Die Kino-Kritiker

«Borg/McEnroe» oder: Das spannendste Tennismatch aller Zeiten

von   |  5 Kommentare

In der skandinavischen Produktion « Borg/McEnroe» widmet sich der Däne Janus Metz den beiden Tennis-Rivalen Björn Borg und John McEnroe, die sich Anfang der Achtzigerjahre ein nie dagewesenes Duell lieferten.

Filmfacts: «Borg/McEnroe»

  • Kinostart: 19. Oktober 2017
  • Genre: Biopic/Drama
  • FSK: o.Al.
  • Laufzeit: 107 Min.
  • Kamera: Niels Thastum
  • Musik: Vladislav Delay, Jon Ekstrand, Carl-Johan Sevedag, Jonas Struck
  • Buch: Ronnie Sandahl
  • Regie: Janus Metz
  • Darsteller: Shia LaBeouf, Stellan Skarsgård, Sverrir Gudnason, Tuva Novotny, Björn Granath
  • OT: Borg McEnroe (SWE/DK/FIN 2017)
Die Sportgeschichte ist voller historischer Duelle – und die Filmgeschichte voller Beiträge über genau diese. Nur das Tennis blieb davon bislang weitestgehend unberührt; stattdessen erhielten die Formel eins («Rush – Alles für den Sieg»), das Schachspiel («Bauernopfer – Spiel der Könige»), Boxen und natürlich diverse Ballsportarten ihre wohlverdienten Biopics und Dramen, basierend auf realen Ereignissen. In diesem Jahr dringen dafür direkt zwei Tennis-Filme an die Öffentlichkeit: Neben dem emanzipatorisch wertvollen Oscar-Anwärter «Battle of the Sexes» über den legendären Kampf der Geschlechter zwischen Billie Jean King und Bobby Riggs, geht es in «Borg/McEnroe» über das Anfang der Achtzigerjahre ausgetragene Match zwischen den damaligen Plätzen eins und zwei der Weltrangliste: den Schweden und Wimbledon-Titelverteidiger Björn Borg sowie seinen US-amerikanischen Herausforderer John McEnroe, die heute längst nicht mehr Rivalen, sondern vielmehr gute Freunde sind. Dass das jedoch nicht immer so war, bringt uns der dänische Regisseur Janus Metz («True Detective») in seinem Langfilmdebüt näher, das er zwar konsequent auf das entscheidende Match als großen Höhepunkt zusteuern lässt, sich davor allerdings vornehmlich mit den emotionalen Facetten der beiden Protagonisten befasst.

So geht es zwar auch darum, wie aus Borg und McEnroe zwei solche Ausnahmeathleten wurden, im Fokus stehen indes die Menschen hinter dem Erfolg – und damit dürfte «Borg/McEnroe» auch all jene überzeugen, die mit Tennis normalerweise gar nichts am Hut haben.

Im Jahr 1980


Das traditionsreichste Tennisturnier, die Wimbledon Championships, steht vor der Tür und für den besten Tennisspieler der Welt soll es ein Triumphzug werden. Björn Borg (Sverrir Gudnason) kann zum fünften Mal den Titel holen. Jedoch hat seine lange, schon im Kindesalter begonnene Karriere Spuren hinterlassen. Obwohl er erst 24 Jahre alt ist, fühlt Borg sich erschöpft und ausgebrannt, leidet unter Ängsten. Davon ist John McEnroe (Shia LaBeouf) noch weit entfernt. Der 20jährige aufstrebende Star will Borg vom Thron stürzen und ist fest entschlossen, Wimbledon zu gewinnen. Doch mehr und mehr fühlt er sich, ebenso wie Borg, als wäre er in einem Käfig gefangen. In der Öffentlichkeit sorgt McEnroes aufbrausendes Temperament immer wieder für Schlagzeilen und die Medien stilisieren den Zweikampf immer weiter hoch: der coole Borg gegen den verzogenen McEnroe. Nach und nach müssen die beiden Gegner erkennen, dass ausgerechnet ihr größter Rivale der einzige sein könnte, der versteht, was sie durchleiden…

«Borg/McEnroe» setzt an, kurz bevor für Björn Borg die fünfte Teilnahme am prestigeträchtigen Tennisturnier in Wimbledon ansteht. Für ihn wäre es die vierte Titelverteidigung infolge und der längst überfällige Eintrag in die Sportgeschichtsbücher als dato erfolgreichster Tennisspieler aller Zeiten. Sei es nun die Tatsache, dass für Borg einfach viel mehr auf dem Spiel steht, oder dass Drehbuchautor Ronnie Sandahl («Svenskjäval») in diesem cholerisch-unkontrollierten Zeitgenossen die interessantere Figur sieht: «Borg/McEnroe» widmet sich in erster Linie seiner Person und nimmt sich in vielen Rückblenden die Zeit, seinen Werdegang nachzuzeichnen. Auf der einen Seite tun die Macher gut an dieser Entscheidung, denn tatsächlich ist es äußerst spannend zu sehen, wie es Borgs Entdecker und Mentor Lennart Bergelin (Stellan Skarsgård) gelang, den überschäumenden Ehrgeiz so zu kontrollieren, dass das Nachwuchs-Tennisass all die Energie und Wut über sein Versagen darin zu bündeln wusste, in den späteren Spielen noch mehr Leistung aus sich herauszuholen.

Mit teils drastischen Trainingsmethoden («Whiplash» lässt grüßen!) trieb Bergelin ihn dazu an, stets sein Bestes zu geben, stand ihm gleichzeitig aber auch immer als treuer Freund und Berater zur Seite. Borgs Weg vom Unruhestifter zum Idol für eine ganze Sportlergeneration ist gewiss nicht frei von Klischees, gewinnt durch die ungehobelte Attitüde Björn Borgs, der partout nicht verlieren konnte, viel Authentizität. Mögen muss man seine Person daher nicht, egal ist sie einem aber keineswegs.

«Rocky», «Rush», «Borg/McEnroe»


Auf der anderen Seite offenbaren die wenigen Szenen rund um John McEnroes Vergangenheit, dass auch in seiner Figur genug gesteckt hätte, um ihr eine ebenbürtige Betrachtung zuzugestehen. In einer Szene sehen wir den jungen John, der sich von seiner Mutter die Haare schneiden lässt. Als er für einen Test in Geschichte eine Benotung von 96 von 100 Punkten erhält und sogar der Klassenbeste ist, entgegnet sie nur, dass es auf der Welt mehr Menschen gibt, als nur die 30 Schüler aus Johns Klasse – und somit mindestens einen, der noch besser ist, als er. Es sind solche Szenen, die andeuten, dass McEnroe, anders als Borg, verstärkt von Außen getrieben wurde, sodass auf dem Center Court anschließend nicht bloß ein Kampf darum entbrennt, wer denn nun der bessere Tennisspieler ist, sondern auch darum, welche Form von Ehrgeiz am Ende zu größerem Erfolg führt. Bis es so weit ist, widmet sich «Borg/McEnroe» jedoch gar nicht so sehr um den Tennissport, sondern darum, wie sehr das Streben nach Perfektion an jenen Menschen nagt, die permanent nach Erfolg streben.

Besonders im Hinblick auf Borg bezieht Janus Metz auch das Pflegen von Freundschaften und das private Ausleben einer Liebesbeziehung ins Geschehen mit ein, wenngleich jene Szenen zu den stärksten gehören, in denen er den Umgang der Medien mit dem Wimbledon-Ereignis betrachtet: An Sport war zum damaligen Zeitpunkt nämlich kaum mehr einer interessiert. Stattdessen wurde das Duell zwischen Borg und McEnroe zu einer persönlichen Fehde aufgeblasen.

„Wäre das hier ein Schwergewichtsboxkampf, würde der Schiedsrichter diesen jetzt beenden!“ – das sagt einer der Fernsehkommentatoren am Rande des spektakulären Zweikampfs zwischen Björn Borg und John McEnroe, als sich selbst nach vielen Stunden (das entscheidende Match gilt bis heute als eines der spannenden der Tennisgeschichte) immer noch kein Sieg für eine von beiden Seiten abzeichnete. Nicht nur auf dem Platz geben die spektakulär auftrumpfenden Hauptdarsteller Sverrir Gudnason («Gentlemen & Gangsters») und Shia LaBeouf («American Honey») alles, um ihr persönliches Profil – fokussierter Ehrgeizling gegen aufbrausenden Hitzkopf – mit der körperlichen Kraft zu verbinden, die während eines solchen Spiels aufgebracht werden muss. Auch abseits des technisch herausragend authentisch und gleichzeitig von hohen cineastischem Wert (wo sich bei Fernsehübertragungen von Tennisspielen auf wenige Kameraperspektiven beschränkt werden muss, holen die Verantwortlichen hier alles Mögliche aus dem Spiel heraus, sodass selbst die redundantesten Ballwechsel nie langweilig werden) eingefangenen Finalspiels überzeugen die Akteure in ihren Rollen.

Spitze Zungen möchten behaupten, dass ein Shia LaBeouf, der zuletzt vorwiegend mit persönlichen Eskapaden in die Schlagzeilen geriet, für die Rolle des aggressiven Fighters wie prädestiniert sein müsste, während Gudnason das Publikum immer wieder geschickt hinter die coole Fassade seines Björn Borg blicken lässt. Letztlich gehen beide voll und ganz in ihrer Arbeit auf, in dem sie sich so sehr in den Dienst ihrer Schauspielperformance stellen, wie Borg und McEnroe einst in den ihres Sports. Und ein Happy End gibt es ganz unabhängig vom Ausgang des Matches obendrein.

Fazit


Janus Metz lässt in seinem skandinavischen Langfilmdebüt «Borg/McEnroe» nicht bloß die Achtzigerjahre wiederaufleben, sondern auch eine der heißblütigsten Rivalitäten der Tennisgeschichte. Der mit ebenso dramatischen, wie komischen Zwischentönen versehene Sportfilm ist ein wenig zu sehr auf Björn Borg fokussiert, hat allerdings das Herz am rechten Fleck und ist selbst dann hochspannend, wenn einem der Ausgang des Matchs bekannt ist.

«Borg/McEnroe» ist ab dem 19. Oktober in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/96552
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Es gibt 5 Kommentare zum Artikel
Quotermain
19.10.2017 15:33 Uhr 1
Hätte man hier nicht mal auf junge Talente setzen können?



Hier spielt ein 39 Jähriger Sverrir Gudnason einen 24 jährigen Borg.

Ein 31er Lebuff den 20er McEnroe.



Bevor man argumentiert: Wir brauchen Kassenmangete.

Da hätte man auf Leböf verzichten müssen.
P-Joker
19.10.2017 15:54 Uhr 2
Ist doch vollkommen egal wie alt die Schauspieler sind.

Wichtiger ist doch bei einer solchen Verfilmung, dass sie den Originalen weitgehend ähnlich sehen!
Neo
19.10.2017 16:40 Uhr 3

Ja, total der Kassenmagnet. Speilt ja auch stets in Blockbustern mit und ist nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Ein Herz, dieser LaBeouf.



Die beiden passen schon perfekt.
Nr27
19.10.2017 16:42 Uhr 4
Nein, wichtig ist vor allem, daß sie die schauspielerische Qualität besitzen, um die Essenz der realen Vorbilder zu treffen. Optische Ähnlichkeit ist sicher hilfreich (ebenso wie das richtige Alter), aber keineswegs das wichtigste - siehe Cate Blanchett als Katherine Hepburn in "Aviator".
Sentinel2003
20.10.2017 09:51 Uhr 5
Sehe ich auch so mit der Ähnlichkeit....da ist doch das Alter shit egal, Hauptsache, die Ähnlichkeit ist vorhanden.

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