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ESC-Vorentscheid 2018: Das Erste will Europa früh mitbestimmen lassen

von   |  10 Kommentare

Nach den Peinlich-Auftritten der Vorjahre wird Das Erste nun den Vorentscheidung zum «Eurovision Song Contest» großflächig überarbeiten. Unter anderem gibt es eine Mega-Jury.

Eine wunderbare Idee

Europa teilhaben zu lassen am Auswahlverfahren unseres deutschen Vertreters beim «ESC» - das passt. Es ist nicht nur eine gute Hilfe einer musikalisch offenbar demolierten Nation, sondern auch ein Zeichen für ein geeintes Europa. In Zeiten, in denen uns ein europäischer Unterhaltungssender gut täte, geht Das Erste hier den richtigen Weg. Was aber fehlt: Wird dieser europäische Auswahlprozess dann in Form einer TV-Sendung auch ausführlich dargelegt? Oder bekommen die Zuschauer am Ende (wieder nur) fünf ausgewählte Musiker zu sehen und die vom NDR maßgeschneiderten Songs zu hören? Das wäre dann viel zu wenig. Der europäische Gedanke müsste sich über mehrere Tage, Wochen und TV-Specials ziehen. Wenn schon, denn schon...
Kurz kommentiert von Manuel Weis
Die nächste Schlappe für Deutschland: Beim «Eurovision Song Contest 2017» wurde das musikalisch stolze Land nur Vorletzter. Sechs Punkte für Levina Lueen. 2015 und 2016 lief es gar noch schlechter. Damals wurden die Musiker aus der Bundesrepublik gar Letzter. Der federführend verantwortliche NDR reagiert nun und hat für 2018 einen gänzlich neuen Vorentscheid angekündigt. Hier hatte es zuletzt ja schon manchmal geknirscht, etwa als Andreas Kümmert als Sieger doch nicht mehr antreten wollte.

Die grundsätzliche Idee ist: Nicht nur die deutschen Zuschauer sollen wählen können, sondern schon beim Vorentscheid wird Europa mit einbezogen. Das funktioniert so: Ein 100-köpfiges Europa-Panel bekommt ein Stimmrecht. Die 100 Personen des Europa-Panels, für das man sich nicht bewerben kann, sollen bestmöglich den Musikgeschmack der internationalen Fernsehzuschauer repräsentieren. Sie werden durch Befragungen in einem mehrstufigen Auswahlprozess in den sozialen Netzwerken gesucht; dabei werden mindestens 10.000 Menschen angesprochen. Der NDR stellt das Europa-Panel mit Unterstützung von Simon-Kucher & Partners, Experten für komplexe Datenmodelle, und begleitet von den Voting- und App-Experten von digame mobile zusammen. Die 100 Mitglieder des Europa-Panels entscheiden von der Vorauswahl aller Kandidaten bis hin zur finalen Abstimmung in der Sendung über den deutschen Beitrag mit.

Neben dem Panel wird auch eine internationale Jury ein Wörtchen mitreden. Sie wird aus 20 bis 25 Personen bestehen. Alle waren in den vergangenen Jahren in ihren jeweiligen Heimatländern Mitglieder der nationalen Jury und haben bei der Abstimmung im ESC-Finale ihren musikalischem Sachverstand unter Beweis gestellt. Sie vergeben wie beim ESC in Lissabon ihre Punkte unter den Teilnehmern des deutschen Vorentscheids. Wer als Musiker antreten möchte, der kann sich bis zum 6. November mittags bewerben. Aus allen Bewerbungen wählt das Europa-Panel die Besten aus. So will der NDR hier schon sicherstellen, dass ein möglichst auf Europa zugeschnittener Mix zusammengestellt wird.

20 Kandidaten schaffen es quasi in die nächste Runde. Mit diesen wird dann im Studio gearbeitet. Europa-Panel und internationale Jury bewerten die Ergebnisse der Arbeit mit den Musikern und wählen gemeinsam fünf Teilnehmerinnen und Teilnehmer am letztlichen Vorentscheid aus. Die bekommen dann Schützenhilfe von den TV-Machern des NDR: Parallel dazu wird der NDR auf Grundlage vorher definierter musikalischer Genres mit Komponisten, Produzenten und Labels für jeden der fünf Teilnehmer nach einem authentischen, besonderen Lied suchen und den dazu passenden Auftritt entwickeln. Noch offen ist, wann die ARD den eigentlichen Vorentscheid im TV überträgt.

Thomas Schreiber, ARD Koordinator Unterhaltung: "Wir haben in den letzten Monaten viele intensive Gespräche geführt, alles auf den Prüfstand gestellt und externen Rat und Kritik eingeholt. Unser Ziel ist ein radikaler Neuanfang, bei dem nichts so bleiben soll, wie es in den letzten Jahren war. Von unseren Partnern, mit denen wir das Konzept entwickelt haben, sind wir begeistert: Mit der richtigen Mischung aus Leidenschaft, Verstand und Analyse wollen wir gemeinsam für den ESC in Deutschland diesen Neuanfang starten. Unser Ziel ist, den internationalen Publikumsgeschmack und die internationale musikalische Fachkompetenz - von der ersten Kandidaten-Auswahl bis zum deutschen Vorentscheid - konsequent zu berücksichtigen und international wiedererkennbarer, kantiger und erfolgreicher zu werden. Unser Konzept werden wir bei den Kreativen aus der Musikwelt und bei den Fans vorstellen und dafür werben, damit sich das ESC-begeisterte Deutschland dahinter versammelt."

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dirkberlin
27.10.2017 16:12 Uhr 1
Klingt im ersten Moment kompliziert und es ist die Frage, ob auswärtige ehemalige Jurymitglieder die richtige Lösung ist. Ich finde die Deutsche Jury häufig erschrekend B-Promi besetzt.



Die Frage ist, ob man überhaupt geeignete Kandidaten für einen Deutschen Vorentscheid finden kann. Fakt ist, dass etablierte Internationale Künstler nur verlieren können (Kritik ohne eine Platte mehr zu verkaufen) und auch deutschsprachig erfolgreiche Künstler auch nichts gewinnen können (wann gabs den letzten internationalen deutschen Hit? Nenas 99 Luftballons?). Ergo sucht man den neuen Künstler oder einen der noch auf seinen Durchbruch wartet. Gerade letztere hat man häufiger das Gefühl, dass die von den Plattenfirmen geschickt wurden.



Dadurch wurden die Newcomer in den Vorentscheiden immer so stark, weil sie zumindest die Underdoggeschichte haben. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass man da was findet, das international zieht. Schließlich muss er sich gegenüber 40-50 anderen Kandidaten durchsetzen. Auf mittlere Plätze braucht Deutschland eh kaum hoffen, da die durch die "Seilschaften" unter Nachbarländern, denen sowas wichtig ist, eh gesichert werden.



Für die vorderen Plätze fehlt es aber in Deutschland, aber auch einfach an den Willen. Es ist nur eine Unterhaltungssendung. Was man aber auch beobachten kann, ist dass in den letzten Jahren nicht der erfolgreichste Song gewonnen hat, sondern das beste Gesamtkonzept. Bühnenpräsenz und Story. Ersteres happerts gerne mal bei den Deutschen, letzteres ist schlecht planbar. Aber hört wirklich jemand die Siegersongs aus Österreich, der Ukraine oder Portugal? Die waren eher eine Message, als ein Unterhaltungssong fürs Radio.
Aries
27.10.2017 17:03 Uhr 2

Scorpions - Wind of Change, 1989. Ist eine der am meisten verkauften Singles überhaupt weltweit.

Rammstein - Fast alles mit einfachem Text aus den 90ern / frühen 2000ern. Sie hatten auch einen Auftritt im Film XXX mit Vin Diesel und wurden oft z.b. von der Jackass Truppe oder anderen US VIPS dieser Art zitiert.

Scooter - Bis ca. 2004 waren sie mit fast jeder Single und Album weltweit in den Charts.
Sentinel2003
27.10.2017 19:07 Uhr 3
Mir kommt es so vor, als gabs seit Stefan Raab's Ausstieg jedes Jahr einen Neuanfang.
Fernsehfohlen
28.10.2017 02:36 Uhr 4


Robin Schulz hat es erst 2014 mit gleich zwei Songs ("Waves" und "Prayer In C") unter anderem in Großbritannien an die Spitze und in den USA immerhin in die Top 20 geschafft, Felix Jaehn im selben Jahr mit "Cheerleader" in beiden Ländern an die Spitze. Okay, sind streng genommen alles nur Remixe und die Stimmen der Songs sind von Anderen (Mr. Probz, Lilly Wood & The Prick bzw. OMI), aber wenn man sich die Originale anhört... wären die sicher nicht alle drei Megahits geworden.



Das Konzept klingt erstmal sehr verworren und verkopft, aber... es klingt nach irgendwas, das zumindest funktionieren KÖNNTE. Und das ist schon ein Fortschritt gegenüber dem, was sich der NDR in diesem Jahr erdreistet hat, als ESC-Konzept anzubieten. Ich bin da aktuell noch etwas unentschlossen, was ich davon halten soll, bin da aber erstmal offen für - auch wenn ich grad schon wieder ein bisschen die Befürchtung habe, dass fast alles hinter verschlossenen Türen abläuft und am Ende dann beim Vorentscheid das Publikum zwischen fünf schlechten Vorschlägen den unpeinlichsten auswählen muss.



DAS war nämlich das Problem der vergangenen Jahren, mit dem qualitativen Tiefpunkt diesmal und der sehr unglücklichen Causa Kümmert. Aber es war nun gerade 2017 wahrlich nicht so, dass man als Zuschauer mit potenziellen ESC-Granaten überhäuft wurde.





Fohlen
dirkberlin
28.10.2017 08:44 Uhr 5
@aries

Richtig. Aber sehr unwahrscheinlich, dass diese Gruppen für Deutschland antreten würden. Sie verkaufen eh Platten und warum sollte man sich der unweigerlichen Kritik und einen potentiellen Misserfolg beim ESC aussetzen? Das meinte ich damit.
Jan_Itor
28.10.2017 22:36 Uhr 6
Kann mal einer beim NDR nachfragen, was die Aktion für ein Budget hat? Klingt nämlich, als wäre es ein verdammt teures Konzept.
ZehnGrammZucker
05.02.2018 23:20 Uhr 7
Auf dem Prinz Blog hat Thomas Schreiber kürzlich ein recht einsichtliches Interview gegeben und dabei einige Details zur Show und den Songs verraten. Hier das wichtigste Mal zusammen gefasst:



- Voraussichtlich 3 der 6 Songs sind im Song-Writing-Camp entstanden. Alle Songs wurde jedoch durch die internationale Jury vorher bewertet.

- Die Songs wird man wohl bereits am Freitag vor dem Vorentscheid anhören können.

- Die Show wird wohl max. 2h dauern und es wird nur 1 Durchgang und nur 1 Tele-Voting-Runde geben!!!

- Das Endergebnis setzt sich aus 3 separaten Votings zusammen: Jury, Panel & Zuschauer. Jeder vergibt Punkte nach dem ESC-Prinzip (ergo: 5,6,7,8,10 und 12)

- Die Punkte werden wohl nach dem alten Prinzip vorgetragen.



(Alle Angaben noch nicht 100% offiziell)



Für mich klingt das überraschend gut. Fast schon zu gut. Man scheint aus den vorherigen Fehlern gelernt zu haben, und auf unnötige Cover-Versionen und doppelte Performances zu verzichten. Gott sei Dank.

Ich war auch schon damals im Cascada-Jahrgang ein Fan des Split-Votings und bin froh, dass man ihm nochmal eine Chance gibt.



Am Ende steht und fällt aber alles mit den Songs und der Performance. Das ist aktuell noch das große Fragezeichen.



Quelle: http://blog.prinz.de/grand-prix/unser-lied-fuer-lissabon-countdown-alle-antworten-von-thomas-schreiber/#more-197375
Johnny
06.02.2018 14:41 Uhr 8
Also ich finde es sehr schön, dass man sich so viel Mühe gibt. Deswegen hoffe ich einfach mal, das was brauchbares bei rum kommt. Aber selbst wenn man dann in Lissabon wieder baden geht, darf man sich nicht entmutigen lassen. Die Gefahr gibt es immer. Der Vorentscheid kann ein noch so tolles Konzept haben, wenn die Songs nicht stimmen oder die Zuschauer den "falschen" auswählen.
ZehnGrammZucker
06.02.2018 17:11 Uhr 9


Ich befürchte ja schon fast, dass es genau zu der Situation kommt. :roll:



Beim Vorentscheid 2013 fand ich das System eigentlich mit am besten der letzten Jahre (Split-Voting aus Zuschauer, Jury und Radio), wobei man wohl das Radio-Voting durch eine internationale Jury ersetzen hätte können/müssen. Blöderweise wählten wir damals Cascada, das Lied landete im hinteren Drittel und schon wurde das System über Bord geschmissen. Besser wäre: Aus den Fehlern lernen und das System verbessern.
P-Joker
06.02.2018 17:31 Uhr 10


Das Radio-Voting wird ja dieses Mal durch eine internationale Jury ersetzt.

Somit dürfte dein Wunsch ja erfüllt sein.
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