„
Als während der EM Deutschland gegen Polen 0:0 gespielt hat, waren sich praktisch alle einig, dass das ein mieser Abend war. Das hieß aber nicht, dass ein paar Tage später plötzlich niemand mehr das Spiel Deutschland – Nordirland geguckt hat. Sky ist daher dem gegenüber aufgeschlossen, auch bei Kultur nun eine ehrliche Berichterstattung zu fahren. Sky Arts und ich, wir sind uns da einig: Wir werden die Leute nicht verscheuchen, wenn wir sagen, dass es dieses Mal mies war.
”
Axel Brüggemann
Brüggemann, der die Sky-Arts-Berichterstattung der Bayreuther Festspiele nicht nur als Moderator begleitet, sondern obendrein als Redakteur leitet, wird diese Gespräche mit wechselnden Gästen in einem Übertragungszelt führen, das an Sky-Fußballstudios erinnert. Beim «Rheingold», das am 26. Juli ab 17.30 Uhr den Auftakt darstellt, wird etwa Wigald Boning beurteilen, ob die künstlerischen Entscheidungen der Kostümschneiderin Adriana Braga Peretzki oder des für die Bühne verantwortlichen Aleksandar Denić Hand und Fuß haben. Darüber hinaus wird es an sämtlichen Tagen Blicke hinter die Kulissen geben, Interviews mit den Darstellern sowie den Handwerkskünstlern hinter den Opern und weiterführende Berichte, mit denen Brüggemann eine Brücke zwischen Richard Wagners Zeit und der Gegenwart schlagen möchte.
Unter anderem wird es um Wagner und die Liebe, Wagner und das Geld sowie Wagner und die Politik gehen. Darin werden nicht nur große Fragen behandelt, wie die Rolle der Festspiele in den düstersten und glanzvollsten Momenten der deutschen Historie, sondern auch amüsantere Anekdoten wie die Frage: Welches Sexspielzeug verkauft sich in Bayreuth und Umgebung während der Festspiele besser als sonst? Brüggemann, der bereits seit vielen Jahren eine derart ausführliche Bayreuth-Berichterstattung umsetzen wollte, aber bislang wegen der begrenzten Anzahl an Kultur-Sendeplätzen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zurückstecken musste, hofft, durch diese Kontextualisierung dem TV-Publikum Wagner besser erschließen zu können:
„Man wird die Oper nie so übertragen können, dass man vor dem Fernseher dasselbe Gefühl hat, als wäre man live vor Ort da. Aber beim Fußball ist das ja nicht anders: Eine Liveübertragung ist nicht dasselbe, wie im Stadion dabei zu sein. Wir können aber nach Bayreuth kommen und den Fernsehzuschauern etwas geben, das die Besucher dort nicht haben.“ Er führt fort: „Meine Hoffnung ist, dass die Leute Oper erst im Fernsehen sehen und dann durch die zusätzlichen Berichte neugierig werden und erst die Kino-Liveübertragungen schauen und letztlich in die Opernhäuser gehen. Fernsehen kann für den Opernbesuch begeistern.“
„
Sky Arts hat nun dieselbe Erfahrung, die Sie haben, wenn Sie sich eine Karte fürs Theater kaufen. Der Sender hat sich die Rechte für die „Ring der Nibelungen“-Übertragung gekauft, ohne zu wissen, wie es wird. Und Sky Arts hat nun den Mut zur Ehrlichkeit, eine Diskussion darüber zuzulassen, ob sich das gelohnt hat.
”
Axel Brüggemann
Dennoch wird die Sky-Arts-Übertragung erstmal einen Testballon darstellen. Ob sich die kulturinteressierten Pay-TV-Kunden auch für Randberichte über die sogenannten „Blauen Mädchen“ von Bayreuth, also über die Türsteherinnen der Festspiele, erwärmen können und an Mini-Reportagen über Wagner-Poetry-Slams Freude haben, muss sich ebenso zeigen, wie die Wirtschaftlichkeit dieser Eventberichterstattung. „Wir können davon ausgehen, dass Sky kein Geld in den Sand setzen will“, statuiert Brüggemann. Dass sich das Unternehmen auf diesen Versuch einlässt, kann er sich trotzdem problemlos erklären: „Die haben bemerkt, dass in der Kulturberichterstattung eine Nische besteht, die von den Öffentlich-Rechtlichen nicht beachtet wird und daher noch besetzt werden kann.“ Und ganz gleich, wie es ausgehen wird – Brüggemann sieht der auf ihn wartenden Herausforderung voller Vorfreude entgegen: „Wir werden sicher noch viel lernen müssen, das ist logisch. Wir werden sicher auch in manchen Belangen scheitern. Das mache ich aber gern, denn ich bin neugierig, und nur wer stolpert, kann dazulernen.“
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel