Hintergrund-Bericht zum Thema
Mit «Detlef Soost» versucht RTL II das Daily Talks in Deutschland wiederzubeleben. Hinter dem Genre liegt eine wilde, erfolgreiche, aber auch vergleichsweise kurze Geschichte. Lesen Sie einen Rückblick von Timo Nöthling mit dem Titel "Deutschland, deine Talkshows: «Detlef Soost» & die Rückkehr des Daily Talks" hier noch einmal nach.Wenn die erste Folge von «Detlef Soost», der neuen Nachmittags-Talkshow von RTL II, eines zu bieten hat, dann definitiv das: Viele vermeintliche Lebensweisheiten. Dazu: Machos, die sich selbst zu geil für diese Welt finden. Und inmitten dessen einen Detlef Soost, der seinen Job gar nicht schlecht zu meistern weiß. Ja, mit «Detlef Soost» bringt RTL II einen Hauch des Privatfernsehens der 90er Jahre zurück ins TV. Dabei setzt die Sendung inhaltlich keine hochwertigen Akzente, aber bedient sich an altbekannten Formeln. Konnte also die erste Folge von «Detlef Soost» mit einem vermeintlich angestaubten Erfolgsrezept eine neue Generation für sich gewinnen?
Back to the roots
Die erste tägliche Talkshow im deutschen Fernsehen hieß «Hans Meiser». RTL zeigte die Sendung erstmalig am 14. September 1992 - also vor ziemlich genau 25 Jahren. Das Genre boomte danach einige Jahre, sorgte nicht zuletzt für reichlich Krawall am Nachmittag und spülte letztlich auch viele Zuschauer zu RTL, Sat.1 und ProSieben. Seit dem Ende des Sat.1-Talks «Britt» im Jahr 2013 ist es dagegen recht ruhig geworden um die Talks im privaten Fernsehen. RTL versuchte sich im letzten Jahr an einer einmaligen Neuauflage des «heißen Stuhls» - doch an Talkshows mit Normalos traut sich inzwischen kein Privatsender mehr heran.
Umso überraschender mutete es an, als RTL II vor einigen Wochen verkündete, eine neue tägliche Talkshow mit Detlef Soost ins Programm nehmen zu wollen. Der Hintergedanke der Programmplaner dürfte auf der Hand liegen: Wer in den 90er Jahren, als die Talkshows ihren vorläufigen Höchepunkt feierten, Teil des jungen Publikums war, zählt heute mitunter 50 Jahre oder mehr. Zur werberelevanten Zielgruppe gehört er somit nicht mehr - im Gegensatz zu den Jugendlichen von heute, die den Talk-Boom der 90er Jahre zumindest nicht aktiv miterlebten.
„Schön schlank, klein und süß“
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„Ich mag es, Menschen in der einen oder anderen Richtung Impulse zu geben (...). Ich möchte ihnen helfen, aus der Opferrolle rauszukommen.“
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Detlef Soost über seine neue Sendung in der B.Z.
Mit der Zeit kommen schließlich weitere Gäste hinzu; zum Beispiel die Schwester von Salvatore, die ihm natürlich widerspricht. Sie findet, dass ihr Bruder „die Frauen verarscht“. Ist der erste Streit also vorprogrammiert? Nicht wirklich. Die beiden tauschen ein paar Halbweisheiten aus, die für die meisten Zuschauer wenig überraschend daherkommen dürften. Zu einem echten Streit kommt es zwischen den beiden aber nicht.
Rein vom Erregungslevel her gesehen, kommt Folge eins von «Detlef Soost» tatsächlich ruhiger daher als so manche Scripted Reality. Robert, der selbst von sich behauptet, einen „krasseren Lifestyle“ zu haben, stößt zwar nicht nur auf Gegenliebe - wirklich provozieren kann er bei den Talkgästen aber auch nicht. Überhaupt liegt die Vermutung nah, dass alles das, was bei «Detlef Soost» passiert, nicht ganz so ernst genommen wird. Zwar gibt es einige Zuschauer im Publikum, die sich in die Diskussion einschalten. Die meisten scheinen aber eher zu "genießen", wenn einer der Machos am Pult mit einem (peinlich-)lockeren Spruch daherkommt. Wobei die Grenzen zwischen "genießen" und "leichtem Fremdscham" fließend sein dürften...
Detlef Soost ist seiner Rolle gewachsen
Bei alledem scheint Detlef Soost die richtige Besetzung für den Posten des Moderators zu sein. Mit seinen Fragen gelingt es ihm, viel aus seinen redseligen Gästen herauszubekommen. Soost ist auf der einen Seite extrovertiert (was für das Sendungskonzept absolut notwendig ist), auf der anderen Seite drängt er sich aber nicht unangenehm in den Vordergrund.
Und trotzdem ändert das natürlich nichts daran, dass das Thema der Auftaktfolge denkbar primitiv ist und die Argumente der Protagonisten entweder klar und deutlich auf der Hand liegen oder eben den gängigen Klischees entsprechen. Von Niveau kann bei Detlef Soosts Talkshow nicht die Rede sein - doch wer hätte das auch schon erwartet? Einen Grimme-Preis haben schließlich auch Hans Meiser oder Oliver Geissen nicht für ihre Talkshows bekommen. Und mit Qualitätsfernsehen haben und hatten Scripted Realitys und Gerichtsshows ähnlich wenig zu tun.
Und so darf man RTL II wenigstens zu gute halten, dass man sich mit «Detlef Soost» um Abwechslung am Nachmittag bemüht. Inmitten von Sitcom-Wiederholungen und Blaulicht-Polizisten kann man zumindest von einem alternativen Konzept sprechen, wenngleich man in Sachen Niveau natürlich keine neuen Maßstäbe zu setzen weiß. Hinzu kommt, dass Soost seinen Job nicht schlechter macht als manch einer seiner Vorgänger im selben Genre. Gut möglich also, dass das Publikum der Sendung eine Chance geben wird.
«Detlef Soost» ist ab dieser Woche immer montags bis freitags um 15 Uhr bei RTL II zu sehen.
Es gibt 5 Kommentare zum Artikel
18.09.2017 17:32 Uhr 1
18.09.2017 18:09 Uhr 2
18.09.2017 19:46 Uhr 3
19.09.2017 09:20 Uhr 4
19.09.2017 18:24 Uhr 5