Hingeschaut

«Der Preis ist heiß»: Die Show der fantastischen Preise begeistert auch 2017 noch

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Mit einem knackigen Fünferpack an großem Gameshow-Spaß wartet RTLplus von nun an am Vorabend auf - inklusive einer ganz neuen alten Show. Die kommt deutlich schmucker daher als ihre Vorgänger und weiß auch heute noch mit Ausgelassenheit und Charme zu punkten. Das ist auch den beiden neuen Moderatoren zu verdanken.

«Der Preis ist heiß»: Zahlen und Fakten

  • lief zwischen 1989 und 1997 im Vormittags- und Nachmittagsprogramm von RTL
  • Harry Wijnvoord und Walter Freiwald präsentierten insgesamt 1873 Folgen
  • US-Original «The Price Is Right» läuft schon seit 1956 bis heute
  • in Deutschland wurde die Show letztlich aufgrund hoher Produktionskosten eingestellt - und weil RTL der Altersdurchschnitt seines Publikums zu hoch war
  • Wijnvoord selbst kämpfte u.a. mit einer Petition jahrelang um ein Comeback des Formats - darf an der Neuauflage nun allerdings nicht partizipieren
Allzu viele Argumente hat RTLplus auch nach 16 Monaten noch nicht sammeln können, die auf die Notwendigkeit seiner Existenz schließen lassen - manch ein Zuschauer mag angesichts der ansonsten stark dominierenden Endlos-Wiederholungsstrecken sagen, es gäbe genau vier: Das «Familien Duell», «Ruck Zuck», «Jeopardy!» und das «Glücksrad», die allesamt nun mit 45 frischen Folgen ausgestattet werden. Ein fünftes Argument kehrt ab sofort mit «Der Preis ist heiß» hinzu, das sogar ab 17:45 Uhr die Retro-Gameshow-Schiene einleiten und vielleicht ja auch noch weiter beflügeln wird. Nach Sichtung der Auftaktfolge und einem Besuch von gleich zwei Aufzeichnungen deutet sich an, dass der kleine Spartensender hier auch monetär ein wenig aufs Gaspedal drückt - und es dennoch sehr gut schafft, den Flair des Originals ins 21. Jahrhundert zu transportieren, ohne allzu altbacken zu wirken.

Moderiert werden die von UFA Show & Factual in Köln Ossendorf produzierten 30 Folgen, die übrigens mit einer Netto-Laufzeit von rund 45 Minuten doppelt so lang ausfallen wie jene der anderen vier Neuauflagen, von dem im Hauptprogramm bereits bestens bekannten Wolfram Kons als Hauptgastgeber sowie von Thorsten Schorn als dessen Assistent. Sie führen wie einst Harry Wijnvoord und Walter Freiwald in den 90ern durch insgesamt sechs Spielrunden pro Show, bevor das Rad entscheidet, welche zwei Kandidaten im Finale um den großen "Superpreis" spielen dürfen. Mit anderen Worten: Am Konzept hat man so gut wie nichts geändert, sondern nur die Moderatoren ausgetauscht und die Optik sowie Akustik sanft modernisiert - wobei in diesem Fall das Adjektiv "sanft" zu unterstreichen ist, nicht das Verb "modernisiert".


Kons und Schorn: Stark im Alleingang, Luft nach oben im Zusammenspiel


Und dabei sei gleich einmal Entwarnung gegeben: Kons und Schorn sind weit davon entfernt, ähnlich eklatante Fehlbesetzungen zu sein wie Jan Hahn als Gastgeber des «Glücksrads». Sie treten bei weitem nicht so steif und hölzern auf, Kons plaudert mitunter recht angeregt mit den allesamt aus dem Studio-Publikum ausgewählten Kandidaten, die emotional oftmals noch irgendwo zwischen Schock, Aufregung und kompletter Euphorie abgeholt werden wollen und mimt einen charmanten, punktuell auch durchaus gewitzten Gastgeber. Schorn wiederum ist als Ansager der legendären und auch heute noch für den Schriftzug "Dauerwerbesendung" am oberen Bildrand verantwortlich zeichnenden Werbetexte fast ein wenig verschenkt, trägt diese aber mit einer wohldosierten Prise Sarkasmus vor, sodass auch diese Passagen eher verspielt wirken - und weniger wie kaltes Marketing.

Als Besucher zweier Aufzeichnungen möchte ich dennoch mein Bedauern ausdrücken, dass Schorn fernab des Ablesens seiner Texte kaum in Erscheinung tritt, denn insbesondere in den Pausen war es mehr er als Kons, der mit spontanen Anekdoten und ungezwungener Interaktion mit den Studiogästen für Stimmung sorgte und die besten Pointen auf seiner Seite hatte. Davon bekommt man bei der finalen Schnittfassung fürs Fernsehen jedoch kaum etwas mit, weil (nachvollziehbarerweise) die Spiele im Zentrum des Interesses stehen. Am Zusammenspiel zwischen den beiden Gastgebern kann allerdings generell noch ein wenig gefeilt werden, in der Auftaktepisode sind sie sowohl räumlich als auch verbal doch relativ stark voneinander abgeschnitten.


Die edelste Versuchung, seit es RTLplus-Shows gibt


Der Kern des Kults bleibt natürlich unangetastet. Die Musik, die Spiele, auch die Abläufe. Das große Hallo am Anfang. Das Rad. [...] Allein der Vorspann. Die alte Melodie haben wir noch mal neu eingespielt. Moderner, aber dennoch «Der Preis ist heiß» pur. Ganz innovativ sind wir bei den Assistentinnen. Da gibt es nämlich jetzt auch Assistenten. Auch Männer dürfen die Preise präsentieren.
Wolfram Kons bezüglich Neuerungen und dem Festhalten an Altbekanntem.
Erfreulich edel kommen derweil die Spiele daher, von denen es im Laufe der Staffel gleich 26 geben soll, die allesamt schon aus früheren Zeiten bekannt sind. Ein wenig entstaubt und dennoch stark an die 90er erinnernd - so kann man wohl den Eindruck ganz gut auf den Punkt bringen, den sie auf den Zuschauer machen. Auch das Wagnis, nicht wieder auf das Einheitsstudio der anderen Gameshow-Revivals zu setzen, das bei aller Wirtschaftlichkeit eben doch einen sehr sterilen und kalten Eindruck macht, stellt sich als großer Gewinn für die Außenwirkung dieser Show heraus, die doch viel größer und prunkvoller daherkommt und gar nicht so weit entfernt ist von der Magie einstiger Tage. Dass die Zuschauerränge prall gefüllt sind und nicht gefühlt nur drei gelangweilte Rentner, vier beschäftigungslose Studenten und zwei Mitarbeiter des Produktionsstudios semi-interessiert dem Geschehen folgen, macht atmosphärisch doch viel aus.

Neben der Spiele hat man auch an alten Ritualen wie dem "Großen Hallo" und dem leuchtenden Bilderrahmen zu Beginn, dem spontanen Aufrufen neuer Kandidaten ("XYZ - Sie sind dabei!") und natürlich dem Kult-Motto "Nicht überbieten!" festgehalten. Die Titelmelodie muss man indes sogar direkt mit der alten vergleichen, um überhaupt herauszuhören, dass sie leicht verändert wurde. Und auch die alten Boxen als Kandidatenpulte kommen einem angenehm vertraut vor.

Wer jedoch mit dem Gedanken spielt, vielleicht auch einmal der einen oder anderen Aufzeichnung beizuwohnen, sollte gutes Sitzfleisch mitbringen, denn sie umfassen alles in allem pro Folge dann doch einmal rund zwei Stunden. Neben einigen kleinen Haklern innerhalb der Spiele - bei der Auftaktfolge bleibt etwa eine Spielscheibe bei "Plinko" kurz hängen - ist das vor allem der relativ aufwändigen Aufbauten der Spiele und Preise geschuldet, weshalb zwischen den Spielen stets ein wenig Leerlauf zu überbrücken ist. Auf den Rängen dominierte das Verständnis dafür, zumal die Sendung in dieser Form und unter diesen Verantwortlichen vor und hinter der Kamera ja noch in den Kinderschuhen steckt, an mancher Stelle häuften sich aber auch die Pannen und Wartezeiten. Das merkt man auch der TV-Version an, die in einigen wenigen Momenten (wohl schnittbedingt) leicht abgehackt daherkommt.


Zwischen all den Ritualen: Spielevielfalt dringend anzuraten


Ich freue mich auf drei Dinge. Erstens, dass wir den Zuschauern offenbar etwas zurückgeben, was sie über viele Jahre wirklich vermisst haben. Zweitens, in einem Studio mit großer Spielfreude richtig viel Spaß mit einem enthusiastischen Publikum zu haben. Diese Energie. Und drittens, mit einer Mischung aus ganz jungen und ganz erfahrenen Leuten, die damals schon diese Sendung produziert haben, ein Kultformat neu zu beleben. Eine wunderbare Mischung.
Wolfram Kons über die Dinge, auf die er sich bei der Neuauflage am meisten freut.
Was sich ferner bei meinem Studiobesuch herauskristallisiert hat: Man wird aufpassen müssen, nicht allzu viele Spiele allzu häufig einzusetzen. Mit dem bekannten Intro, den diversen festen Ritualen sowie dem "Rad" und dem "Superpreis" am Ende fußt die Sendung wie viele ihrer Kollegen auch auf einem Gerüst, das von relativ vielen Repetitionen dominiert ist. Die sechs wechselnden Spiele dazwischen sorgen für die nötige Abwechslung - oder eben auch nicht, wenn man zwei Aufzeichnungen hintereinander besucht und wie in meinem Falle dann dieselben Spiele doppelt geboten bekommt. Und da ich nicht der Einzige war, der beiden Aufzeichnungen beiwohnte, ließ eben auch die Begeisterung des Publikums innerhalb dieses Aufzeichnungstages hintenraus spürbar nach.

Im Fernsehen wird sich das Revival dann auch wohl nur längerfristig halten können, wenn man zwischen den 26 Spielen, deren Regeln Wolfram Kons übrigens im Vorfeld schon auswendig lernte, clever durchwechselt. Sonst wird die nostalgische Magie, die "Plinko", "Verflixte 7" oder "Absturz" mit dem legendären "Kraxelhuber" (das übrigens in der Auftaktfolge fehlt, im weiteren Verlauf der Staffel allerdings noch zum Einsatz kommen wird) mit sich bringen, wohl relativ schnell relativ stark nachlassen - was eingedenk der Kosten und Mühe, die man in diese Show steckt, doch bedauerlich wäre.

Und dann wäre da noch die Frage danach, ob auch bei einem nischigen Spartensender wie RTLplus von "fantastischen Preisen" die Rede sein kann, ohne dass man sich den eingelaufenen Pullover mit Amigos-Motiv so schönreden muss wie die in der durchschnittlichen RTLplus-Werbepause angepriesenen musikalischen Machwerke aus den Untiefen des Plastikschlagers. Die Antwort lautet: Ja. Natürlich werden hier keine Luxusschlitten oder Traumreisen im Akkord rausgehauen, aber über fast alle Preise darf sich ein Ottonormalverbraucher authentisch freuen - und mit etwas Dusel und Geschick sind sogar tatsächlich Sachgewinne im fünfstelligen Bereich erreichbar.

Retro-Voting: Welche Gameshow magst du unabhängig von der RTLplus-Umsetzung vom Konzept her am liebsten?
«Familien Duell»
15,3%
«Ruck Zuck»
18,0%
«Jeopardy!»
6,3%
«Glücksrad»
7,9%
«Der Preis ist heiß»
52,6%


Fazit: Vieles richtig gemacht


Unterm Strich macht die Neuauflage von «Der Preis ist heiß» viele Dinge richtig, die das «Glücksrad» zuvor noch falsch gemacht hatte und es somit zum größten Ärgernis innerhalb der großen RTLplus-Gameshow-Welle hatte werden lassen: Das Grundvertrauen in und der Respekt vor der Magie des Originals ist der Show durchgehend anzumerken, auf deren Basis man sehr bedacht und punktuell Modernisierungsmaßnahmen eingeflochten hat. Man hat sich nicht mit einem billigen Abklatsch unter altbekanntem Label begnügt, sondern offenkundig nach Kräften darum gerungen, attraktive Gewinne, eine wertige Optik und ein ansehnliches, üppig gefülltes Studio aufzutreiben. Das hebt diese Show prinzipiell vom gesamten restlichen Quartett ab - doch die Divergenz zum «Glücksrad» fällt deshalb besonders stark ins Gewicht, weil dessen 90er-Jahre-Original noch sehr nah am heißen Preis war, die Neuauflage aber nur noch wie dessen kleine, schmuddelige Schwester aus der heimischen Garage wirkt.

Ob sich das alles letztlich auch rentieren wird, ist insbesondere aufgrund der Exklusivverwertung auf einem kleinen Spartensender ohne wirkliche Relevanz fraglich. Man kann dieses Bemühen um ein wenig Hochglanz aber auch als eine kleine Ansage an die Konkurrenz und sich selbst verstehen: Ja, wir meinen es wirklich ernst mit diesem Retro-Sender. Und ja, wir sehen die neuen alten Gameshows als unseren großen USP, mit dem wir nun so richtig angreifen wollen. Fans des Genres hoffen sicherlich auf derlei (implizite) Ansagen - und stellen mal so ganz nebenbei schüchtern die Frage: Jetzt, wo man ein entsprechendes Studio mit nennenswerten Zuschauerrängen hat... wo ist eigentlich «Geh aufs Ganze» abgeblieben?

RTLplus zeigt von nun an immer montags bis freitags 30 neue Folgen von «Der Preis ist heiß» um 17:45 Uhr. Wiederholungen laufen gegen 1:10 Uhr nachts.

Kurz-URL: qmde.de/96329
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