Cast & Crew
- Darsteller: Hannelore Elsner, Marie Bäumer, Navid Navid, Emilo Sakraya, Robert Schupp u.a.
- Buch: Kerstin Schütze
- Regie: Sophie Allet-Coche
- Kamera: Stefan Wagner
- Produktion: novafilm Fernsehproduktion
- Produzent: Geraldine Voss, Corinna Marx
Doch nicht mit Lilo: sie reißt aus und überredet den LKW-Fahrer Sami (Navid Navid) zu einem Road Trip. Ihr Ziel: Hamburg, wo sich einst ein düsteres Familiendrama abspielte. Diese Rechnung hat sie jedoch ohne ihre hartnäckige Familie gemacht, denn nicht nur ihre Tochter und ihr Enkel versuchen sie zu finden, sondern auch Andreas merkt plötzlich, was ihm wirklich wichtig ist. Durch diese abenteuerliche Reise wird die Familie ordentlich aufgemischt und einige Geheimnisse kommen auf den Tisch.
Passend zur Jahreszeit liefert «Ferien vom Leben» bekannte Probleme verpackt in einem soliden und seichten Road Trip, bei dem sich humorvolle und emotionale Momente abwechseln, sodass die Produktion nie in zu ernste Gefilde abdriftet. Dabei macht der Fernsehfilm den Eindruck, dass die Produzenten sich nicht zu 100 Prozent festlegen wollten, ob es sich bei ihrem Film nun um ein Drama, eine Komödie oder einen Liebesfilm handelt. Irgendwie ist es letzten Endes ein Mix aus allen drei Genres, was manch einem vielleicht zu viel Durcheinander sein könnte. Inhaltlich werden unterschiedliche Themen angerissen, die allesamt für den Zuschauer nicht unbedingt neu sind, sondern in ähnlicher Form schon in vielen Filmen behandelt wurden. Im Mittelpunkt steht dabei eine Familie, die sich eigentlich nicht mehr viel zu sagen hat, bestehend aus dem homosexuellen Sohn Vincent, der mit seiner Sexualität hadert, dem Ehepaar Caro und Andreas, welches sich in seiner 19-jährigen Ehe immer weiter voneinander entfernt hat und eine dysfunktionalen Mutter-Tochter Beziehung, die von alten Konflikten belastet und non-existent ist. Vielmehr möchte die Tochter die Mutter am liebsten in ein Altersheim abschieben, während letztere den Lebensstil ihres Sprösslings kritisiert. «Ferien vom Leben» zeichnet dementsprechend das Bild einer kaputten Familie, welches sehr nah an der Realität angelehnt ist und gelungen unterstreicht, dass wir oft dazu tendieren vor Problemen wegzulaufen und zu schweigen, anstatt darüber zu reden.
Dass aus dem Road Trip dann gleich mehrere kleinere Road Trips werden, bei denen nicht nur Lilo auf einen sympathischen Weggefährten trifft, der als Außenstehender im Verlauf des Filmes als Stimme der Logik auftritt, sondern auch Mutter und Sohn sich wieder annähern, ist sicherlich ebenfalls nicht überraschend. Die Idee weiß jedoch zu überzeugen und bietet den einzelnen Figuren und deren individuellen Handlungsstränge mehr Raum. Aufgrund der Spielzeit von 90 Minuten werden viele der dargestellten Schwierigkeiten jedoch nur oberflächlich angerissen. Es fehlt einfach der Tiefgang. Vielmehr verliert sich «Ferien vom Leben» stellenweise in übertriebenem Kitsch, was aber sicherlich den Geschmack der Zielgruppe treffen dürfte, grundsätzlich aber doch zu dick aufgetragen ist. Dazu ist die Handlung ab und an vorhersehbar und verfällt in altbekannte Klischees und Stereotype. Mehr Kreativität hätte dem Film hier gut getan und für spannendere Wendungen gesorgt. Das macht sich dann auch am Ende bemerkbar, wenn alles so kommt, wie es der Zuschauer von Anfang an vor Augen hat – erneut garniert mit einer dicken Prise Kitsch. Das größte Problem stellt hier auch das sagenumwobene düstere Geheimnis dar, welches im Verlauf des Filmes immer wieder angesprochen wird, am Ende aber niemanden wirklich verblüffen dürfte, weshalb es «Ferien vom Leben» nicht gelingt, eine überzeugende Spannungskurve aufzubauen.
Als absoluter Sympathieträger erweist sich hingegen Navid Navid, der in die Rolle des Perser Sami schlüpft und den Zuschauern so nicht nur dessen Kultur näher bringt, sondern auch wichtige Lebensweisheiten mit ihnen teilt und sich dadurch sicherlich in deren Herzen schleichen dürfte. Zumal gerade seine Figurenzeichnung gelungen ist und von typischen Stereotypen abweicht. Schauspielerisch bewegt sich die ZDF-Produktion hingegen auf hohem Niveau. Allen voran Hannelore Elsner und Marie Bäumer wissen zu überzeugen und schaffen es lustige und emotionale Momente gleichermaßen glaubhaft darzustellen. Es ist vor allem ihre Chemie, die den Film trägt. Aber auch der Rest des Casts, bestehend aus Emilo Sakraya, Daniel Axt und Robert Schubb, liefern eine gute Leistung ab und holen heraus, was aus ihren teilweise doch recht blassen Figuren rauszuholen ist.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Bei «Ferien vom Leben» handelt es sich um einen soliden Road-Trip-Film, der stellenweise zwar in viel Kitsch ausartet und vorhersehbar ist, aber trotz seiner Schwächen zu überzeugen weiß. Geschuldet ist dies vor allem dem Wechsel zwischen lustigen und emotionalen Szenen, die für eine leichte Atmosphäre sorgen, aber auch den schauspielerischen Leistungen, die alle auf dem Punkt sind. Am Ende bleibt ein leichter Fernsehfilm, der zwar die dargestellten Probleme lediglich oberflächlich beleuchtet, dafür aber für gute Unterhaltung sorgt und somit perfekt für einen lauen Spätsommerabend geeignet ist.
Das ZDF zeigt «Ferien vom Leben» am Sonntag, 17. September 2017 um 20.15 Uhr.
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