Filmfacts: «Die dunkelste Stunde»
- Regie: Joe Wright
- Produktion: Tim Bevan, Lisa Bruce, Eric Fellner, Anthony McCarten, Douglas Urbanski
- Drehbuch: Anthony McCarten
- Darsteller: Gary Oldman, Kristin Scott Thomas, Lily James, Stephen Dillane, Ronald Pickup, Ben Mendelsohn
- Musik: Dario Marianelli
- Kamera: Bruno Delbonnel
- Schnitt: Valerio Bonelli
- Laufzeit: 125 Minuten
- FSK: ab 6 Jahren
In einem Interview mit dem Filmportal 'The Playlist' erläuterte der von klassischer Malerei inspirierte Regisseur, dass dieser Misserfolg ihn mitnahm. Es war keine bloße Enttäuschung, weil ein ambitioniertes Projekt scheiterte. Wright war erschüttert. Er fürchtete, dass der «Pan»-Flop seine Karriere beendet haben könnte. Schlimmer noch. Er fürchtete, dass «Pan» ihn als Künstler nachhaltig verdorben haben könnte: "Ich wusste nicht, ob ich überhaupt jemals wieder Filme machen möchte."

"Was mich an dem Drehbuch ansprach, ist dass es von Selbstzweifel handelt. Und davon, geschunden zu werden und neuen Mut zu sammeln", so Wright gegenüber 'The Playlist'. "Ich konnte mich damit identifizieren. […] Außerdem brachte mich das Drehbuch zum Lachen, was mich sehr überrascht hat. Ich habe geweint. Es ist auf seine eigene Art und Weise heldenhaft. Wie findest du Mut, wenn alles gegen dich spricht?"
Selbstredend ist sich Wright bewusst, dass er, ein preisgekrönter Regisseur, der sich von einem mehrere Dutzend Millionen Dollar schweren, Naserümpfen verursachenden Rückschlag zu erholen hat, sich in einer ganz anderen Situation befand als Churchill. «Die dunkelste Stunde» setzt im Mai 1940 an, als der Kampf Frankreichs und Großbritanniens gegen das Nazireich ergebnislos aussah und der amtierende britische Premierminister Neville Chamberlain als zu schwach angesehen wurde, um seine Nation durch diese Krisenzeit zu manövrieren. Chamberlain musste gehen, beide Parteien waren unfähig, ihren jeweiligen Favoriten durchzudrücken.

Wright nimmt McCartens Skript nicht, um eine selbstreflexive Geschichte über die Wehwehchen eines Künstlers daraus zu formen, die sich im Gewand eines politischen Geschichtsdramas kleidet. «Die dunkelste Stunde» ist primär das, was Wright darin gesehen hat: Eine anspornende Verarbeitung eines wahren Wendepunkts in der Weltgeschichte, ein faszinierter, nicht mit Komik sparender Ausschnitt aus Churchills Leben. «Die dunkelste Stunde» ist für weitestgehend in Luftschutzbunkern, verrauchten und unaufgeräumten Wohnräumen sowie im minimalistisch ausgeleuchteten Parlament stattfindendes Historienkino erstaunlich humorvoll: McCarten und Wright lassen den eloquenten, nuschelnden, aufbrausenden Churchill beneidenswert pointiert-schlagfertig auftreten, gleichwohl ist «Die dunkelste Stunde» kein in Ehrfurcht vor seiner Hauptfigur erstarrendes Biopic. Die 30-Millionen-Dollar-Produktion skizziert Churchill als schrullig, unsortiert und oftmals unbequem – wenngleich seine neckend-selbstverständliche Beziehung zur von Kristin Scott Thomas gespielten Gattin charmant ist.

Trotz einer Laufzeit von 125 Minuten vergeht «Die dunkelste Stunde» wie im Flug, so behände schreitet Wright durch das sich vor eintöniger, doch detailreich geratener Kulisse abspielende Geschehen. Belebt durch eine kraftvoll-dramatische, dezent hymnenhaft verfasste Filmmusik des Komponisten Dario Marianelli und eine wandlungsreiche Kameraarbeit wird aus einer "obligatorischen Kino-Geschichtsdoppelstunde" eine Passionsarbeit über die Macht des Wortes, der die persönliche Handschrift des Regisseurs unentwegt anzumerken ist, ohne dass sie sich je in den Vordergrund drängt.

Fazit: Applaus! Und das bitte nicht nur für einen famosen Gary Oldman in der Hauptrolle! Mit spürbarer Begeisterung und einem Gefühl dafür, wie man ein historisches Kapitel des Verhandelns und Redenschreibens zu einer unterhaltsamen Geschichte voller Identifikationsanknüpfungspunkte formt, macht Joe Wright das Churchill-Drama «Die dunkelste Stunde» zu ganz großem, mitreißendem Historienkino.
«Die dunkelste Stunde» ist ab dem 18. Januar 2018 in vielen deutschen Kinos zu sehen.
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