Filmfacts «Hans Zimmer Live»
- Regie: Tim van Someren
- Produktion: Jeremy Azis
- Kamera: Rolf Dekens
- Musik: Hans Zimmer
- Laufzeit: 150 Minuten
- FSK: ohne Altersbeschränkung
Der in Frankfurt am Main geborene Komponist entdeckte zwar sehr früh seine Leidenschaft zur Musik, aber etwaige Karrierebestrebungen, als Teil einer Band seinen Lebensunterhalt zu verdienen, gab er rasch auf. Zu großes Lampenfieber!! Also verdingte er sich als Jingle-Komponist, bis er erste Aufträge fürs musikalische Untermalen von Filmen erhielt. 1988 gelang ihm der Durchbruch in Hollywood, spätestens seit dem drei Jahre später erschienenen «Backdraft» gilt Zimmer dank seiner wuchtigeren Kompositionen außerdem als besonders starker Kreativpartner für Actionfilme. Im Herbst 2014 schloss sich dann der Kreis: Nunmehr eine lebende, wenngleich eben wegen seiner zuweilen extrem bombastischen Stücke nicht unumstrittene, Filmmusiklegende, gab Zimmer in London zwei umjubelte Konzerte. Mit einem mehrfach preisgekrönten Archiv an unvergesslichen Kompositionen im Rücken ist das Lampenfieber wohl kein Problem mehr …
Offenbar hat Deutschlands musikalischer Exportschlager damals Blut geleckt. Seit 2016 tourt Hans Zimmer um den Globus und füllt mit seinen Konzerten regelmäßig ganze Stadien. Und nachdem er mehrmals die Art und Weise veränderte, wie Filmmusik klingen kann, ändert Zimmer mit seinen Auftritten nunmehr das Wesen von Filmmusikkonzerten. Üblicherweise sind dies eher gediegene Veranstaltungen – werden zuweilen Filmsuiten doch auch als das moderne Pendant zur klassischen Musik bezeichnet.
Hans Zimmer dagegen lässt auf seinen Touren seinen inneren Rockmusiker ausbrechen. Der Sound wird durch Verstärker gejagt und voll aufgedreht, die altbekannten Stücke werden rockiger sowie dynamischer arrangiert und an einer fetzigen Lichtshow wird selbstredend auch nicht gespart. Selbst wenn der Maestro auf der Bühne betont, das Publikum solle die Show als kleinen Dinnerabend unter Freunden verstehen, an dem ab und an etwas Musik gespielt wird: Ein Hans-Zimmer-Konzert ist kein klassischer Orchesterabend, sondern eine ausgewachsene Eventshow einer jungen, wilden Rockband, die bereits über großen Ruhm verfügt und daher auf der Bühne klotzen kann, statt bloß zu kleckern.
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Begleitet wird der mit Regisseuren wie Gore Verbinski, Ridley Scott und Christopher Nolan befreundete Komponist von insgesamt 72 Musikern – darunter befinden sich ein Symphonie-Orchester, ein Chor und eine 21-köpfige Band, die wiederum aus Rockkünstlern und langjährigen Kollegen Zimmers besteht. Allein schon das musikalische Feuerwerk aus teils obskureren Zimmer-Kompositionen und seinen einprägsamsten Hits, das diese Truppe abfeuert, macht den Kinoeintritt bezahlt – zumal die Stücke in einer kristallklaren, gewaltigen Klangabmischung präsentiert werden. Selbst wenn ein Konzertfilm nicht das Gefühl ersetzen kann, das entsteht, wenn Zimmer nach einem fesselnden «Pirates of the Caribbean»-Medley oder dem berührenden «The Da Vinci Code - Sakrileg»-Hauptstück einfach mal das hoch experimentelle Schurkenthema aus «The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro» raushaut und sich in einem packvollen Stadium ein Großteil des Publikums spürbar von dieser Soundattacke überwälzt, aber ebenso beindruckt fühlt.
Kleiner Wermutstropfen am «Hans Zimmer Live»-Konzertfilm: Regisseur Tim van Someren ist kein Jonas Åkerlund. Der schwedische Musikvideoregisseur präsentierte Anfang 2017 mit «Rammstein: Paris» einen Konzertfilm, der das Feeling eines Rammstein-Liveauftritts in Filmform übersetzte – wilde Schnitte, extreme Kameraaufnahmen und manische Bildeffekte hielten mit dem Bombast mit, den die Neue-Deutsche-Härte-Truppe auf der Bühne abliefert. Tim van Someren ist da traditioneller: Obwohl Zimmer auf der Bühne quasi zum Rammstein unter den Filmmusikkomponisten mutiert, ist «Hans Zimmer Live» ein klassischer Konzertmitschnitt, der die beeindruckende Show technisch makellos einfängt. Das allein ist schon eine lobenswerte Leistung – trotzdem hätte eine Spur mehr Hans-Zimmer-Wahnsinn das unberechenbare Wesen des Sensationskomponisten noch besser widergespiegelt.
Fazit: Spitzensound, brillantes Bild und phänomenale Filmmusiken – dieser Konzertfilm ist ein Muss für jeden Hans-Zimmer-Fan. Ganz gleich, dass «Hans Zimmer Live» inszenatorisch nicht so waghalsig ist wie die Konzerte des Oscar-Preisträgers.
«Hans Zimmer Live» ist am 1. Oktober 2017 in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
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