Hingeschaut

«Start Up!»: Maschmeyer will make business show lame again!

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Mit einer Mixtur aus «DHDL» und «The Apprentice» lief die neue Sat.1-Gründershow am Mittwochabend zahlreichen Trends hinterher, die anderenorts bereits gesetzt wurden - und langweilte damit ziemlich. Doch auch Carsten Maschmeyer kann dem Format bis auf ein großes Ego nicht viel geben und wirkt gegenüber Donald Trump, ja sogar Reiner Calmund geradezu bieder.

Werbekampagne zur Show

In drei Werbeclips ist Carsten Maschmeyer als DJ, Barmixer und Maler zu sehen, wobei stets etwas auf humoristische Weise schiefgeht. Die Kernaussage der Kampagne: Es mag für viele Dinge geeignetere Personen geben als Maschmeyer, nicht aber für «Start Up!» und die Auswahl von Deutschlands bestem Gründertalent.
Dass ein Carsten Maschmeyer überhaupt noch einmal so etwas wie Beliebtheitswerte im zweistelligen Prozentbereich erlangen würde, schien angesichts diverser Negativschlagzeilen um den Unternehmer noch vor einigen Jahren undenkbar - dann kam seine Partizipation an «Die Höhle der Löwen», wo er mit seinem sanften, ja fast väterlich wirkenden Auftreten durchaus zu punkten wusste. Und da seine rein wirtschaftlichen Erfolge ja kaum wegzudiskutieren sind, erschien dessen Besetzung als großes Gesicht von «Start Up! Wer wird Deutschlands bester Gründer?» als folgerichtige Win-Win-Situation für Maschmeyer, der weiter an seiner Image-Politur arbeiten darf, aber auch für den ausstrahlenden Sender Sat.1, der mit einem bekannten Namen werben darf. Man hätte also von einem echten Coup sprechen können, wäre dabei auch noch eine gute Show herausgekommen - doch das Leben ist kein Konjunktiv.

Denn was uns der Sender und die Verantwortlichen von Sony Pictures stattdessen am Mittwochabend mehr als drei Stunden lang vorgesetzt haben, war ein toxisches Gebräu aus Belanglosigkeit, Zähigkeit, Oberflächlichkeit, offensichtlichsten Anbiederungen an bereits vorhandenen TV-Erfolgen und personellen Fehlentscheidungen - und steht damit noch weit hinter «Das Ding des Jahres» zurück, dem man all dies in deutlich abgeschwächter Form und mit deutlich mehr Gegenargumenten auch vorhalten konnte. Diesmal jedoch wollte kaum etwas zünden, was auch, aber bei weitem nicht nur an Carsten Maschmeyer selbst liegt.

Aber was passierte da nun eigentlich zwischen 20:15 Uhr und 23:30 Uhr am Mittwoch? Kurz und bündig zusammengefasst: 34 Bewerber meinen, eine spannende Idee zu haben und stellen diese einer dreiköpfigen Jury (Maschmeyer sowie seinen Statisten Lea Lange und Dr. Klaus Schieble) vor. 14 von ihnen wird die Chance gegeben, in unterschiedlichen Challenges ihre unternehmerischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen - und am Ende vielleicht als glücklicher Gewinner hervorzugehen, der mit Maschmeyer und einer Million Euro eine eigene Firma gründen darf. Die Challenges der ersten Folge: Die Gründer sollen innerhalb von 30 Minuten auf der Straße möglichst viele Passanten von ihrer Idee überzeugen und ein Foto geschossen kriegen. Und in zwei Teams sollte mit einem Kapital von 400 Euro eine Stadtrundfahrt geplant werden, die möglichst viel Gewinn einstreichen soll.


Sony und Maschmeyer: Eigenen Superhit nicht verstanden?


Klingt nach einer seltsam anmutenden Zweiteilung der Geschehnisse, die zunächst an «Die Höhle der Löwen» und anschließend an Trumps Hit-Format «The Apprentice» (bzw. dessen fehlgeschlagene deutsche Adaption «Big Boss») erinnert? Ja, so kann man das zusammenfassen. Teil eins nimmt etwa die ersten 90 Minuten Sendezeit ein und schafft es dabei beeindruckend zielsicher, zugleich langwierig wie auch äußerst oberflächlich und gehetzt zu wirken - denn 34 Pitches plus direkte Jury-Reaktionen vor den Gründern sowie anschließende Jury-Beratung im Hintergrund und dann auch noch die große Entscheidungsverkündung in netto vielleicht eine gute Stunde Erzählzeit zu quetschen, gleicht beinahe der Quadratur des Kreises.

Zumindest, wenn man es gut und auch nur ansatzweise so liebevoll, dynamisch und die besondere Pitch-Atmosphäre wertschätzend machen möchte. Hier dagegen beschränkt man sich auf schnelle Stichworte zur jeweiligen Idee und eine rasche verbale Abfertigung dessen durch die Juroren. Das ist irgendwie hinnehmbar, wenn man diese schematische Oberflächlichkeit einmal, zweimal oder dreimal zu sehen bekommt, es ist nervig, wenn es zehnmal auftritt - unglaubliche 34 Mal hintereinander aber ist es äußerst mühselig und erweckt den Anschein, dass Sony und Maschmeyer ihr eigenes Erfolgsformat (also «DHDL», nicht das hier) nicht wirklich verstanden haben.



Großes Ego, kleines Charisma!?


Die übrigen gut 90 Minuten bestehen dann aus besagten zwei Challenges sowie der unweigerlichen «Bachelor»-«GNTM»-«DSDS»-Verkündung am Ende, wer leider kein Rosenfoto für die Strand-Recalls bekommen hat. Und hier tritt nun Maschmeyer als wahrlich signifikanter Misserfolgsgarant in Erscheinung, denn so unterhaltsam die Impressionen von der Straßen-Befragung, der Planung und Durchführung der Stadtrundfahrt sowie des Gierens nach Geltung und Erfolg von Seiten der Gründer punktuell auch sein mögen - man fühlt sich unweigerlich an den US-amerikanischen Präsidentendarsteller und/oder an dessen kultig dauerquasselndes deutsches Pendant erinnert. Und dagegen kann sich Maschmeyer kaum in Szene setzen.

Was ihm fehlt, ist auf der einen Seite die bei aller Weltfremdheit ja doch sehr einzigartige Aura der bedingungslosen Eigenliebe Trumps, gegenüber dessen Narzissmus er wie ein bescheidenes, schüchternes Rehkitz wirkt, aber auf der anderen Seite auch die Authentizität und Eloquenz eines Callis, der zwar als "Big Boss" mitunter etwas fehlplatziert wirkte, aber doch zumindest einen hohen Unterhaltungswert besitzt. Maschmeyer dagegen lächelt immerzu in die Kamera, gibt seine väterlichen Weisheiten von sich und kommt alles in allem zu harmlos, bieder und uncharismatisch daher. Als «Löwe» kann er sich zurücknehmen, nur punktuell in Erscheinung treten und mit seinen Wortspielen und Phrasen an der richtigen Stelle auch durchaus einige Punktgewinne erzielen, als omnipräsentes großes Gesicht einer viel zu lang geratenen Show jedoch ist das zu wenig.

Dieser Problematik hätte man entgegenwirken können, hätte man ihm spannende Gesichter an die Seite gestellt - Lea Lange und Dr. Klaus Schieble dagegen sind alles andere als das und nehmen eher die Rolle der austauschbaren Statisten ein, was an die Besetzung um Dieter Bohlen und Heidi Klum erinnert. Mit dem kleinen Unterschied eben, dass besagte Personen durchaus in der Lage sind, neben einem großen Namen auch noch einen hohen Unterhaltungswert zu leisten. Inmitten dieser Einöde könnte sich letztlich Matthew Mockridge als Gewinner der Show profilieren, denn Lukes älterer Bruder mag zwar ein wenig in seinem Coach-Sprech gefangen sein, ist aber zumindest eine Erscheinung, die ein wenig Lockerheit und Spontaneität verkörpert.

Wie hat euch der Auftakt von «Start Up!» gefallen?
Sehr gut, ich freue mich schon auf die weiteren Folgen.
11,1%
War in Ordnung, da kann man zumindest mal reinschauen.
17,8%
Ganz mies, das muss ich nicht noch einmal sehen.
49,7%
Habe es (noch) nicht gesehen.
21,5%


Fazit: Kein einziger innovativer Ansatz - der große Flop droht


Ansonsten aber ziehen sich die über drei Stunden, die sich «Start Up!» in Woche eins einfach mal gegönnt hat, wie ein besonders großes Kaugummi dahin, ohne auch nur ein einziges unverbrauchtes Show-Element in das hierzulande ja nicht gerade vollständig abgegraste Unternehmer-Reality-Genre zu integrieren. Pitches vor Investoren und Juroren? Hatten wir schon viel, viel besser. Einzel- und Team-Challenges, die unterschiedliche Kompetenzen und Schwächen der Teilnehmer aufzeigen sollen? Gewöhnlich. Ein großes, sich selbst nicht häufig genug sehen und bewundern könnendes Gesicht, um dessen Gunst letztlich alle buhlen? Huuuuuuuuuuge Präsenz in der Fernsehgeschichte! Und die abschließende überinszenierte Entscheidungsverkündung, wer sich weiter vor laufender Kamera daran versuchen kann, den Erwartungen der Jury zu entsprechen? Ja, auch das hat man irgendwo doch schon mal gesehen.

Und blöderweise halt alles auch schon deutlich kurzweiliger, unterhaltsamer, mitunter relevanter und sympathischer. Insofern wird es spannend zu beobachten sein, ob Maschmeyer und Sat.1 zumindest mit einem blauen Auge davon kommen werden und im Laufe der kommenden acht Wochen um eine vorzeitige Absetzung oder Zwangsverbannung in die Untiefen des Spätabends bzw. der Nacht vorbeikommen. Eins jedenfalls dürfte nach diesem Auftakt schon sicher sein: Auch dreieinhalb Jahre nach dessen Start wartet Deutschland weiter auf den Beweis dafür, dass Unternehmertum, Gründer- und Erfindergeist fernab der VOX-Löwenhöhle im Fernsehen auch eine zweite große Heimat finden kann. Und so viel man der insgesamt eher enttäuschenden Raab-Kreation auch vorwerfen mag: «Das Ding des Jahres» war hier zuletzt ein deutlich weniger uninteressanter Ansatz als das hier.

«Start Up!» läuft auch in den sieben kommenden Wochen mittwochabends um 20:15 Uhr in Sat.1 - sofern die Quoten mitspielen zumindest.

Kurz-URL: qmde.de/99823
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