Filmfacts: «Mord im Orient-Express»
- Regie: Kenneth Branagh
- Produktion: Ridley Scott, Mark Gordon, Simon Kinberg, Kenneth Branagh, Judy Hofflund, Michael Schaefer
- Drehbuch: Michael Green; basierend auf dem Roman von Agatha Christie
- Darsteller: Kenneth Branagh, Penélope Cruz, Willem Dafoe, Judi Dench, Johnny Depp, Josh Gad, Derek Jacobi, Leslie Odom Jr., Michelle Pfeiffer, Daisy Ridley
- Musik: Patrick Doyle
- Kamera: Haris Zambarloukos
- Schnitt: Mick Audsley
- Laufzeit: 114 Minuten
- FSK: ab 12 Jahren
Nun, etwas mehr als 40 Jahre später, wagt sich Kenneth Branagh an einer weiteren Kinoverfilmung der legendären Vorlage. Und der Regisseur ist wie gemacht für diesen Stoff. Der bereits fünf Mal für den Oscar nominierte Brite mag einem jüngeren Publikum zwar primär als der Verantwortliche hinter dem ersten «Thor»-Film und Disneys «Cinderella»-Realverfilmung mit Lily James in der Hauptrolle bekannt sein. Zuvor machte er sich allerdings einen Namen als populärer Shakespeare-Verfilmer, zudem adaptierte er Mary Shelleys «Frankenstein» und Anthony Shaffers «Sleuth» (dt. Filmtitel: «1 Mord für 2»). Da ist es fast schon ein Unding, dass sich Agatha Christies Landsmann erst jetzt dieser einflussreichen Autorin widmet.
Jetzt hat Brangah jedoch Blut geleckt. Bereits im Frühling 2017 kündigte er an, gerne weitere Hercule-Poirot-Fälle als Regisseur und mit sich selbst in der Hauptrolle verfilmen zu wollen. Den Segen von Christies Urenkel James Prichard hat er bereits erhalten. Nun steht nur abzuwarten, ob das zahlende Publikum ausreichend in Kinotickets investiert, um weitere Branagh/Poirot-Filme zu rechtfertigen. Aber ganz gleich, was die filmwirtschaftliche Geschichtsschreibung eines Tages über diesen «Mord im Orient-Express» sagen wird – eines lässt sich schon jetzt nicht leugnen: Branagh hat sich außerordentlich bemüht, um seinem Publikum etwas für sein Kinogeld zu bieten – ganz gleich, ob es mit der Story bereits vertraut ist oder nicht.
Obgleich ein Großteil der Handlung auf einen einzelnen Schauplatz beschränkt bleit, schlägt Branagh einen inszenatorischen Weg ein, der praktisch entgegengesetzt ist zu dem, was einst Lumet leistete. Fokussierte sich dieser auf das "Wer hat wie und warum den titelgebenden Mord begannen?"-Kriminalelement und reihte mehrere im Speisewagen abgehaltene Verhöre der Verdächtigen aneinander, macht Branagh aus dem Stoff ein opulentes Kinoerlebnis.
Es ist allerdings nicht so, dass sich dies so anfühlen würde, als wolle der 56-Jährige krampfhaft sein vor Jahren neu gewonnenes Disney/Marvel-Publikum anlocken oder sich nach dem enttäuschenden «Jack Ryan: Shadow Recruit» endlich als Regisseur fetziger Streifen behaupten. Branagh, seit jeher ein Handwerksnostalgiker, setzt in «Mord im Orient-Express» auf bewährte, altmodische Mittel, um dieser Mördersuche zu Prunk zu verhelfen. Wie schon seine «Hamlet»-Verfilmung drehte Branagh «Mord im Orient-Express» mit 65mm-Filmkameras, was ein großes, natürliches Farbspektrum sowie ein gigantisches Bildformat mit sich bringt. Lobenswerterweise spendiert der verantwortliche Verleih 20th Century Fox dieser Großproduktion daher IMAX-Kopien (digital sowie analog), zudem wird er in ausgewählten Spielstätten als 70mm-Filmkopie aufgeführt.
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