Ideen, wie es höher, schneller, magischer weitergehen kann
So lässt sich ein Punkt, den der Disney Channel Deutschland seit seinem Launch bereits gelernt hat, noch konsequenter weiterdenken: Das Publikum schaltet den Disney Channel aufgrund seiner starken Marke ein. Sich ausgerechnet beim Disney Channel abends für seinen Ursprung zu schämen, führt zu nichts: Frühe Eigenproduktionen wie «Mission Freundlichkeit – Mein 100 Tage Experiment» mit Jan Köppen oder «Vollpension bei Fremden», die genauso gut auf diversen Non-Disney-Sendern hätten laufen können, wurden vom Publikum weitestgehend ignoriert.
Die von Steven Gätjen mit Eifer und Fachwissen präsentierte Rankingshow «Disney Magic Moments», die genreuntypisch eben nicht nur an der Oberfläche hängen bleibt, erarbeitete sich dagegen eine innige Twitter-Fanbase und bescherte dem Kanal wiederholt erfreuliche Quoten. Wurden alle anderen Primetime-Eigenproduktionen nach nur einer Season aufgegeben, startet von «Disney Magic Moments» am Montag, dem 13. November, die nunmehr vierte Staffel. Von einem Quizshow-Ableger war bereits die Rede, selbst wenn es seit dem ersten Anteasern im Herbst 2016 ruhig darum wurde.
Und genau den Faden sollte der Disney Channel verfolgen: Sender ohne Disney-Branding, die dann und wann Disney-Inhalte ausstrahlen, gibt es in Deutschland bereits. Non-Disney-Familiensender ebenfalls. Frei nach dem Spruch "Go for broke" ist die vielversprechendste Option für den Disney Channel, alles auf die Strahlkraft seiner Marke zu setzen und sie als Alleinstellungsmerkmal zu feiern – nicht nur in seinem Kinderprogramm.
So gibt es seit wenigen Jahren «Disney in Concert»-Events – hochpreisige Orchesterkonzerte, auf denen große Hits aus dem Disney-Musikarchiv aufgeführt werden. Kultursender wie arte und 3sat bieten gelegentlich Liveausstrahlungen oder wenigstens Konzertmitschnitte philharmonischer Konzerte, die sich allein Filmmusik verschrieben haben. Wieso also nicht das nächste sommerliche Disney in Concert-Open-Air-Event auf der Waldbühne in Berlin live mit Kameras verfolgen? So sind mehrere TV-Stunden gefüllt. Es wird Werbung für ein Disney-Event gemacht, das ein eher älteres Publikum anvisiert. Und die Musikdownload-Verkäufe, die an dem Abend gemacht werden dürften, würden einen Dagobert Duck ebenso glücklich machen, wie sich Disney-Fans über dieses ungewöhnliche TV-Event freuen würden.
Weshalb Disney-Konzertübertragungen wie geschaffen sind für den Disney Channel
- Wer den Disney Channel einschaltet, wird sich wohl kaum über 2,5 Stunden Disney-Musik – er vergrault also kein Publikum
- Es gibt Fernsehende, die zwar Disney mögen, aber den Disney Channel nur gelegentlich gucken, weil sie die dort laufenden Filme eh im Regal stehen haben oder via VoD jederzeit abrufen könnten. Ein Disney-Konzert hat aber niemand im Regal stehen - der Sender vergrößert also sein potentielles Publikum
- Disney liebt Synergieeffekte – wieso also nicht in der Ausstrahlungswoche mit einem Kooperationspartner die Blu-rays der im Konzert angerissenen Filme als Aktion anbieten?
Kinder der 90er-Jahre werden sich an den «Disney Club» und die «Disney Filmparade» erinnern. Der «Disney Club» garnierte Cartoons und Serien mit Showelementen sowie (oftmals Disney-zentrische) Reportagen, die «Disney Filmparade» stellte einer Filmausstrahlung ein buntes, moderiertes Programm voran, das mal in Form von Reportagen über die Arbeit in Disney-Themenparks daherkam, mal in Form von Film-Making-ofs oder auch mal in etwas freierer Form. Da wurde etwa ein Steven Gätjen für eine kurze TV-Geschichte zum Einwohner der fiktiven Stadt Thunder Mesa …
Wenn der Disney Channel als Programm-Leuchttürme moderne Spielweisen dieser Formate auf Sendung schickt, hätte er exklusive Inhalte zu bieten, die weder die Konkurrenzsender noch eine gepflegte Disney-Filmsammlung oder ein Disney-VoD-Dienst aufzuweisen haben. Und sie wären Rettungsanker in einem Medienzeitalter, in dem immer mehr Fernsehende die lineare Seherfahrung als unbequem empfinden, weil sie von Amazon Prime, Netflix und Co. verwöhnt wurden.
Man stelle sich eine Art «Disney Filmparade» vor, die zur besten Sendezeit hinter die Kulissen diverser Filme aus dem riesigen Disney-Company-Archiv blickt. Ein Format, das ganz explizit nicht nur Filme unter der Walt-Disney-Flagge behandelt, sondern den Konzern in seiner ganzen Bandbreite repräsentiert. Dann leitet die Sendung in den thematisch verwandten Film des Abends über, nur um direkt im Anschluss an ihn die Klammer zu schließen und über die Parallelen zwischen den zuerst angerissenen und dem danach vollständig gezeigten Film zu referieren. So viel "Bonusmaterial" haben mittlerweile oft nicht mal mehr Blu-rays zu bieten, und es würde eine Publikumsbindung ermöglichen, die beim reinen Filmeabspielen nicht erfolgt. Und wenn man dabei noch differenziert bleibt, statt nur Werbung zu treiben, profitiert dauerhaft das Image davon.
Neu sind diese Ideen nicht, zugegeben. Schon Anfang 2014 wiesen wir von Quotenmeter.de darauf hin, dass es dem Disney Channel an Disney-Magazinen mangelt, aber etwas mehr als drei Jahre später zeigt sich mehr denn je, wie nötig exklusive Inhalte sind und wie sehr sich die TV- und Filmunterhaltung in ein extrem markenorientiertes Business wandelte. Also, lieber Disney Channel: Das Potential ist da. Wieso es nicht ausschöpfen?
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10.11.2017 16:27 Uhr 1