Hingeschaut

«Projekt Superhund»: Große Inklusionsromantik mit Mensch und Tier

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In der neuen Vorabend-Dokusoaps suchen Menschen mit Handicaps nach Vierbeinern auf dem Abstellgleis - und werden fündig in einer emotionalen Sendung, die inhaltlich Einiges richtig macht. Leider wird sie aber in ein zu enges zeitliches Korsett gezwängt und fühlt sich deshalb mehrfach oberflächlich an.

In diesem Projekt bekommen Hunde aus dem Tierschutz eine Bühne, die eigentlich kaum eine Chance mehr haben. Unsere Herausforderung ist es, Hunde zu finden, die nicht nur das Können, sondern auch Spaß an diesen speziellen Aufgaben haben.
Sabine Hulsebosch zu Reiz und Herausforderung dieses Formats.
Ein wenig verächtlich könnte man sagen, dass sich an diesem Sonntag um 19 Uhr die beiden größten Privatsender des Landes mit Rührseligkeiten gegenseitig übertreffen wollten: Hüben der inzwischen ritualisierte Tränendrüsen-Aktivator «Vermisst», drüben mit «Projekt Superhund» ein Format, das sich um die Bedürfnisse von gleich zwei stigmatisierten Gruppen von Lebewesen kümmern möchte: Menschen mit Behinderungen und anderen Einschränkungen in ihrem täglichen Leben, die sich Erleichterungen in ihrem Alltag von einem Hund erhoffen - und zwar von einem Hund, der von seinen Vorbesitzern bereits einmal ins Tierheim abgegeben wurde und damit eine Reihe von negativ konnotierten Stempeln mit sich herumschleppen muss.

Damit dieses Projekt aufgeht, bedarf es zweier kompetenter "Vermittler" zwischen Mensch und Tier, der beiden Tiertrainer Masih Samin und Sabine Hulsebosch. Sie erfragen die Bedürfnisse der Zweibeiner, um nach potenziell geeigneten Hunden Ausschau zu halten und anschließend die schrittweise Annäherung beider Lebewesen zu realisieren. Denn schlussendlich ist die Maxime ihres Handelns: Den Alltag der Menschen mit Handicaps zu erleichtern, als "verbraucht" geltenden (so die Formulierung eines Tiertrainers) Tieren eine zweite Chance zu geben und beiden ein Leben mit mehr Sinn und Freude zu ermöglichen.


Am Werk: Echte Experten im Bereich Tier(doku)-Romantik


Für die deutsche Adaption dieser ursprünglich britischen Idee (die übrigens im Juni vergangenen Jahres bereits einmal bei sixx versendet worden war) hat Sat.1 mit DOCMA TV einen echten Profi im Segment der Tierdokus engagiert: Die in Köln und München ansässige Produktionsfirma hatte für Sat.1 Gold bereits «Haustier sucht Herz» verantwortet, tritt aber vor allem bei VOX unter anderem mit «hundkatzemaus» und «3 Engel für Tiere» prominent in Erscheinung. Insofern konnte man bereits mit einer gefühligen Tonalität rechnen, die dem Verstand des Zuschauers aber keine allzu großen Schäden zufügt. Und genau das leistet die Auftaktfolge auch.

Dabei widmet sie sich einerseits dem 28-jährigen Marcel, der unter einem seltenen Gendefekt leidet und mittlerweile im Rollstuhl sitzen muss und andererseits der erst 17-jährigen Paula, die mit ihrer Narkolepsie zurechtkommen muss. Für die beiden den passenden Hund zu finden, ist - so suggeriert es zumindest das dem Zuschauer dargebotene Material - ein Kinderspiel, sodass Marcel und Paula schon nach wenigen Minuten den auserwählten Vierbeiner erstmals in ihrem Eigenheim begrüßen dürfen. Die restliche Sendezeit bestückt man mit der schrittweisen Annäherung unter Experten-Anleitung, zeigt das eine oder andere Problem auf, fokussiert sich aber in erster Linie doch auf die Erfolge und die Sinnhaftigkeit eines systematischen Tiertrainings mit Bestärkungsmechanismen.


Der Zeitdruck ist allgegenwärtig


Das ist für den mitfühlenden Rezipienten schön zu sehen, zumal man kaum anders kann, als mit den Protagonisten zu sympathisieren - hier leisten die Macher hervorragende Arbeit und schaffen es, dass man sich vor der Mattscheibe schon nach wenigen Minuten die Option "Mensch und Tier finden nicht zusammen" gar nicht mehr vorstellen mag. Schade ist aber, dass der gesamte langwierige Weg der gegenseitigen Beschnupperung beider Säuger so arg komprimiert gezeigt wird, dass einem die Entwicklungsschritte oft gar nicht recht evident sind. Das beginnt im Prinzip schon beim einleitenden Aufeinandertreffen der menschlichen Hauptdarsteller, setzt sich bei der Suche nach dem geeigneten Hund fort, bei der von vornherein nur ein einziger Vierbeiner vorgestellt wird. Die späteren Trainings und Spannungsmomente werden etwas detaillierter gezeigt, aber auch hier fühlt man sich wie in einem einstündigen Best-Of-Zusammenschnitt aus potenziell sehenswerten Szenen, die sicher das Fünffache dessen umfassen.

Vielleicht hätte man sich also auf eine Geschichte pro einstündiger Folge beschränken sollen, um diese dann ausführlicher und weniger oberflächlich zu erzählen, als hier geschehen. Denn davon abgesehen sind alle Prädiktoren für eine unterhaltsame Dokusoap mit Herz, Hirn und Message vorhanden - auch wenn man sich gewiss daran gewöhnen muss, dass die Trainer abwechselnd zu ihren Schützlingen und der Kamera sprechen. Im Vergleich zum britischen Original hat man sich übrigens an einer nicht ganz unbedeutenden konzeptionellen Veränderung versucht: Statt die Tiere von den Trainern komplett auf ihre neuen Herrchen und Frauchen vorzubereiten, überlässt man diesen ihre neuen Hunde nun bereits sehr früh - was sicherlich sinnvoll ist, um rasch eine Bindung aufzubauen, den Lernprozess aber zugleich auch verlangsamt. Und damit mehr Material schafft, das irgendwie in eine Stunde Brutto-Laufzeit gequetscht werden muss.

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War in Ordnung, da kann man zumindest mal reinschauen.
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Ganz mies, das muss ich nicht noch einmal sehen.
10,3%
Habe es (noch) nicht gesehen.
17,6%


Fazit: Emotional mitnehmend, für Dokusoap-Fans sehenswert


Davon einmal abgesehen ist «Projekt Superhund» aber ein wirklich sehenswertes Format, für das man schon reichlich abgestumpft sein muss, um es nicht zumindest ansatzweise sympathisch zu finden. Wer aber öfter mal am Sonntagvorabend RTL oder Sat.1 konsultiert, dürfte an diesem TV-Projekt seine Freude haben und kurz vor 20 Uhr durchaus beseelt sein - und vielleicht ja auch die eigene Einstellung noch einmal überdenken, sowohl Menschen mit Handicaps als auch den nach Liebe und Zuwendung lechzenden Seelen im nächstgelegenen Tierheim gegenüber. Sollte das gelingen, hätte man schon überdurchschnittlich viel erreicht für eine Fernsehsendung.

Sat.1 zeigt drei weitere Folgen von «Projekt Superhund» immer sonntags gegen 18:55 Uhr.

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