Interview

Ingo Lenßen über «Lenßen live»: „Wir sind quasi ein erster Haltegriff“

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Twitter ist jetzt schon ganz hibbelig: Am Donnerstag startet die neue Staffel von «Lenßen Live», der Rechtsprech-Stunde, die Ingo Lenßen zum Social-Media-Star machte. Wie er Twitter wahrnimmt, ob er sich auf das Format vorbereiten kann und welche Verbindung der Anwalt zum Eishockey hat, verrät er im Interview.

Zur Person: Ingo Lenßen

Ingo Lenßen, geboren 1961, wurde im Fernsehen durch die Sat.1-Nachmittags- und Vorabendproduktionen «Richter Alexander Hold» und «Lenßen & Partner» bekannt, in dem zwar sich als Anwalt spielte, aber nach fiktiven Vorgaben handelte. Es entstand auch ein Spielfilm zu seiner Anwalts-Serie. Seine Rechtsprechstunde bei Sat.1 Gold gibt es nun seit 2015. Ingo Lenßen betreibt zudem mit Advopedia eine Internetseite zum Thema Recht, die auch zum ProSiebenSat.1-Konzern gehört.
Wie war Ihr Sommer, Herr Lenßen?
Wir haben es uns in Amerika richtig gut gehen lassen. Mein Sohn, der noch zur Schule geht, hat viel Golf gespielt. Er möchte später mal im Golfsport richtig etwas erreichen. Ich unterstütze ihn da. Es war also ein guter Sommer.

Zu Ihrem Bezug zum Sport kommen wir nachher nochmal, zunächst vor dem Start der neuen Folgen Ihrer Recht-Sprech-Stunde bei Sat.1 Gold immer donnerstags gegen 22.10 Uhr, muss ich mit Ihnen über Twitter sprechen. Die User dort sind ja schon ganz hibbelig vor der Rückkehr Ihrer Sendung. Wie nutzen Sie Twitter?
Zurückhaltend. Ich bin ja auch nicht Donald Trump, der ganz so viel mitzuteilen hat. Ich spreche mit meinen Mandanten immer persönlich, nicht über Twitter. (grinst) Aber ich freue mich immer riesig über das viele Feedback, das wir während unserer Sendung bekommen. Meine Redaktion und ich verfolgen die Twitter-Gemeinde da schon sehr intensiv.

Twitter ist ein kritisches Medium, manchmal auch ein bisschen zu sarkastisch?
Um ehrlich zu sein, habe ich das so noch nicht erlebt. Ich empfinde Twitter sogar als sehr erfreuliches Medium.

Manche Menschen sagen, Sie füllen mit Ihrer Sendung ein bisschen die große Lücke, die «Domian» hinterlassen hat. Sehen Sie das ähnlich?
Das ist auf jeden Fall ein Kompliment. «Domian» war 20 Jahre lang eine prima Anlaufstation für Menschen, die Sorgen hatten. Er ist ein Lebensberater. Ich bin Anwalt, aber auch Anwälte sind natürlich in gewisser Form Lebensberater. In der Regel geht es in meiner Sendung natürlich um Ratschläge innerhalb des juristischen Rahmens, aber hin und wieder schwappt dann doch etwas über den Tellerrand hinaus. Wenn jemand gerade verlassen wurde, dann gebe ich ihm natürlich Rat in Sachen Unterhaltsrecht, aber gebe solchen Menschen dann auch Tipps mit auf den Weg, wie sie die Kraft finden können, solche Situationen zu überstehen. Das ist für mich völlig klar.

Ihre Sendung ist eine bunte Wundertüte. Keiner weiß genau, was in den zwei Stunden passiert. Welche Themen kommen? Da kann von Mietrecht bis zu wirklich ganz heiklen und ernsten Themen alles dabei sein. Wie bereiten Sie sich vor? Im Normalfall haben Anwälte ja ihre fixen Fachgebiete, Sie aber müssen hier ein Allrounder sein. Geht das nur mit „gefährlichem Halbwissen“?
Das, was Sie sagen, ist nicht so verkehrt. „Gefährliches Halbwissen“ gefällt mir in dem Zusammenhang. Eigentlich bin ich Fachanwalt für Strafrecht. Aber über meinen TV-Job kamen natürlich ganz viele Dinge aus dem klassischen Verbraucherrecht hinzu. Das waren viele allgemeine Fragen, die ich da beantwortet habe. Und die Themen wiederholen sich letztlich insofern, als dass man sich viele Dinge dann auch herleiten kann. Ich denke also, dass ich inzwischen in vielen Bereichen wirklich gut aufgestellt bin. Aber natürlich: Es kann mal eine Frage kommen, auf die ich keine Antwort habe. Das ist bisher nicht passiert. Aber wenn es so ist, dann werde ich das so sagen.

Man muss ja auch sagen, dass Sie offen damit umgehen, dass Ihre Sendung keine richtige und ausführliche Beratung bei einem Anwalt ersetzen kann.
Absolut. Wir sind quasi ein erster Haltegriff. Ich habe nicht den Anspruch in der Kürze der Zeit umfassend zu beraten. Dazu habe ich oft ja auch gar nicht alle Hintergründe auf dem Tisch liegen. Wir geben quasi eine erste Einschätzung ab.

Ich glaube der besondere Reiz an «Lenßen live» liegt darin, dass man wirklich nie weiß, was als nächstes passiert. So ist Live-Fernsehen.
Ingo Lenßen
Glauben Sie, dass Ihre Sendung auch deshalb so erfolgreich ist, weil die Menschen Live-Fernsehen, das ja immer seltener wird, schätzen?
Ja, das ist sicher so. Ich glaube der besondere Reiz an «Lenßen live» liegt darin, dass man wirklich nie weiß, was als nächstes passiert. So ist Live-Fernsehen.

Wie viele Anrufe bewegen Sie auch in den Stunden nach der Show noch?
Das kommt immer wieder vor. Manchmal sagen meine Redakteure zu mir, dass sie mit den Anrufern nach der Sendung noch gesprochen haben und bitten mich, am nächsten Tag nochmal Kontakt aufzunehmen. Das mache ich dann auch. Das können Menschen sein, die eigentlich nicht das Geld haben, sich beim Anwalt beraten zu lassen und die eigentlich nur beruhigt werden wollen, dass ihnen nichts passieren kann. Wenn das so ist, dann sehe ich es auch als Pflicht, da beruhigend auf die Leute einzuwirken.

Sie haben noch ein neues Format am Sonntag in der Primetime mit «Unschuldig schuldig?» (ab 29.10., 20.15 Uhr, ebenfalls bei Sat.1 Gold) - worum geht es da genau?
In diesem Format beleuchten wir die Hintergründe, die zu spektakulären Fehlurteilen in Deutschland führten und wie es dazu kam, dass unschuldige Menschen jahrelang im Gefängnis sitzen mussten.

Was sicher nicht jeder weiß, Herr Lenßen, Sie haben eine große Passion für den Eishockey-Sport.
Ich habe bis ich 19 war in Krefeld Eishockey gespielt. Dann musste ich wegen einer schweren Verletzung ein Jahr pausieren, bin dann während meines Studiums in Konstanz nochmal eingestiegen. Ich habe den Trainerschein gemacht und in der Schweiz auch Mannschaften trainiert. Sie können sich vorstellen, dass es für mich ein besonderes Highlight war, mal für «Lenßen & Partner» bei der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft zu drehen. Das war echt cool. Die DEL verfolge ich natürlich regelmäßig, mein Herz schlägt für Krefeld. Wie soll es auch anders sein, wenn man das Trikot früher selbst getragen hat.

Sie waren auch mal als Spielerberater im Fußballbereich tätig.
Allerdings nur früher und auch nur sehr sporadisch. Ich spreche halt portugiesisch und hatte Kontakte auch zu brasilianischen Beratern. Wir wollten da einigen Spielern den Weg nach Deutschland ebnen. So ein Schritt ist ja für die Jungs dort gar nicht so einfach. Momentan habe ich aber keinen Spieler. Ich widme mich da eher dem Golf-Sport.

Was braucht ein guter Anwalt?
Ausgewogenes Wissen. Empathie. Engagement. Ich glaube, dass ich damit dienen kann. Natürlich braucht jeder Anwalt auch das Bedürfnis zu helfen. Ich habe viele Fälle, die mich auch abends, wenn ich daheim bin, nicht loslassen. Man schüttelt das nicht einfach so ab, wenn man die Kanzlei verlässt.

Dafür muss man sicherlich gemacht, zumal man ja in Ihrem Bereich, dem Strafrecht, auch mit jeder Menge sehr negativ beladener Themen konfrontiert wird.
Aber man kann auch helfen. Im Strafrecht habe ich es mit Menschen zu tun, die lastig zu Körperverletzungen sind. Oft bin ich dann der Erste in deren Leben, der klipp und klar sagt, dass man so keine Konflikte lösen kann. Ich hatte erst neulich wieder einen Fall, wo ich sagen musste: Wenn das so weitergeht, dann wanderst du ins Gefängnis. Ich erkläre den Leuten dann auch, woher das kommt, dass sie den Hang zu Gewalt haben. Im angesprochenen Fall hat mir mein Mandant versprochen eine Therapie zu beginnen.

Dann drücken wir die Daumen, dass Ihr Einwirken etwas gebracht hat & wünschen einen guten Start in die neue Staffel.

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