Filmfacts: «Luna»
- Kinostart: 15. Februar 2018
- Genre: Action/Thriller
- FSK: 12
- Laufzeit: 92 Min.
- Kamera: Namche Okon
- Musik: Heiko Maile, Christoph Zirngibl
- Buch: Ali Zojaji, Ulrike Schölles, Alexander Costea
- Regie: Khaled Kaissar
- Schauspieler: Lisa Vicari, Carlo Ljubek, Branko Tomovic, Rainer Bock, Bibiana Beglau, Benjamin Sadler, Annika Blendl
- OT: Luna (DE 2017)
Rein theoretisch ist das Stoff für etwas ganz Großes; doch auf der anderen Seite ist das Kino voll von Spionagegeschichten, die die Verantwortlichen schon mit einem eigenen Dreh versehen müssen, um sich vom Einheitsbrei der Konkurrenz abzuheben. Das gelingt demnächst etwa im Falle vom Jennifer-Lawrence-Vehikel «Red Sparrow» extrem gut, Kaissar versäumt es dagegen völlig, seine Geschichte mit tonangebenden Facetten auszustatten. Das Ergebnis ist in jeder Hinsicht generisch.
Wenn Dein Vater ein Geheimagent ist
Als die Familie der 17-Jährigen Luna (Lisa Vicari) bei einem gemeinsamen Urlaub in den Bergen kaltblütig umgebracht wird, entkommt sie selbst den Killern nur knapp. Auf der Flucht findet sie heraus, dass ihr Vater ein russischer Geheimagent war, dessen Doppelleben nicht nur ihn, sondern auch seine Familie das Leben kostete. Als einzige Zeugin ist Luna in großer Gefahr und gerät ins Fadenkreuz der Geheimdienste. Der beste Freund ihres Vaters, Ex-Agent Hamid (Carlo Ljubek), will sie ins sichere Ausland schmuggeln, doch Luna lehnt ab. Sie will herausfinden, warum ihre Familie sterben musste und die Mörder zur Verantwortung ziehen. Das ungleiche Duo macht sich auf die Suche nach der Wahrheit…
Eins vorneweg: Die bereits in der unsäglichen Teenie-Klamotte «Doktorspiele» als einziges Castmitglied positiv herausstechende Schauspielerin Lisa Vicari beweist in «Luna», dass es sich bei ihr mitnichten um ein One-Hit-Wonder handelt. Die 21-jährige Newcomerin, die erst kürzlich auch in der Netflix-Serie «Dark» zu sehen war, ist eine echte Entdeckung und trägt den erzählerisch unterdurchschnittlichen Actionthriller mühelos auf ihren Schultern. Letztlich ist es Vicari zu verdanken, dass sich «Luna» nicht in völliger Belanglosigkeit verliert, denn während die Drehbuchautoren Ali Zojaji, Ulrike Schölles und Alexander Costea («Drei Stunden») einfach nur starr das Repertoire gängiger Agentenfilme abspulen, veredelt Vicari selbst die vorhersehbarsten Handlungsverläufe. Es ist zwar alles andere als glaubwürdig, wie rasend schnell sich die junge Frau sämtliche Agentenfertigkeiten innerhalb nur weniger Tage aneignet und schließlich in einer überdramatischen Szene den Bundesnachrichtendienst linkt, doch die Angst um ihr Leben und die pure Anspannung ob der Situation nimmt man der gebürtigen Münchnerin jederzeit ab.
Dagegen wirken die Nebendarsteller allesamt ziemlich blass und folgen vornehmlich den Vorgaben, wie sich eine Person ihres Kalibers in dieser und jeder Situation zu verhalten hat. Eigene Akzente setzt lediglich Rainer Bock («Einsamkeit und Sex und Mitleid») als undurchdringlicher BND-Mitarbeiter Behringer.
Kennst du einen, kennst du alle
Doch selbst Lisa Vicari ist machtlos gegen die Einfältigkeit des Skripts, das seine Hauptfiguren lediglich von einem obligatorischen Spy-Thriller-Stop zum nächsten schickt. Versteckspielen in einer Wohnung, die Konfrontation mit der ahnungslosen Polizei, gute Menschen, die sich als böse entpuppen und eine Hauptfigur, die nicht weiß, wem sie trauen kann: Das sind die Grundzutaten, über die Khaled Kaissar versucht, Spannung zu generieren (und so etwas Ähnliches auch bereits in einem seiner diversen Kurzfilme getan hat), doch wie wenig Eigeninitiative der Regisseur in die vom Genre vorgeschriebenen Gesetze einbringt, erkennt man immer dann, wenn eine falsche Fährte Minuten vor ihrer Offenlegung längst vom findigen Zuschauer als solche enttarnt wurde. Selbst als genreunkundiger Zuschauer durchschaut man die Hintergründe sämtlicher Figuren sofort; nicht zuletzt, da das Ensemble sich gerade in kleineren Nebenrollen nicht mit Ruhm bekleckert. «Luna» zwängt sich ganz von allein in das starre Korsett eines Standardthrillers und hinterlässt keinen bleibenden Eindruck, obwohl Khaled Kaissar immer wieder durchblicken lässt, dass er zumindest inszenatorisch genau weiß, welche Knöpfe er wann zu drücken hat.
Vom Produktionsaufwand her kann sich «Luna» nämlich wirklich sehen lassen. Khaled Kaissar reist mit seinen Figuren zwar nicht einmal um den ganzen Globus, findet für seine Aufnahmen aber viele abwechslungsreiche Kulissen und lässt seinen Film – auch dank der hochwertig-eleganten Kameraarbeit von Namche Okon (arbeitete schon an internationalen Produktionen wie «Eddie the Eagle» mit) – internationale Kinoluft schnuppern. Selbst in den rasanten Momenten behält er immer den Überblick; die Komponisten Heiko Maile und Christoph Zirngibl («Allein gegen die Zeit – Der Film») meinen es mit ihrem permanent spannungssteigernden Score dagegen ein wenig zu gut. Trotzdem hält «Luna» den Vergleich zu internationaler Konkurrenz über weite Strecken stand; auch deshalb, da sich Khaled Kaissar nicht auf halbgare Experiment einlässt, auf Computertrick weitestgehend verzichtet und nur Stunts und Actioneinlagen in Szene setzt, die sich direkt vor Ort mit dem zur Verfügung stehenden Budget realisieren ließen.
Weniger gefällt dagegen der erzählerische Dreh zum Schluss, indem noch einmal mittels Texttafel versucht wird, die zuvor mitunter hanebüchenen Momente noch einmal mittels Statistiken zu erden. Vor allem in Kombination mit der Ankündigung, all das würde auf wahren Ereignissen basieren, lassen sich die eineinhalb Stunden noch schwieriger für bare Münze nehmen.
Fazit
Trotz solider Produktionswerte und einer starken Hauptdarstellerin ist «Luna» ein in erster Linie sehr generischer Actionthriller, den man nicht sehen braucht, wenn man in den vergangenen Jahren auch nur irgendeinen artverwandten Genrebeitrag gesehen hat.
«Luna» ist ab dem 15. Februar in den deutschen Kinos zu sehen.
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