Die Kino-Kritiker

«Star Wars: Episode VIII» – Die Letzten müssen nicht die Besten sein

von   |  5 Kommentare

Kritik des Monats: Mit «Star Wars: Die letzten Jedi» wird eine der erfolgreichsten Filmreihen aller Zeiten fortgeführt. Dieses Mal müssen sich die Helden, Anti-Helden und Schurken des «Star Wars»-Universums mit innerer Zerrissenheit, Mutlosigkeit und einem Ungleichgewicht in der Drehbuchmacht herumplagen.

Seite 2

Die letzten Trainingsstunden


Alle «Star Wars»-Interessierten, die sich noch nicht vor Frust, Wut oder Enttäuschung von dieser Filmrezension verabschiedet haben, sondern geduldig Seite zwei angeklickt haben, werden nun für ihre Geduld entlohnt. Ähnlich, wie die Sequenzen mit der Protagonistin Rey eine Belohnung innerhalb von «Star Wars: Die letzten Jedi» darstellen. Denn hier schlägt das Herz des Films: Johnson kreiert ein inneres wie äußeres, wortwörtliches wie auch sprichwörtliches Machtgezerre rund um Rey. Und die dabei entstehende Anspannung innerhalb des «Star Wars»-Universums sowie innerhalb unserer Filmheldin ist genau die Kraft, die «Star Wars: Die letzten Jedi» seine Spannungskurve verleiht.

Daisy Ridley meistert mühelos die Aufgabe, eine junge, von dem Abenteuer, in das sie gestürzt wurde, ebenso überforderte wie faszinierte Frau zu spielen, die dringend Hilfe sucht – und die gleichzeitig zu stolz und welterfahren ist, um sich dabei rumschubsen zu lassen. Ridleys facettenreiches Minenspiel und vor allem ihre Fähigkeit, in einem Moment komplexe, unklare Gefühle auszudrücken und dann schlagartig zu einer glasklaren, überbordenden Emotion zu schwenken, beleben den Film und machen Rey zu einer der faszinierendsten Figuren im «Star Wars »-Pantheon. Mark Hamill gibt als Luke Skywalker eine gleichermaßen humorvolle, wie sensible Darbietung ab – und die sich stets zwischen Enttäuschung, Respekt und Unsicherheit reibende Dynamik zwischen Luke und Rey lässt Skywalker in einem neuen, der Figur trotzdem gerecht werdenden Licht dastehen. Und obwohl Johnson den Machtkonflikt rund um Rey auf wenige Handlungsorte beschränkt, erschafft der Regisseur im Laufe dessen erstaunliche Bilder – darunter die zweifelsohne "trippigste" Szene des «Star Wars»-Realfilmkanons.

«Star Wars» an den deutschen Kinokassen

  • «Krieg der Sterne»: 8,02 Mio. Ticketverkäufe
  • «Das Imperium schlägt zurück»: 5,05 Mio. Ticketverkäufe
  • «Die Rückkehr der Jedi-Ritter»: 5,05 Mio. Ticketverkäufe
  • «Die dunkle Bedrohung»: 8,97 Mio. Ticketverkäufe
  • «Angriff der Klonkrieger»: 5,70 Mio. Ticketverkäufe
  • «Die Rache der Sith»: 5,62 Mio. Ticketverkäufe
  • «Das Erwachen der Macht»: 9,02 Mio. Ticketverkäufe
  • «Rogue One»: 3,99 Mio. Ticketverkäufe
Auch Adam Driver darf als Kylo Ren eine innerlich zerrissene, mehrdimensionale Performance abgeben und für einige der größeren Überraschungsmomente im Film sorgen. Umso ärgerlicher, dass Drivers intensives Spiel und der zunächst mit solch minutiösen Doppeldeutigkeiten und Unklarheiten verfasste Plotfaden um den «Star Wars: Das Erwachen der Macht»-Schurken letztlich durch eine für diese Figur inkonsequente Storyführung untergraben werden. Aber im Franchisekino weiß man wohl nie, ob nicht etwas für ein Buch, einen Comic oder einen anderen Film aufgehoben wird …

Wenigstens werden sowohl Kylo Ren als auch Rey von Kameramann Steve Yedlin («Brothers Bloom» während ihrer Kampf- und Trainingsakrobatik in kraftvollen Kamerafahrten eingefangen und wie Cutter Bob Ducsay («Godzilla») mit dualer und gegensätzlicher Bildsymbolik arbeitet, hat großen Reiz. Dabei ist die Style-Komponente stellenweise nur die Kür des Ganzen – anders als beim fahrigen Widerstands-Subplot wissen im Hauptfaden von «Star Wars: Die letzten Jedi» sehr oft schlichte Gespräche Aufregung zu vermitteln. Das Geheimnis dessen dürfte Johnsons Balance aus akzentuierter Situationskomik, gesund dosiertem «Star Wars»-Pathos und bodenständiger Dramatik sein. Ärgerlich, dass Johnson dieses Gleichgewicht nicht den kompletten Film über durchziehen konnte – gelegentlich übt er sich in ärgstem visuellem und verbalem Kitsch, besonders gerne, wenn sich gerade ein Akt dem Ende entgegenneigt.

Die letzten Gedanken


Dass sich Snoke nach zwei Jahren heftigster Fanspekulationen als Andy Serkis' langweiligste und designtechnisch am wenigsten beeindruckende Motion-Capture-Rolle seiner bisherigen Karriere entpuppt, dürfte im großen Ganzen wohl unbedeutend sein, ist angesichts des Redebedarfs rund um Snoke wohl dennoch erwähnenswert. Und dass John Williams die neuen musikalischen Themen aus «Star Wars: Das Erwachen der Macht» routiniert-konsequent weiterentwickelt, mit älteren «Star Wars»-Themen verschränkt und vereinzelte, neue Melodien erschafft, stand eh zu erwarten. An der Effektfront präsentiert sich «Star Wars: Die letzten Jedi» beeindruckend und führt die von J.J. Abrams vorgelebte Vereinigung aus praktischen sowie digitalen Effekten nahtlos fort – nur beim Greenscreen ist Episode VIII unsteter als die siebte Episode, selbst wenn Lucasfilms neuste Produktion noch immer mit dem Chromakey aus «Thor – Tag der Entscheidung» oder «Justice League» den Boden aufwischt.

Ansonsten bleibt vor Kinostart wohl nur zu sagen, dass «Star Wars: Die letzten Jedi» eine visuell ansprechende, ambitionierte Fortführung der Saga ist, die sich bei einigen inhaltlichen Spiegelungen zwischen den einzelnen Plotfäden verheddert. Gerade der unstimmige B-Plot rund um den Widerstand hätte, manch launiger Momente zum Trotz, definitiv eine Drehbuchrevision gebraucht. Der zentrale Faden rund um Rey, die Macht, Kylo Ren und Luke Skywalker wartet indes mit starken Darbietungen sowie denkwürdigen Leinwandmomenten auf – selbst wenn Johnson im finalen Akt manches Potential verschenkt, weil er sich dann doch auf zügige, teils inkonsequente Lösungen stürzt, statt die Komplexität früherer Szenen fortzuführen.

Fazit: «Star Wars: Die letzten Jedi» treibt Mark Hamill, Adam Driver und Daisy Ridley zu gutem Performances an und beschert dem Multi-Milliarden-Franchise einige denkwürdige Augenblicke. Doch selbst der akzentuierte Humor des Films und die Bemühungen Rian Johnsons, eine dramatische Fallhöhe zu kreieren, können nicht von einer fahrigen Erzählweise, umständlich erteilten Lektionen und so manchem Leerlauf ablenken.

«Star Wars: Die letzten Jedi» ist ab dem 14. Dezember 2017 in vielen deutschen Kinos zu sehen – in 2D und 3D.

vorherige Seite « » nächste Seite

Kurz-URL: qmde.de/97714
Finde ich...
super
schade
19 %
81 %
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger Artikel«The Walking Dead»: Mid-Season-Finale steigert sich nur leichtnächster Artikel«Valor» stürzt auf neuen Minusrekord, «Better Late Than Never» mit enttäuschender Rückkehr
Es gibt 5 Kommentare zum Artikel
dirkberlin
13.12.2017 07:44 Uhr 1
Mal schauen. Ich schaus mir im PayTV an. Es ist einfach zuviel Star Wars, als das man sich noch irgendwie drauf freuen müsste. Das ist mir ne Kinokarte wirklich nicht mehr wert. Mag aber auch tlw. dran liegen, dass ich Kino inzwischen zu teuer und ungemütlich finde.
Kingsdale
13.12.2017 09:06 Uhr 2
Star Wars geht immer und für echte Fans ein absolutes Muss. Es ist und bleibt Kult und wer mit dem einen oder anderen Teil (Episode) nicht zufrieden ist, bleibt weg. Solche Ab- und Zugucker brauchen wir nicht.
Vittel
13.12.2017 10:19 Uhr 3
Ich werde mir den Film über die Feiertage im Kino ansehen, das ist eine "junge Tradition".



Aber ich kann total verstehen, dass Leute keine Lust auf Kino mehr haben. Ticket, Parkplatz, Popcorn und schnell sind 30€ pro Person weg.



Ich leihe mir die interessanten Filme einfach. Entweder in der letzten Videothek vor Ort oder eben als VOD, da gibt es immer wieder tolle 99 Cent Angebote. Am Black Friday z.B. Fluch der Karibik 5 (erstaunlich gut für einen 5. Teil) und Alien:Covenant (naja)



Pro Jahr sind das für mich ohnehin nur ein knappes Dutzend Filme, alles andere kommt dann irgendwann irgendwo oder eben auch nicht.
LittleQ
13.12.2017 11:07 Uhr 4
Überlege auch mittlerweile zu Hause zu bleiben. Star Wars hat schon extrem an Reiz fürs Kino verloren.
MtheHell
13.12.2017 18:13 Uhr 5
Ich war großer Film Fan in den 90ern, bin aber mittlerweile dermaßen von guten Serien verwöhnt, die über 10-13 Folgen tolle Geschichten ausführlich erzählen - da reizen mich Filme nur selten. Und wenn werde ich meist enttäuscht. Außerdem geht mir die Ideenlosigkeit auf den Keks "Teil XY", Remake und Prequel, Sequel, bla, bla, bla...LANGWEILIG!



Ich war das letzte mal am 30.12.2015 im Kino. Und ja, richtig, in "STAR WARS VII".

Damals hatte ich mir vorgenommen "Das mache ich jetzt so weiter, alle 2 Jahre ins Kino und STAR WARS gucken!" - Aber ich zweifle, ob ich das tatsächlich tue. Mich nervt diese ewige 3D-Mania. Die Brillen machen das Bild unscharf (zumindest im 'filmpalast!" bei uns habe ich nur Doppelkonturen, das nervt) und beim letzten Film hat mich 3D tierisch gestört bei den Raumschlachten - da war der Effekt in den engen Gängen der Schiffe viel ansprechender...



Und nachdem ich schon einiges "so la-la" zum kommenden Teil gelesen habe überlege ich mir ernstahft zu warten und ihn zu Hause zu schauen. Da hat mir Episode VII auch besser gefallen als im Kino.

Optionen

Drucken Merken Leserbrief



Heute für Sie im Dienst: Fabian Riedner Veit-Luca Roth

E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung