«Dirty Dancing» in Deutschland
- 8.700.248 Kinobesucher im Jahr 1987 (somit Platz eins der Jahrescharts und Platz 25 in der ewigen Kino-Hitliste)
- Obwohl "(I’ve Had) The Time of My Life" zum Evergreen wurde, reichte es für den Filmsong in Deutschland nur bis zum 5. Rang der Singlecharts
- Das Soundtrackalbum dagegen landete an der Chartspitze
- Teil zwei kam 2004 auf 448.761gelöste Tickets
Stand: 14. August 2017
So viel zur Theorie. Und in der Praxis? Da versucht die Produktion aus dem Hause Brainpool, auf mehreren televisionären Hochzeiten zu tanzen. So weist sie Elemente einer Rankingshow auf – selbst wenn dieser Aspekt keinen zu prominenten Raum einnimmt: In der Auftaktausgabe präsentiert Yanar einen Countdown der besten Liebesfilme. Dabei wird "streng wissenschaftlich" vorgegangen, wie der Comedian mit dezenter Ironie in der Stimme erläutert. Die Methode würde Einspielergebisse, Kritikerstimmen, Preise, Publikumsreaktionen und "die Meinung meiner Mutter" berücksichtigen. In einer Stunde Bruttolaufzeit blickt «Guckst du: Kayas große Kinoshow» allerdings nur auf fünf Hits des Romantikfilms: «Harry und Sally», «Dirty Dancing», «Pretty Woman», «Fifty Shades of Grey» und «Titanic».
Die Präsentation im Rahmen des Rankings versucht sich an einem Spagat: Einerseits wird echte Trivia angesprochen, wie Cameos, interessante Hintergrundfakten oder Infos über den kulturellen Einfluss der Top Five. Andererseits wird das reale Harry-und-Sally-Syndrom mit einem Harvey-Weinstein-Kalauer abgegolten und betont, dass man «Dirty Dancing» nicht mit der tanzenden Dörthe verwechseln soll (unterlegt von einem Homevideo einer tanzenden Übergewichtigen). Und natürlich wird bei «Fifty Shades of Grey» in die "BDSM ist … seltsam"-Kerbe geschlagen. Fun Facts auf Niveau der «Die ultimative Chartshow» (nur ohne Promikommentare und übers Kino) trifft also verstaubten Comedyshowhumor der späten 90er und frühen 2000er-Jahre.
Ein weiterer Einspieler zeigt Kaya Yanar beim Stuntfahrtraining – das passt überhaupt nicht zum Thema des Abends, was der Comedian bei der Anmoderation auch zugibt. Das Stunttrainingsvideo punktet mit Yanars katastrophalen Versuchen, möglichst spektakulär einzuparken, und bietet mit einem Feuerschanzen-Sprung auch Schauwerte, die Sat.1 auf diesem Programmslot mit der Blödelshow «Paul Panzers Comedy Spieleabend» so nie erreichen würde. Nach dem Einspieler erfolgt dennoch ein Umschnitt auf ein sehr zurückhaltend reagierendes Studiopublikum. Ob da nun eine irreführende Schnittentscheidung Schuld trägt oder jemand im Team auf Authentizität gesetzt hat, lässt sich natürlich nicht sagen. Aber es spricht Bände, dass sich diese Frage so sehr aufdrängt – denn obwohl der Stunttrainingeinspieler seine Momente hat, fehlte es ihm in seiner Gesamtheit an Drive. Oder aber wir alle sind durch YouTube-Schnittgewitter-Clips verzogen worden – wer weiß?
Im Studioteil wiederum klingt beim Einstiegsmonolog noch etwas des alten «Was guckst du?!»-Yanars durch. So, als wären die 13 Jahre Zwischenzeit im Fluge vergangen, scherzt er über die altbekannten Eigenheiten des indischen und chinesischen Kinos. Etwas Abwechslung wird dadurch errungen, dass sich Yanar sympathisch-selbstironisch über den krachenden Misserfolg seines Filmvehikels «Agent Ranjid rettet die Welt» lustig macht. Danach begrüßt Yanar einen prominenten Gast um comedyshowtypisches Geplänkel abzuhalten und kleine Quizspiele anzugehen.
In der Premiere darf Sänger Max Giesinger auf sein aktuelles Album hinweisen und Aufmerksamkeit für «The Voice Kids» erregen – und sich als undankbarer Gast für eine Comedy-Kinoshow erweisen, lässt er die humoristischen Bälle, die ihm Yanar zuspielt, doch wiederholt fallen und wirkt beim filmzentrischen Smalltalk eher desinteressiert. Immerhin: Beim von «Harry und Sally» inspirierten Miniquiz "Wer gibt in unserer Straßenumfrage zu, Orgasmen vorzutäuschen?" wird Giesinger auf einmal wach, und beim von «Pretty Woman» angeregten Quiz "Giesinger singt in der Badewanne Lieder, wer weiß, aus welchen Filmen sie stammen?" kann er mit seiner Stimme punkten.
Und, was lässt sich nun unterm Strich sagen? Zunächst: Filmfans dürfen hoffen, dass kommende Ausgaben noch in Sachen Kinoliebe zulegen – sofern man der Sat.1-Showankündigung vertrauen darf. Diese sprach schließlich davon, dass Yanar und seine Studiogäste in Erinnerungen an ihre liebsten Filmmomente schwelgen, was auf die Auftaktfolge nicht so richtig zutrifft – es sei denn, man reagiert sehr gönnerhaft auf den Minitalk zwischen Gast und Moderator über Kaya Yanars Fake-Top-Five der besten Liebesfilme (bestehend aus «Kill Bill» und Co.). Je nach Showgast bestehen hier also große Optimierungsmöglichkeiten. Ansonsten: Die Gags sind nicht gerade frisch und nehmen zumeist das niedrigste, einfachste Ziel ins Visier. Passt also zu dem, was der Sat.1-Fun-Freitag sonst als «Genial daneben»-Vorlauf zu bieten hat – dürfte aber genau deshalb wohl kaum Begeisterungsstürme loslösen. Als "Es läuft sonst nichts, was mich anspricht"-Unterhaltungsstoff beim Warten auf «Genial daneben» gäbe es jedoch deutlich schlimmeres …
«Guckst du: Kayas große Kinoshow» ist freitags um 20.15 Uhr in Sat.1 zu sehen.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel