Die Kino-Kritiker

Die Neunziger haben angerufen, sie wollen «Geostorm» zurück!

von   |  9 Kommentare

Das Genre des Katastrophenfilms war lange Zeit weg vom Fenster. Nun versucht sich Dean Devlin in «Geostorm» an einer weltweiten Wetterkatastrophe und macht daraus banales Hollywood-Effektekino.

Filmfacts: «Geostorm»

  • Kinostart: 19. Oktober 2017
  • Genre: Action/Katastrophenfilm
  • FSK: 12
  • Laufzeit: 109 Min.
  • Kamera: Roberto Schaefer
  • Musik: Lorne Balfe
  • Buch: Dean Devlin, Paul Guyot
  • Regie: Dean Devlin
  • Darsteller: Gerard Butler, Alexandra Maria Lara, Jim Sturgess, Abbie Cornish, Ed Harris, Amr Waked, Andy Garcia
  • OT: Geostorm (USA 2017)
Mitten in der afghanischen Wüste rafft ein Eissturm die Einwohner eines Dorfes dahin, basketballgroße Hagelkörner krachen auf die Erde und riesige Flutwellen bedrohen arabische Millionenmetropolen – das sind nur einige der hanebüchenen Ereignisse in Dean Devlins Katastrophenblockbuster «Geostorm», die der ehemalige Schützling von «Independence Day»-Regisseur Roland Emmerich auf die Weltbevölkerung loslässt. Damit entbehrt sein Film einer unübersehbaren Neunzigerjahre-Mentalität, als noch in schöner Regelmäßigkeit immer wieder neue Hyper-Naturkatastrophen ihren Weg auf die Leinwand fanden. Mittlerweile finden abnorme Wetterphänomene direkt vor unserer Haustür statt; entsprechend brach liegt das Subgenre des Katastrophenthrillers, das zuletzt vor drei Jahren mithilfe des Found-Footage-Booms wiederbelebt werden sollte («Storm Hunters»), dieses Unterfangen aber irgendwie nicht so recht funktionieren wollte. Im Klartext: Keiner wollte sich angucken, wie Teenies vor wild gewordenen Wirbelstürmen fliehen.

Wo man früher ein riesiges Budget in die Hand genommen hätte, standen Dean Devlin («The Quest») für die Realisierung von «Geostorm» daher nur finanzielle Mittel in Höhe von gerade einmal 81 Millionen US-Dollar zur Verfügung; wenig für einen nahezu ausschließlich über Computereffekte funktionierenden, massentauglichen Spektakelfilm. Entsprechend kurz kommt besagtes Spektakel dann auch, denn in «Geostorm» wird überraschend viel geredet, überraschend wenig geht zu Bruch und auf der Strecke bleibt selbst das sinnloseste Entertainment. Dazwischen müht sich Gerard Butler («Die nackte Wahrheit») in der schablonenhaften Rolle eines angestrengt grübelnd dreinblickenden Wissenschaftlers.

Die Welt (mal wieder) in Gefahr


Eine beispiellose Serie außergewöhnlicher Naturkatastrophen bahnt sich ihren Weg rund um den Globus. Aus diesem Anlass kommen die Regierungschefs der Welt zusammen, um ein Netz von Satelliten zu schaffen, das das Weltklima überwacht und Sicherheit für alle garantiert. Doch nun ist etwas schief gelaufen und das System, das den Planeten eigentlich schützen sollte, greift diesen an. In einem Wettlauf gegen die Zeit muss die wahre Bedrohung entdeckt werden, bevor ein weltweiter Geostorm alles ausradiert – und jeden. Dafür begibt sich der Wissenschaftler Jake (Gerard Butler) auf eine Weltraumstation um von dort aus die defekten Systeme zu reparieren. Doch die Zeit drängt – und irgendeiner in dem Team sabotiert außerdem seine Arbeit.

Je näher die Realität der Fiktion kommt, desto größere Geschütze müssen die Macher fiktiver Geschichten auffahren, um ihr Publikum zu verblüffen. Die Nachrichten bombardieren uns mit Stories über Flutwellen und Hurricanes – entsprechend erfrischend wirkt da das Grundkonzept von «Geostorm», das davon handelt, wie sich die Weltbevölkerung einst aufgrund diverser Wetterkatastrophen mithilfe eines Sattelitensystems von Umwelteinflüssen abschirmte. Das ist aus wissenschaftlicher Sicht betrachtet natürlich völliger Humbug, aber es ist immerhin einmal etwas Anderes. Leider scheint sich das Drehbuchautorenduo aus Dean Devlin und Paul Guyot (arbeiteten beide auch schon an «The Quest» zusammen) der Absurdität ihrer Prämisse nicht bewusst und inszeniert die Geschichte als todernstes Thrillerdrama, das sich viel zu lange an wissenschaftlichen Erklärungen aufhält. Auf der einen Seite ist dieses Bemühen um eine in sich geschlossene, logische Einordnung in die Realität bemerkenswert; auf wirklich jedes absurde Ereignis liefern die Fachleute sofort eine wissenschaftliche Theorie.

Auf der anderen Seite wirkt das dem kurzweiligen Spaß bei «Geostorm» entgegen, denn die in den Trailern und auf dem Plakat angekündigten Hyper-Katastrophen finden im Film letztlich nur in äußerst wenigen Einzelszenen statt. Stattdessen gibt es innerhalb der zähen 109 Minuten Laufzeit viel Dialog zu hören. Im Anbetracht des Irrsinns, über den hier debattiert wird, ist das mit der Zeit ganz schön ermüdend.

Viel Gerede, wenig Spektakel


So gerne man die vereinzelt auftretenden, in ihrer Konzeption prägnanten Actionszenen in «Geostorm» als das Herzstück des Films bezeichnen würde, so wenig ausdrucksstark sind sie am Ende doch, um dieses Prädikat zu rechtfertigen. Der Großteil des Budgets ist nämlich in die beachtlich hochwertige Ausstattung geflossen. Die Nachbildung der Raumstation kann sich sehen lassen und mit vergleichbaren Settings aus «Life» oder «Passengers» mithalten. Schwierig wird es dagegen immer, wenn Computertrick ins Spiel kommt – und gerade bei der Darstellung der Katastrophen kommt man ohne diesen nun mal nicht weit. Wenn eine riesige Flutwelle auf die Küste Dubais zurollt, ist man vom Blockbuster-Standard 2017 so weit entfernt, wie Gerard Butlers Hauptfigur von einer tiefschürfenden Charakterisierung. Egal ob Blitze, Hagelkörner oder durch Hitze aufbrechende Straßenverläufe: Handgemacht ist an «Geostorm» gar nichts und die CGI-Effekte fügen sich äußerst unharmonisch in die realen Settings. Lediglich das Geschehen im Weltraum lässt anklingen, was in «Geostorm» auch technisch drin gewesen wäre, hätte den Machern ein größeres Budget zur Verfügung gestanden. Die dort oben stattfindenden Explosionen funktionieren in ihrer wuchtigen Erscheinung und wirken bedrohlich, während man bei den Szenen auf der Erde jederzeit weiß, dass die Dutzenden Statisten hier nicht wirklich vor einer Gefahr davon laufen.

Normalerweise spielt die Story bei Filmen dieser Art eher eine untergeordnete Rolle. Das ist in «Geostorm» anders, denn tatsächlich versucht man sich hier an einem halbwegs interessanten Plot rund um eine Verschwörung, in der niemand Geringeres verwickelt ist, als die US-amerikanische Regierung. Diese Storyline um die Ergründung der Frage, weshalb das Katastrophenabwehrsytem plötzlich nicht mehr funktioniert, entpuppt sich als einzig mitreißender Faktor innerhalb des Films, auch wenn ausgerechnet Gerard Butler als bemühte Identifikationsfigur mit schablonenhaft gezeichnetem Umfeld aus Tochter und getrennt lebender Freundin hierin nur wenig involviert ist. Sein Job beschränkt sich darauf, innerhalb der Raumstation Ursachenforschung zu betreiben; erst spät laufen sein Handlungsstrang und jener des Präsidenten (Andy Garcia) zusammen. An Butlers Seite agiert eine leidenschaftslos aufspielende Alexandra Maria Lara («You Are Wanted»), während sich der Rest seiner Crew aus den üblichen Stereotypen einer solchen Mannschaft zusammensetzt.

Die hieraus resultierenden Reibungen mitsamt diverser falscher Fährten entwickeln ohne jedwede emotionale Unterfütterung leider ebenso wenig Spannung, wie das vorhersehbare Finale, in denen sich der Plan der Täter offenbart. Leider ist der Knalleffekt aus dem Computer im rasanten Finale weitaus größer, als jener auf inhaltlicher Ebene, denn die Gesinnung des Bösewichts ist dann schon wieder ganz schön neunziger – eigentlich konsequent.

Fazit


Viel Gerede, wenig Zerstörung und ein gelangweilter Gerard Butler: Auch wenn ein Subplot rund um eine Verschwörung einen Hauch Spannung aus «Geostorm» herauskitzeln kann, ist dieser technisch ambivalente Katastrophenthriller reine Zeit- und Geldverschwendung.

«Geostorm» ist ab dem 19. Oktober bundesweit in den Kinos zu sehen - auch in 3D!

Kurz-URL: qmde.de/96553
Finde ich...
super
schade
46 %
54 %
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelFOX: «Lethal Weapon» mit Allzeit-Tief beim Gesamtpublikumnächster ArtikelDie Top & Flops der US-Networks
Es gibt 9 Kommentare zum Artikel
Sentinel2003
19.10.2017 11:10 Uhr 1
Hallo Antje, wenn Du meinst, das dieser Film reine Zeit und Geldverschwendung ist, meine Kohle bekommt er....:-)...alleine schon wegen der hübschen Alexandra Maria Lara und natürlich wegen Butler werde ich da reingehen!





Wenn ich NUR nach Rezensionen von Kritikern ins Kino Gehen würde....oh man, da hätten mich manche Kino - Sääle in den letzten Jahren nicht Gesehen.
Kingsdale
19.10.2017 11:20 Uhr 2
Nun, jetzt kann man natürlich mit dem klischeesatz, "die Geschmäcker sind verschieden" kommen, aber das eine Frau eine Kritik zu einem Katastrophenfilm schreibt, lässt mich ansich schon mal zweifeln, ob man das alles hier so glauben soll. Solche Filme sind natürlich da um mal das Hirn etwas auszuschalten und um zu sehen wie alles kaputt gemacht wird. Das Butler nun auch nicht der Typ ist um eine oscarreife Darstellung abzuliefern ist auch klar. Ich mag allerdings solch Filme und mit Sicherheit wird er bestimmt keine Zeitverschwendung sein. Solche Filme sollen unterhalten, uns vom Alltag wegholen. Nicht mehr, nicht weniger.
rosebowl
19.10.2017 12:17 Uhr 3

Bitte sag mir, dass du das nicht ernst meinst.
Fernsehfohlen
19.10.2017 14:39 Uhr 4
Also ich würd da ja gerne mehr hören. Hab neulich eine höchst interessante Studie aus Saudi-Arabien gelesen, nach der Frauen ein um 50%, ja während des Shoppingvorgangs gar um 75% kleineres Hirn aufweisen als Männer. Dass es damit nur schwerlich möglich ist, Vorgänge wie Autofahren oder die kompetente Einordnung eines in seiner an der Oberfläche banal wirkenden und gerade deshalb hochkomplexen Katastrophenfilms durchzuführen, sollte auf der Hand liegen, wenn man sich seiner ideologischen Scheuklappen entledigt. Versuch das bitte mal einzusehen, wenn du gerade nicht shoppen bist.





Fohlen
LittleQ
19.10.2017 14:40 Uhr 5


Ich glaube die Antwort wird dir nicht gefallen :lol:
rosebowl
19.10.2017 14:48 Uhr 6

Da kannst du mal sehen, wie viel effektiver unser Hirn arbeitet... :D
Neo
19.10.2017 16:38 Uhr 7
Die 2000er haben angerufen, sie wollen den albernen "Die Neunziger haben angerufen"-Witz zurück!



Aber so sind sie halt, die scheiß Weiber.
Sentinel2003
22.10.2017 11:55 Uhr 8
Hab auch grad wo geslesen, das das Frauen Herz schneller schlägt, als das der Männer......deswegen sind Frauen wahrscheinlich wohl auch sehr viel emotionaler, als Männer :wink: ....das war das "Wort zum Sonntag" ....:-)



Um nochmal auf den Film zu kommen: Butler wird wahrscheinlich nie den Oscar bekommen, da er an´mitionierteer Actioner ist und wahrscheinlich immer wieder in Filmen mitspielen wird, die nie Oscar nominiert werden....



Und, das Alexandra Maria Lara mal in einem Hollywood Blockbuster mitspielen wird, hätte ich auch nicht gedacht.
sonueken
07.11.2017 17:39 Uhr 9
Hi, ich bin schon lange auf QM unterwegs, hab mich jedoch noch nie Registriert hier. Doch aus gegebenen Anlass war es nun Zeit.



Da ein Kumpel mich mit in jenen "Geostorm" gezogen hat. Als erfahrener Katastrophenfilm-schauer dachte ich, okay was solls ne Deutsche und Gerard Buttler... es wird Trash.



Eure Kritiken an der Verfassering der Kritik kann ich nicht verstehen! Ihre Kritik ist noch viel zu Weichgespült und Sanft. Für dieses Machwerk sollte man eine eindeutigere Warnung aussprechen. 2 Stunden verlorene Lebenszeit + 11,50 3D Film. Ich verstehe nicht wieso es so ein Film überhaupt in die Kinos geschafft hat. Ich bin fast eingeschlafen. JEDER "The Asylum" Film hat mehr Tiefgang und eine spannendere Erzählweise als dieser SCHROTT. Viel habe ich nicht erwartet, aber das ......



Ich war entsetzt. Wäre ich doch mal lieber daheim geblieben.



Von daher, lasst die gute Frau in Ruhe und schaut noch ein Bisschen RTL denn gerade soviel Niveau hatte auch dieser Film!
Weitere Neuigkeiten

Optionen

Drucken Merken Leserbrief



Heute für Sie im Dienst: Fabian Riedner Veit-Luca Roth

E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung