt es, dem zu vertrauen, was sie kennt.“ Ob spannend oder nicht, Blome scheint für den Ausgang der Bundestagswahl also bereits eine Prognose parat zu haben. Doch darin besteht der Reiz der Politik, denn er weiß: „Selbst nach 25 Berufsjahren können Sie jeden Tag überrascht werden und dastehen wie ein Anfänger.“
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