Cast & Crew
Produktion: Sky, Amazon Prime Video, Vertigo Films und Neal Street ProductionsSchöpfer: Jez Butterworth, Tom Butterworth und James Richardson
Darsteller: David Morrissey, Kelly Reilly, Zoe Wanamaker, Nikolay Lie Kaas, Ian McDiarmid, Liana Cornell, Julian Rhind-Tutt u.v.m.
Executive Producer: James Richardson, Pippa Harris, Sam Mendes, Nicolas Brown und Anne Thomopoulos
«Britannia» geht sehr weit zurück: in eine Zeit vor dem Brexit-Votum, vor dem Zweiten Weltkrieg, in eine Zeit lange vor dem Hause Windsor, den Rosenkriegen von York und Lancaster, vor der Magna Charta – ja, in eine Zeit, bevor es Britannien überhaupt gab, geschweige denn so etwas wie Nationen oder Staaten im engeren Sinne. In den frühen Jahren unserer Zeitrechnung waren die Druiden- und Keltenstämme in splendid isolation vor allem mit sich selbst beschäftigt und fochten in Feudalgesellschaften mit eisern hierarchischen Strukturen, wie sie sich nicht einmal Margaret Thatcher herbeigeträumt hat, ihre Fehden aus. Doch der äußere Feind naht, in Gestalt von David Morisseys Aulus Plautius: Und er zwingt sogar die Erzrivalinnen Kerra (Kelly Reilly) und Königin Antedia (Zoe Wanamaker) zu einem Pakt. Nur zusammen können sie den Römern etwas entgegensetzen, die auf die Insel drängen und sie unterwerfen wollen.
- © SKY
Visuell sind die Parallelen zu einigen Vorbildern noch offensichtlicher als erzählerisch: «Game of Thrones» und einschlägige Tolkien-Verfilmungen geben den stilistischen Ton vor, in dem die Serie gehalten ist. Und noch viel mehr als diese Inspirationsquellen wirkt «Britannia» um imposante Schlachten herumgeschrieben. Doch während «Game of Thrones» neben seinen visuell beeindruckenden Aspekten auch eine starke, einnehmende horizontale Geschichte erzählen soll, während wie bei Tolkien existentielle menschliche Themen verhandelt werden, bietet «Britannia» inhaltlich wenig mehr an als bedeutungsschwanger aufgesagte Plattitüden und die Forcierung eines alten urenglischen Mythos, der hier noch in eine prä-anglische Zeit fortgeschrieben wird: den Mythos der unbedingten Eigenständigkeit im Kontext eines düsteren Kontinents, der nichts Gutes mit dem Eiland im Schilde führt. Es beschleicht einen der Eindruck, dass David Davis zu seinen Reisen nach Brüssel mit demselben Gefühl aufbricht.
Wo sich dieser Eindruck inhaltlich aufdrängt, hinterlassen die Produktionsbedingungen hinter den Kulissen einen ganz anderen: Gedreht wurde dieses urenglische Format hauptsächlich in Tschechien, und produziert wurde es angesichts der distributiven Stoßrichtung von Sky mit seinen eng verwachsenen europäischen Sendern und Amazon Prime mit seinem ohnehin internationalen Anspruch ohnehin mit einem transnationalen Blick. So ist «Britannia» dann auch eher faktisch oder vielleicht gar aus erzählerischer Unachtsamkeit politisch: Denn auch wenn diese Serie den keltisch-druidischen Widerstand gegen die römischen Legionen noch so glorifiziert und all die Schlachten noch so imposant in Szene setzt: Am Ende wird Britannien doch latinisiert – aber eben nicht durch eine große, alles entscheidende Schlacht, sondern durch jahrzehntelange Zermürbung des Widerstandes. Bei dieser längst zurückliegenden Zwangseuropäisierung Brianniens wird nicht nur David Davis schlucken müssen.
Die Serie läuft immer freitags um 20.15 Uhr bei Sky Atlantic, steht aber natürlich auch auf Abruf zur Verfügung.
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