Filmfacts: «Wege des Lebens - The Roads not taken»
- Kinostart: 13. August 2020
- FSK: o.Al.
- Laufzeit: 86 Min.
- Genre: Drama
- Kamera: Robbie Ryan
- Musik: Sally Potter
- Buch & Regie: Sally Potter
- Darsteller: Javier Bardem, Elle Fanning, Branka Katic, Laura Linney, Salma Hayek, Ray Jahan
- OT: The Roads not taken (UK/SWE/USA/POL/ESP 2020)
Sally Potters «Wege des Lebens – The Roads not taken» setzt sich nun einmal mitten hinein in sämtliche positiven wie negativen Aspekte eines „Demenzfilms“ und reichert sie mit einer ordentlichen Portion Malick’scher Assoziationsketten an, was das Ganze esoterischer erscheinen lässt, als es vermutlich gemeint ist.
24 bedeutsame Stunden...
...im Leben von Leo (Javier Bardem) und dessen Tochter Molly (Elle Fanning): Beide haben sich mit der Zeit auseinander gelebt, doch nun kämpfen sie gemeinsam mit dem zunehmend kritischen mentalen Zustand des alleinstehenden Vaters. Während sie sich durch einen stressigen Tag in New York City schlängeln und versuchen, den normalen Alltag zu bewältigen, verliert sich Leo immer wieder in zwei Lebensrealitäten, die er so hätte erleben können: Von der leidenschaftlichen Ehe mit seiner Jugendliebe Dolores (Salma Hayek) in Mexiko bis hin zu einem Leben in Einsamkeit auf einer abgelegenen griechischen Insel, wo das zufällige Aufeinandertreffen mit zwei jungen Touristinnen schmerzliche, unbequeme Einsichten ans Licht bringt.
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Während er sie immer wieder auf den Boden zurückholt, gibt sie sich Mühe, ihn mit ihrer (vorgegaukelten?) Lebenslust anzustecken. Diese Anflüge von Optimismus im Keim zu ersticken, ist einer von vielen erzählerischen Kniffen, die Sally Potter («The Party») hier anwendet, um in erster Linie von der Trostlosigkeit eines Demenzschicksals zu erzählen.
Um aus dieser Tristesse auszubrechen, wendet Sally Potter nicht etwa wie in vielen anderen Filmen über tieftraurige Schicksale eine aufgedrückte Feelgood-Message auf. Stattdessen sind es hier die wahlweise als Rückblenden oder Traumsequenzen inszenierten Momente aus Leos Vergangenheit oder wahlweise seiner Fantasie, die eine Art Parallelwelt bilden, in die sich Leo zurückzieht. Inwiefern dies medizinisch nachvollziehbar oder dann doch eher esoterischer Natur ist, vermögen wir an dieser Stelle nicht zu beurteilen, da uns einfach das Wissen über die genauen Abläufe einer Demenzerkrankung fehlt. Sicher ist aber, dass die assoziativ-überhöhten Erinnerungssequenzen aufgrund ihrer Anleihen an Terrence Malicks Schaffen zwischen 2011 und 2017 hin und wieder arg träumerisch anmuten. Nun könnte man argumentieren, dass sie es ja bis zu einem gewissen Grad auch sind: Sally Potter lässt zumeist offen, welche Erinnerungsfetzen von Leo auf wahren Geschehnisse beruhen und welche er sich infolge falscher Entscheidungen zusammenfantasiert; Der Filmtitel „Wege des Lebens“ spielt auf die den Film durchziehende Frage an, was gewesen wäre, wenn wir uns an dieser oder jener Stelle in unserem Leben anders entschieden hätten.
- © Universal Pictures
Insofern stimmt das mit dem Träumen in gewisser Weise. Doch dass Leo letztlich auch in dieser vermeintlichen Flucht vor der Realität in sich selbst gefangen ist, dieses Gefängnis nur einfach anders aussieht, lässt Potter außen vor. Es ist hier vor allem Bardems starkem Spiel zu verdanken, dass man Leo die Verzweiflung ob seiner Situation auch dann anmerkt, wenn er sich in seinem vermeintlich idyllischen Rückzugsort befindet.
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Trotzdem berührt «Wege des Lebens – The Roads not taken» bisweilen vor allem, weil es Javier Bardem mit kleinen Gesten gelingt, die Verzweiflung eines Mannes greifbar zu machen, der alles unternimmt, um seinem Schicksal zu entkommen und Elle Fanning, die hier aufopferungsvoll um dasselbe kämpft. Schade, dass man über beide nicht mehr erfährt. Dann könnte man das komplexe Verhältnis zwischen Vater und Tochter vielleicht noch ein kleines bisschen besser nachvollziehen.
Fazit
Sally Potter gelingt mit ihrem melancholisch-träumerischen Demenzdrama «Wege des Lebens – The Roads not taken» von der Annäherung zwischen Vater und Sohn auf dem Rücken einer schweren Krankheit. Doch ihr Inszenierungsstil steht der angestrebten Ernsthaftigkeit im Weg und wirkt bisweilen esoterisch.
«Wege des Lebens – The Road not taken» ist ab dem 13. August in den deutschen Kinos zu sehen.
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12.08.2020 16:50 Uhr 1